Publiziert am: 27.05.2016

Wenige und klare Mechanismen

ZUWANDERUNG – Der Gewerbeverband hat Eckpunkte zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) erarbeitet. Er setzt sich gegen einen Ausbau der flankierenden Massnahmen ein und dafür, dass Kurzaufenthalter nicht unter die MEI fallen.

Nachdem der Bundesrat Anfang März die Botschaft zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) ans Parlament verabschiedet hat, laufen jetzt die Beratungen in der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat Eckpunkte zur Umsetzung der MEI erarbeitet.

Die Vorschläge des Bundesrats

Der Bundesrat schlägt – da noch keine einvernehmliche Lösung mit der EU gefunden werden konnte – vor, die Zuwanderung mittels einseitiger Schutzklausel zu steuern. Die Schutzklausel sieht vor, dass der Bundesrat jährliche Höchstzahlen für die Bewilligungen von Personen aus den EU- und EFTA-Staaten festlegt, wenn ein bestimmter Schwellenwert bei der Zuwanderung überschritten wird. Dabei berücksichtigt der Bundesrat die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz und stützt sich auf die Empfehlung einer zu schaffenden Zuwanderungskommission.

In Ergänzung zur bereits beschlossenen Verstärkung der Fachkräfte-Initiative (FKI), die darauf abzielt, das inländische Arbeitsmarktpotenzial besser auszuschöpfen, schlägt der Bundesrat weitere Massnahmen im Asylbereich vor. Er will damit die Nachfrage nach zusätzlichen ausländischen Arbeitskräften senken.

«DIE DURCH DIE INITIATIVE ANFALLENDEN REGULIERUNGSKOSTEN MÜSSEN MININIERT WERDEN.»

Um das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen, sollen Personen aus dem Asylbereich, die in der Schweiz bleiben dürfen, leichter eine Arbeit finden können. Die Bewilligungsverfahren sollen vereinfacht und die Sonderabgabepflicht des Arbeitgebers ans Staatssekretariat für Migration (SEM) abgeschafft werden. Zugleich hat der Bundesrat eine Änderung des Ausländergesetzes beschlossen, welche verhindert, dass ausländische Stellensuchende Sozialhilfe beziehen. Konkret soll ausgeschlossen werden, dass ausländische Stellensuchende in der Schweiz Sozialhilfe beziehen. Weiter definiert die Vorlage die Kriterien, wann eine arbeitslose Person ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz verliert. Ferner sollen die flankierenden Massnahmen (FlaM) mit einer automatischen Verlängerung der Normalarbeitsverträge ausgeweitet und die Personenfreizügigkeit auf Kroatien erweitert werden.

Nein zur Erweiterung der flankierenden Massnahmen

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv begrüsst die Absicht des Bundesrates, an den bilateralen Abkommen festzuhalten und diese für die Zukunft zu sichern. Er unterstützt deshalb auch die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien und die Ratifikation des entsprechenden Protokolls. Den beantragten Ausbau der flankierenden Massnahmen lehnt der sgv ab. Der Bundesrat beantragt dem Parlament, Voraussetzungen zu regeln, unter denen befristete NAV, die Mindestlöhne vorsehen, befristet verlängert werden können. Wird wiederholt gegen die Bestimmungen über den Mindestlohn in einem NAV verstossen und liegen Hinweise vor, dass der Wegfall des NAV zu erneuten Missbräuchen führen kann, so kann die zuständige Behörde den NAV auf Antrag der tripartiten Kommission verlängern. Unbestimmte Begriffe wie «Hinweise auf mögliche Verletzungen» öffnen jedoch Tür und Tor für Spekulationen (vgl. sgz vom 13. Mai).

Studierende und Kurzaufenthalter nicht kontingentieren

Der sgv fordert, dass Kurzaufenthalter bis zu einem Jahr nicht unter den Geltungsbereich der MEI fallen und kontingentsfrei arbeiten dürfen. Dies würde zumindest einen Teil der Herausforderungen der Temporärbranche lösen. Mit einer kontingentsfreien Aufenthaltsdauer von nur vier Monaten, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, können saisonale Herausforderungen z.B. im Gastgewerbe, Tourismus etc. nicht bewältigt werden. Zudem fordert der sgv, dass ausländische Studierende ebenfalls kontingentfrei zum Zweck von Aus- und Weiterbildung in die Schweiz einreisen können. Gerade Bildungsinstitutionen bestimmter Branchen haben ein grosses Interesse an ausländischen Studierenden – und ausländische Studierende haben ein Interesse, eine fachlich fundierte Ausbildung in der Schweiz absolvieren zu können.

Vieles noch unklar

Darüber hinaus ist zum jetzigen Zeitpunkt noch vieles offen. Diskutiert wird über verschiedene Umsetzungsmodelle. So kann die Zuwanderung über einen ständigen Inländervorrang, über Parameter des lokalen Arbeitsmarkts, über starre Kontingente z.B. von Branchen oder über ein System von Lenkungsabgaben im Sinne von «wer zahlt, befiehlt» geregelt werden. Die letzten beiden Lösungsansätze lehnt der sgv ab. Sie führen dazu, dass die Branchenbedürfnisse gegeneinander ausgespielt werden und Steuern und Abgaben erneut erhöht würden.

Gewisse Umsetzungsmodelle scheinen allerdings im Zuge der politischen Diskussion realisierbarer geworden zu sein, wie z.B. der Inländervorrang, der im Auftrag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats einer näheren Prüfung unterzogen wird. Für den sgv steht im Vordergrund, dass die MEI möglichst gewerbefreundlich umgesetzt werden kann. Die Massnahmen müssen einerseits geeignet sein, die Einwanderung zu begrenzen. Andererseits sollen sie möglichst wenige und nur klare Regulierungsmechanismen auslösen. Die dabei anfallenden Regulierungskosten müssen minimiert werden.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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