Publiziert am: 05.09.2014

«Wir haben zu wenig Lernende»

SCHWEIZERISCHER BOOTBAUER-VERBAND – Im Zentrum der Tätigkeit des SBV steht der berufliche Nachwuchs sowie 
die Beibehaltung der hohen Qualitätsstandards. Die grösste Herausforderung dabei ist der akute Lehrlingsmangel.

Die Bootsbranche ist mit rund 1200 Berufsleuten, die sich in den 300 Werftbetrieben engagieren, eine starke Gemeinschaft. «Unsere Werften kümmern sich fachmännisch um die Pflege, die Wartung, die Reparaturen und den Unterhalt von Arbeits- und Sportbooten. Sie importieren und exportieren Boote und Motoren, handeln mit nautischem Zubehör und Trailern für den Bootstransport und führen selber Bootstransporte durch», erklärt David Clavadetscher, Geschäftsführer des SBV. Jährlich werden in der Schweiz rund 350 Bootseinheiten in Einzel­an­fertigungen und Kleinserien konstruiert und gebaut. «Dabei handelt es sich hauptsächlich um Sportboote oder Vergnügungsschiffe für Private. Nur ein kleiner Teil der Schiffe wird für die öffentliche Hand wie beispielsweise Seerettungsdienste oder Seepolizei produziert», so Clavadetscher. Zwischen 6000 und 8000 Seegänger absolvieren jährlich den Motor- oder Segelbootausweis. Die Zahl der immatrikulierten Schiffe in der Schweiz bewegt sich seit Jahren um 100 000 – ein Drittel Segel- und zwei Drittel Motorboote. 15 Prozent der in der Schweiz hergestellten Schiffe werden in das angrenzende Ausland exportiert, der Import erfolgt aus der ganzen Welt, von den USA bis China.

«Wir ertrinken im administrativen Mief.»

Die Branche hat immer wieder mit grösseren Herausforderungen zu kämpfen, welche sie in ihren Tätigkeiten behindern oder blockieren. Dazu gehören Regulierungen und Vorschriften aller Art. «Wir ertrinken im administrativen Mief», betont ­Clavadetscher und zählt eine ganze Reihe an unnötigen Belastungen auf: «Wir sind schutzlos dem Europagesetz ausgeliefert. Auch werden von europäischen Gerichten die Gerichtsstände in der Schweiz nicht anerkannt.» Ausgebremst wird die Branche weiter durch administrative Forderungen in der Berufsbildung, verursacht durch die Kantone, durch starke gewässerbauliche Vorschriften für Werften, durch schwierige Rahmenbedingungen bei der Teilnahme an ausländischen Messen sowie durch unsinnige Zollvorgaben auf Grenzgewässer.

«Unsere Leute werden von anderen Branchen abgeworben.»

Einen grossen Stellenwert im Verband hat die Aus- und Weiterbildung. «Durch eine fachgerechte Ausbildung des beruflichen Nachwuchses sichern wir sowohl eine fundierte Berufsausbildung als auch die Beibehaltung der hohen Qualitätsstandards», sagt Clavadetscher. Die Branche sei auf gut ausgebildete Leute angewiesen. Die beiden Berufe Bootfachwart und Bootbauer seien sowohl schulisch als auch handwerklich anspruchsvoll. Die grösste Aufgabe dabei sei der Lehrlingsmangel. Dazu Clavadetscher: «Vor zehn Jahren hatten wir in beiden Berufen in allen Lehrjahren 180 Lernende, heute sind es 130. Der engagierte Geschäftsführer und Kenner der Branche führt diese Tatsache zurück auf die mangelnde Motivation der Jungen, einen hand­werk­lichen Beruf zu erlernen. Dieser Umstand werde bereits in der Volkschule nicht angegangen, weshalb die SBV-Berufe ein Nischendasein führten.

«Zudem werden unsere Leute, da sie so vielfältig ausgebildet sind, von anderen Branchen wie beispielsweise den Flugzeugwerken oder Autorennställen abgeworben», so Clavadetscher. Jährlich schliessen rund 15 Bootfachwarte und 20 Bootbauer ihre Ausbildung ab, davon beträgt der Frauenanteil 10 bis 20 Prozent. Die vierjährige Lehre ist in drei Sprachen möglich (Berufsfachschulen in Zofingen, Morges und Bellinzona). Auf einer attraktiven Homepage sowie auch in den sozialen Medien werde den Jungen auf moderne Art «eine Karriere, die den Horizont erweitert», präsentiert. Der Verband bietet ein fachliches Weiterbildungsangebot in den Bereichen: Handwerk, Arbeitssicherheit, Lehrmeister- und Expertentätigkeit, Administration und Geschäftsführung. Die Präsenz an dennationalen Berufsmeisterschaften SwissSkills Bern 2014 vom 19. bis 21. September ist für den SBV wichtig. «Wir machen nicht am Wettkampf mit, dazu fehlen uns die finanziellen Mittel. Wir sind mit zehn Lernenden an der Berufsshow beteiligt. Dabei werden wir sehr detailliert unsere beiden Berufe vorstellen», ­erklärt Clavadetscher. Er hoffe, so die Schulabgänger für dieses Handwerk zu sensibilisieren und den Bekanntheitsgrad zu steigern. Für die Zukunft heisst es, Segel hiessen und volle Kraft voraus, denn in der bootsaffinen Schweiz gibt es gemäss Clavadetscher noch ein grosse Potenzial zum Ausschöpfen.

Corinne Remund

SBV KURZ ERKLÄRT

Unterstützung breitgefächert

Der Schweizerische Bootbauer-Verband SBV wurde 1934 in Zürich gegründet. Seit 2002 befindet sich die Geschäftsstelle in Zofingen. Ausbildung und Marketing in der Bootsbranche sowie kaufmännische und technische Unterstützung der Mitglieder gehören zu den Kernkompetenzen des Verbandes. Er wahrt zudem die Brancheninteressen gegenüber Behörden, Instanzen, politischen Gremien, Versicherungen und der Öffentlichkeit. Der SBV schafft dazu die notwendigen Kontakte, nutzt die Medien und verschafft seinen Anliegen Gehör durch die Mitgliedschaften beim Schweizerischen Gewerbeverband sgv, bei der Schweizerischen Normenvereinigung sowie auf internationaler Ebene beim International Council of Marine Industry Associations (ICOMIA).

Zu seinen Dienstleistungen gehören umfassende Fachdokumentationen und Statistiken, die Beteiligung an Studien, die Erhebung von Um­fragen, und das Abklären von Rechtsfragen (z.B. Arbeitsrecht, MWSt, Kauf und Verkauf etc.). Er fungiert weiter als Auskunftsstelle für Entsorgungsfragen und erarbeitet Unterlagen zum Umweltschutz, nimmt Stellung zu Vernehmlassungen (Berufsbildung, technische und wirtschaftliche Belange) verfolgt aktuelle wirtschaftspolitische Probleme und engagiert sich, wo nötig, politisch. Der Verband zählt 220 Mitglieder und deckt damit zwei Drittel der Branche ab. Dabei handelt es sich hauptsächlich um KMU. Die Bootsbranche erwirtschaftet jährlich rund 400 000 Millionen Franken mit Bootsverkäufen sowie ihren Dienstleistungen.CR

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