Publiziert am: 10.08.2018

Wie geht’s weiter mit der Globalisierung?

DIE MEINUNG

Die Globalisierung kommt zu einem Halt. Die USA verhängen Strafzölle links und rechts. Die EU baut sich einen hermetisch-dichten Käfig aus Regulierungen. China hat für sich den 
Merkantilismus entdeckt. Warum nur?

Eines steht fest: Die Globalisierung ist besser als ihr Ruf. Ihre Erfolge sind aus wirtschaftlicher und menschlicher Perspektive enorm. Sie hat es geschafft, innerhalb von nur 30 Jahren mehr Wissen, Technologie, Geld und Güter global zu diffundieren als in der Summe der letzten 500 Jahre. Das Resultat: So wenig Menschen wie je zuvor sind von Hunger akut bedroht. Milliarden Menschen konnten der Armut entkommen. Die mittleren Einkommensschichten, gerade in Europa, sind gestärkt. Neue Mittelschichten haben sich in Asien, im europäischen Osten und in einigen Ländern Afrikas etabliert. Multinationale Unternehmen stammen nicht mehr nur aus den USA, Europa oder Japan. Firmen aus China, Indien, Mexiko oder Russland können ebenso Schwergewichte sein.

 

Auch die Schweiz profitiert. Es gibt viel weniger arme Haushalte, als es sie je zuvor gegeben hat. Nicht nur Grossunternehmen, sondern auch KMU können inter­national tätig sein. Sie sind in der globalen Wertschöpfungskette eingebunden oder agieren selber als Exporteure oder mit einer Präsenz im Ausland. Konsumentinnen und Konsumenten erfreuen sich der grossen Vielfalt der Güter – zu Preisen, die relativ am Einkommen tiefer liegen als beispielsweise in den 70er- oder 80er-Jahren.

Globalisierungsverlierer gibt es fast keine. Einige Länder haben sich deren internationalen Kooperation verschlossen. Ihnen geht es heute schlechter als noch vor 20 Jahren. Dazu gehö­ren etwa Venezuela und Bolivien, in Europa auch Weissrussland. Andere Länder haben aufgrund irregeleiteter Politikentscheide den 
Anschluss verloren. Dazu gehören Brasilien, Argentinien, Burma und vielleicht auch Teile von Indien. Dabei sprechen wir aber nicht von Problemen der Globalisierung, sondern von Versäumnissen der genannten Länder.

Mikroökonomisch betrachtet hat die Globalisierung den Strukturwandel voran­getrieben. Industriezweige in Kanada, den USA, Grossbritannien und selbst in der Schweiz spüren das. Doch im Durchschnitt haben sich die Betroffenen adaptiert. Mit Ausnahme Grossbritanniens verzeichnen gerade diese Länder rekordtiefe Arbeits­losigkeit. Wenn also die Globalisierung so gut ist – weshalb ist dann ihr Ruf so ramponiert? Anders gesagt: Was lief hier falsch?

 

Die Erklärung ist ungewohnt. Die Globalisierung leidet, weil sie zu viel umverteilt. Sie verteilt politische Verantwortung um. Denn nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Politik hat sich globalisiert. Verantwortung wird vermehr international wahrgenommen. Als Gegenreaktion versuchen verschiedene Politikerinnen und Politiker nun, dem Gegensteuer zu geben, indem sie die ökonomische Globalisierung 
stoppen.

Diese Gegenreaktion ist falsch – weil sie das Falsche will. Es ist gerade die politische Verantwortungsdelegation an inter- und supranationale Gremien, die gestoppt werden muss. Denn der globale Markt gelingt nur, wenn Länder im regen Wettbewerb gegeneinanderstehen. Das heisst natürlich, dass die politische Verantwortung immer lokal bleiben muss. Globale Politharmonisierung – das ist der Bremsklotz für die Globalisierung.

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