Publiziert am: 08.08.2014

«Wir haben leider keine Lobby»

SWISSOIL – Der Dachverband der Schweizer Brennstoffhändler engagiert sich für eine faire Energiepolitik, in der alle Energieträger gleich behandelt werden. Wegen des rückläufigen Heizölmarktes sind in der Branche Innovation und neue Ausrichtungen gefragt.

Die nicht erneuerbaren Energien sollen immer mehr durch erneuerbare ersetzt werden: Eine Thematik, mit der sich auch Swissoil auseinandersetzen muss, beträgt doch der Anteil des Mineralöls im Schweizer Wärmemarkt noch 50 Prozent. «Leider steht das Heizöl in einem harten Konkurrenzkampf mit den durch die regional geförderten leitungsgebundenen Energieträgern Erdgas und Fernwärme sowie den von Kantonen wie vom Bund lange Zeit subventionierten Wärmepumpen», betont Roland Schafflützel, Geschäftsführer von Swissoil. Es bläst ein kalter Wind in der Branche: Die Fernwärme und auch das Erdgas als konkurrenzzierende Brennstoffe von den halbstaatlichen Unternehmern werde immer noch quersubventioniert. «Die öffentliche Hand versucht auch immer wieder über entsprechende Reglemente und Verordnungen die Kunden in Gemeinden und Städten zum Bezug von Erdgas oder Fernwärme zu verpflichten. Die Wettbewerbsvorteile der Branche sind so massiv eingeschränkt», erklärt Ulrich Gerber, Präsident der Swissoil Regionalsektion Zürich. 

Aus dem Markt gedrängt

Als Inhaber der Heizöl- und Transportfirma «Gerber Energie & Logistik AG» in Wallisellen weiss der Unternehmer wie es an der Basis der Branche aussieht und mit welchen Problemen die Mitglieder zu kämpfen 
haben: «Wenn der Konkurrenzkampf fair wäre, dann hätte die Branche keinerlei Probleme, den Wettbewerbsvorteil in der Praxis voll auszuspielen. Doch leider ist es eine Tatsache, dass bei den neu erstellten Einfamilienhäusern heute in jedem dritten Haus eine Wärmepumpe zum Einsatz kommt.» Dies bestätigt auch Schafflützel: «Die dabei involvierten Elektrizitätswerke, ebenfalls öffentliche Unternehmen, profitieren von einem Informationsvorsprung bei der Bauausschreibung von Neubauten. Die den EW nahestehenden Energielieferanten können dadurch ihre Marktposition ausnutzen und wir werden so aus dem Markt gedrängt.»

«Die Wettbewerbsvorteile der Branche sind massiv eingeschränkt.»

Die fossilen Titel seien so doppelt unter Druck: Einerseits würden viele Staaten Gesetze verschärfen, um die Risiken fossiler Energie einzudämmen und die Energieversorgung in Richtung erneuerbare Energien zu lenken, andererseits würden immer mehr Kapitalgeber aus fossilen Investitionen aussteigen. «Wir haben keine Lobby. Unsere Branche hat es in der Vergangenheit verpasst, sich eine Stimme in der Energiepolitik zu verschaffen. Dies, weil sie bis zu den 80er-Jahren stetig gewachsen ist und damals auch keine politischen Aktivisten brauchte», so Gerber. Dies sei nicht immer so gewesen. Früher hätten sich die Kohlenhändler in regionalen Vereinigungen zusammengeschlossen, um auf dem politischen Parkett ihre Anliegen kundzutun. In den Kriegsjahren seien die Kohlenhändler wichtige politische Ansprechpartner für die gerechte Kontingentierung und Verteilung der Energie gewesen. Der Wärmebezug sei bis zur Einführung der Mehrwertsteuer ein Grundrecht und somit warenumsatzsteuerfrei gewesen.

