Publiziert am: 22.10.2021

Wie Digitalisierung nicht gelingt

Geoinformationsgesetz – Brisanter Inhalt langweilig verpackt – oder eher: versteckt. Der Bund versucht, die von privaten Firmen produzierten Daten zu enteignen. Für die Digitalisierung ist das ein schlechtes Omen.

Der Bundesrat hat eine Vernehmlassung zur Revision des Geoinformationsgesetzes – auch das gibt es – eröffnet. Das Gesetz soll neu die Erhebung und Zusammenführung geologischer Daten auf Stufe Bund regeln. Es ist vorgesehen, dass Private verpflichtet werden sollen, ihre geologischen Daten den Kantonen und dem Bund – primär zu Zwecken der Landesgeologie und der Raumplanung – kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Mit Privaten sind hier ganz spezifisch Firmen gemeint, welche geologische Informationen erheben und sie zu Daten verarbeiten. Denn in der Schweiz ist der Geologie-Markt privat. Die meisten darin tätigen Firmen sind KMU. Eines der wenigen Grossunternehmen in diesem Markt ist swisstopo, ein Bundesamt, das seine Dienstleistungen auch noch als Wettbewerber im Markt verkauft. Just dieses Amt soll fortan Daten der Privaten gratis erhalten – um damit die gleichen Privaten im Markt zu konkurrenzieren.

Informationen und Daten

Dass das Gesetz ein Bundesamt als Unternehmen zu Lasten der Privaten bevorzugt, ist übel, aber nicht einmal der grösste Fehler der Vorlage. Viel schlimmer wirkt sich die Begriffsverwirrung aus, der die Revision verfallen ist. Sie setzt nämlich Informationen mit Daten gleich.

Informationen sind singuläre Aussagen und können – müssen aber nicht – ohne Herstellungskosten entstanden sein. Bei Informationen kann man ökonomisch von Allgemeingütern ausgehen. Daten hingegen sind zusammengesetzte Informationen. Die Zusammensetzung ist selbst eine Wertschöpfungsaktivität und kann nicht ohne Herstellungskosten erfolgen.

Damit stehen die so gewonnenen Daten im ökonomischen Eigentum der Akteure, welche Herstellungskosten auf sich nehmen, um die Daten zu produzieren. Als Ergebnis einer Kette von Wertschöpfungsaktivitäten sind Daten also gewonnene und verarbeitete, und deshalb wertvolle Güter im ökonomischen Privateigentum. Die Vorlage behandelt Daten aber wie Informationen, indem sie Daten als Allgemeingut behandelt und die Privaten enteignet. Damit baut die Vorlage auf einem Grundlagenirrtum auf.

Bedrohung der Digitalisierung

Dieser Irrtum hat weitreichende Konsequenzen. Mit der Gleichsetzung von Informationen und Daten und vor allem mit der Daten-Enteignung wird die Digitalisierung gebremst. Denn ohne die Zuweisung von Eigentumsrechten an Daten funktioniert die Digitalisierung nicht. Unternehmen, die digitale Güter produzieren, wollen das Eigentum über das Ergebnis ihrer Wertschöpfung behalten.

«DER BUND WILL MEHR DIGITALISIERUNG. MIT GESETZEN wie dem geoinformations-gesetz BREMST ER SIE AUS.»

Das Gesetz sieht aber alle diese Aktivitäten als Allgemeingut an. Das bedeutet im Klartext: Es wertet die Wertschöpfung der Privaten ab. Und genau deshalb ist die Vorlage ein gefährlicher Präzedenzfall, der nicht hingenommen werden sollte.

Der Bund gibt an, eine verstärkte Digitalisierung anzustreben. Doch genau mit solchen Gesetzesänderungen bremst er sie aus. Denn: Wie alle wirtschaftliche Tätigkeit muss Digitalisierung «bottom up» kommen. Wenn aber Unternehmerinnen und Unternehmer in der ständigen Furcht leben müssen, enteignet zu werden, gibt es keine neuen Geschäftsmodelle. Weder digital noch analog.

Henrique Schneider, stv. Direktor sgv

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