Publiziert am: 20.10.2017

Wichtige Grundsatzfragen noch offen

HÖHERE BERUFSBILDUNG — Bildungsangebote an höheren Fachschulen werden gezielter auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ausgerichtet. Damit geht der Bundesrat allerdings nur teilweise auf eine Forderung des sgv ein.

Der Bundesrat schickte Ende letzten Jahres eine total revidierte Verordnung über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF) in die Vernehmlassung. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv forderte dabei insbesondere den stärkeren Einfluss der Berufsverbände. «Die nun vorliegende Verordnung trägt diesem Anliegen mehrheitlich Rechnung», freut sich Christine Davatz, Vizedirektorin des sgv und Bildungsverantwortliche. Sie konkretisiert jedoch:«Andere Forderungen müssen aber noch umgesetzt werden.»

Lange Leidensgeschichte

Die Organisationen der Arbeitswelt OdA, aber auch die höheren Fachschulen (HF) sowie die Konferenz der HF waren bereits vor drei Jahren mit dem Vorschlag des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI zur Mindestverordnung (MiVo-HF) unzufrieden. Sie wurde darauf überarbeitet. Im Finanzierungsbereich wurde mit den Kantonen eine neue Regelung gefunden, dass diese neu 50 Prozent der Kosten der Bildungsgänge übernehmen. «In anderen Bereichen gingen die Vorstellungen zwischen den verschiedenen Partnern aber noch weit ausei-nander», stellt Davatz fest.

«Die Zweiteilung der höheren Berufsbildung im Finanzierungsbereich hat zur Folge, dass die beiden Bildungswege gegeneinander ausgespielt werden.»

«Auf der einen Seite forderten die OdA mehr Einflussmöglichkeiten bei den Rahmenlehrplänen, wo sie zwar mitarbeiten, aber bei der Umsetzung der jeweiligen Studiengänge selbst nicht mehr Einfluss nehmen konnten. Auf der anderen Seite waren die Anerkennungsverfahren, welche die höheren Fachschulen mit ihren Studiengängen und Nachdiplomstudien zu durchlaufen hatten, sehr aufwändig», so Davatz. Dies benachteiligte sie im Markt gegenüber den Studiengängen an den Fachhochschulen. Diese bräuchten nämlich unter anderem keine staatliche Anerkennung.

Vorschlag des Bundesrates geht in die richtige Richtung

Der neue Vorschlag wurde daher im Frühjahr dieses Jahres in die Vernehmlassung geschickt. Der Bundesrat setzte sich dabei zum Ziel, dass die Rollen und Zuständigkeiten der Akteure geklärt, die Arbeitsmarktorientierung erhöht und die Rolle 
der OdA gestärkt würden. Ebenso sollten die Qualität sichergestellt, weiterentwickelt und die Prozesse vereinfacht werden.

Der sgv befürwortete mehrheitlich den Entwurf. Er begrüsste insbesondere die Stärkung der OdA, sowohl bei der Er-stellung der Rahmenlehrpläne als auch im Bereich der Prüfungen. Der sgv plädierte aber dafür, dass die Prozesse noch mehr vereinfacht würden. «Dies damit die HF-Bildungsgänge noch schneller und effizienter auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes reagieren können», erklärt Christine Davatz. Weniger erfreulich für den sgv ist aller-
dings, dass die Titelfrage weiterhin eine unerfüllte Forderung bleibt. «Das bedeutet, dass die Bildungsgänge an höheren Fachschulen gegenüber den Fachhochschulen trotz gleicher Niveaueinstufung im nationalen Qualifikationsrahmen auf Niveau 6 in der englischen Übersetzung immer noch keinen Professional Bachelor erhalten», ärgert sich Davatz.

Bildungswege gegeneinander ausspielen

Aus Sicht des sgv müssen zwei grundsätzliche Punkte im Bereich der Höheren Berufsbildung angegan-
gen werden. Im Berufsbildungsgesetz ist vorgesehen, dass der Bund Bildungsgänge an höheren Fachschulen, die durch eine OdA auf schweizerischer Ebene angeboten werden, ebenfalls direkt unterstützen könnte.

Dies wäre wichtig, wenn eine OdA ihre Weiterbildung nicht nur über 
Prüfungen organisieren möch-
te, sondern auch über eine höhere Fachschule. «Bis jetzt sträubte sich aber das SBFI, hier einen Schritt in diese Richtung zur Stärkung der 
OdA zu tun», weiss Davatz.

Der zweite Punkt betrifft die Posi-
tionierung und Stärkung der Höhe-ren Berufsbildung als Ganzes. «Die Zweiteilung der Höheren Berufs-
bildung im Finanzierungsbereich 
hat zur Folge, dass die beiden Bildungswege gegeneinander ausgespielt werden. Vielfach ist in den Köpfen der Bevölkerung verankert, dass wer eine Karriere machen will, unbedingt eine Schule besuchen muss und nicht nur eine Prüfung eines Berufsverbandes absolvieren sollte», erklärt Davatz.

Der sgv plädiert deshalb dafür, 
dass eine verbundpartnerschaftliche Arbeitsgruppe eingesetzt wird. 
«Diese soll prüfen, ob ein ganzheitliches HBB-System, wo Prüfungen und höhere Fachschule wieder zusammen betrachtet werden, für 
die Stärkung der Höheren Berufs-
bildung nicht sinnvoller wäre», sagt Davatz.

CR

Meist Gelesen