Publiziert am: 20.03.2015

Wer stoppt diesen grossen Unsinn?

STRATEGIE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG – Das Bundesamt für Raumplanung beschäftigt sich mit der allumfassenden Generalplanung der Gesellschaft. Mit reichlich wirren Resultaten.

Das Bundesamt für Raumplanung ARE will der Schweizer Bevölkerung Ziele fürs Leben vorgeben: Ein Maximum an bewohnbaren Quadratmetern pro Kopf; ein Maximum an Essenskonsum pro Person; Gewicht-Reduktionsziele für fettleibige Menschen etc. Ganz nebenbei will das Amt auch noch Mindesteinkommen und Finanztransaktionssteuern einführen. Bizarr? Ja, aber leider wahr.

Visionen ohne Grenzen

«Strategie Nachhaltige Entwicklung SNE» – so heisst das Grossprojekt zur Generalplanung der Gesellschaft. Und die läuft so: Derzeit werden noch Visionen und Ziele formuliert. Später wird daraus eine Broschüre generiert, die als «Leitfaden» für den Bund gelten soll. Die Verwaltung entwickelt also Visionen und legt sie nicht einmal dem Parlament zur Genehmigung vor. Ist das nicht ein etwas sehr gewöhnungsbedürftiges Verständnis von Demokratie? Technokraten planen die Zukunft. Die Vertreterinnen des Volkes haben zu Visionen nichts zu sagen; das Volk auch nicht…

«IM SCHLIMMSTEN FALL WIRD AUS UNSINN AM ENDE EIN LEITFADEN FÜR DIE VERWALTUNG.»

Der Grössenwahn der SNE kennt keine Grenzen. Dennoch sind Fragen erlaubt. Die erste ist schon fundamental: Hat das Bundesamt für Raumentwicklung ARE überhaupt einen Auftrag, derlei Visionen zu entwickeln? Hat die Schweiz die Entwicklung von Visionen tatsächlich dem Bundes-Raumplanungsamt delegiert? Die Antwort lautet: Nein. Oder hat der Bundesrat wirklich jener Abteilung, die sich eigentlich um Perimeter und Waldränder kümmert, den Auftrag gegeben, Lohn- und Gesundheitspolitik zu diktieren? Wohl kaum.

Selbst wenn die Eigeninitiative das Amt beseelt haben sollte – und das ist keinesfalls die Daseinsberechtigung des ARE: Zu meinen, dass Nachhaltigkeit der Planwirtschaft gleichzusetzen sei, ist ein Fehler. Sich über Volks- und Parlamentsentscheide hinwegzusetzen, ist Arbeitsverweigerung und schlicht anmassend.

So denken die ARE-Strategen etwa über eine Reduktion der CO2-Emissionen um 60 Prozent nach. Nun, der Bundesrat selbst schlägt «nur» minus 50 Prozent vor. Anderes Beispiel: Die technokratischen Bundes-Visionäre fordern eine umfassende Gesundheitsprävention. Dumm ist nur: Vor noch nicht allzu langer Zeit hat das Parlament ein Präventionsgesetz abgelehnt. Und: Das ARE will Mindestlöhne. Doch das Volk und alle Stände haben ein entsprechendes Begehren in jüngster Zeit haushoch abgeschmettert.

Wirres noch und noch

Auch sprachlich ist das visionäre Arbeitspapier des Amts für Bodenschwellen interessant. Der Visionen gibt es viele: Darüber, was sie in der Praxis bedeuten sollen, denkt scheinbar niemand nach, weil die Umsetzung ja nicht strategisch ist. Beispiele gefällig? Bitte: «Jedem Menschen ist der Zugang zu einer angemessenen Arbeit zu einem fairen Lohn garantiert.» Oder: «Bedürfnisse werden nicht nur durch den Kauf von neuen Gütern gedeckt, sondern vorwiegend durch deren Wiederverwendung, Ausleihung oder durch Dienstleistungen.» Und auch: «Die Grundbedürfnisse aller in der Schweiz lebenden Personen sind derart gedeckt, dass sie die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erlauben (soziales Existenzminimum).» Und schliesslich: «Die Menschen praktizieren bei guter Lebensqualität einen suffizienten und gesunden Lebensstil…».

So mancher mag nun denken: Alles Unsinn. Mag stimmen. Aber Achtung: Im schlimmsten Fall wird solcher Unsinn ohne Parlamentsbeschluss zum Leitfaden für die Bundesverwaltung. Bestenfalls zeigt er nur die wirre, alltagsferne Gedankenwelt der Technokraten auf. Doch das ist schon schlimm genug.

Henrique Schneider,

Ressortleiter sgv

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