Dieser Trend, dass kantonale Energiegesetze fossile Energie wie Öl immer weniger zuliessen, habe zur Folge, dass die kleinsten und kleinen Unternehmungen, deren Lebensexistenz das Heizöl ist, immer weniger existieren könnten. «Viele KMU können vom Heizöl alleine nicht mehr leben und müssen zusätzliche Alternativen suchen. Deshalb gibt es immer mehr sogenannte Zwitterunternehmungen, die den Heizölservice mit einem Transportunternehmen koppeln, oder beispielsweise daneben noch einen Getränkehandel führen», weiss Gerber aus eigener Erfahrung.

«Heizöl ist die Lebensversicherung für alle anderen Energieträger.»

Für Schafflützel und Gerber ist jedoch klar, dass das Heizöl als Brennstoff noch lange nicht ausgedient hat und es auch eine Kehrseite der Medaille gibt. «Öl ist die sicherste Energie, trotz Schwankungen auf dem Weltmarkt, kann der Nachschub immer gewährleistest werden und wir haben auch jedes Jahr eine grössere gesicherte Reserve», so Schafflützel, der seit über 30 Jahren in dieser Branche tätig ist. Für ihn ist «Heizöl die Lebensversicherung für alle anderen Energieträger». «Im Auftrag des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung müssen unsere Firmen für alle Fälle gerüstet sein und eine sichere Versorgung auch in sogenannten Krisenzeiten gewährleisten», betont er. Dies bestätigen kann auch Ulrich Gerber mit einem Beispiel aus seinem eigenen Umfeld: «Ich bin an einem Tanklager beteiligt, das bei IT-Unternehmungen sehr begehrt ist. Gerade in dieser Branche ist Öl für Notstromgeneratoren unentbehrlich und gehört zum Sicherheitsszenarium.» Man dürfe zudem nicht vergessen, dass Heizöl für das Gewerbe immer noch von grosser Bedeutung sei, gibt Gerber zu bedenken: «Viele KMU leben vom Öl wie beispielsweise der Kaminfeger, der Tankrevisor, der Elektriker, der Sanitär, der Monteur usw.» Ein Beispiel aus der Praxis, das die Notwendigkeit dieses fossilen Brennstoffes eindrücklich aufzeigt, seien die Baustellen im Winter: «Ohne Öl kann man im Winter nicht bauen, Heizölenergie ist für die Baustelle enorm wichtig. Sie dient zur Trocknung von Gebäudemauern, Beton, Gips usw. Es werden damit auch Räume und Baracken geheizt. Bei hartnäckigen Minustemperaturen können sich Bauunternehmer nicht auf Energieträger wie Wärmepumpen und Holz verlassen», so Gerber.

Die Mineralölbranche sei der drittgrösste Kunde der SBB, wird doch das fossile Massengut auf der Schiene in die Schweiz geliefert. Nicht nur die SBB verdient Geld mit dem Energielieferanten Öl, sondern auch der Staat. «Das Heizöl wurde durch die höhere CO2-Agabe Anfang Jahr wieder teurer. Mit solchen Lenkungsabgaben inklusive Mineralölsteuer verdient der Bund massiv an uns. 2013 haben wir so 6,4 Milliarden Franken in die staatliche Kasse bezahlt», betont Roland Schafflützel.

Umweltgerechte Produkte

Eine wichtige Herausforderung in der Mineralölbranche sind die laufenden Qualitätsverbesserungen der Brennstoffe. «Wir wollen uns auch mit unseren fossilen Energieträgern dem Trend der Zeit anpassen und die Umwelt möglichst gering belasten. Moderne Heizkessel mit umweltschonender Brennwerttechnik sowie schwefelarmes Ökoheizöl gehören deshalb für uns zu einer fortschrittlichen Zukunft in unserer Branche», so Schafflützel. «In diesem Sinne übernehmen unsere Leute auch immer mehr die Funktion von verantwortungsbewussten Energieberatern.» Corinne Remund

 

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