Publiziert am: 22.04.2016

«Wir wollen mehr wachsen»

ALLPURA – Der Verband hat die stark wachsende Reinigungsbranche gestärkt. Für die Zukunft sollen das Dienstleistungsangebot erweitert und die Berufsausbildung vorangetrieben werden.

Kommen wir morgen ins Büro, so finden wir es sauber und geputzt vor. Ebenso gehört es zu unserem gesellschaftlichen Standard, dass Shoppingcenter, Fussballstadien, Flughäfen, Spitäler, Hotelzimmer, Fabriken sowie öffentliche Einrichtungen meist blitzblank gereinigt sind. Über die Heinzelmännchen, die abends oder in Randzeiten für Sauberkeit und Hygiene sorgen, machen wir uns erst Gedanken, wenn es einmal nicht so sauber ist, wie wir uns das gewohnt sind. Offensichtlich ist – ohne Reinigungsmitarbeitende geht gar nichts. Die Gebäudereinigungsbranche beschäftigt in der Deutschschweiz über 65 000 Personen in rund 2500 registrierten gewerblichen Reinigungsunternehmungen.

«Es ist wichtig, dass das Image der Branche ununterbrochen gefördert wird.»

Der Verband hat in den letzten 50 Jahren einiges im Reinigungswesen bewegt und die Aktivität der stark wachsenden Branche gestärkt. Allpura hat mit der Gründung eines neuen Berufszweigs Pionierarbeit geleistet: 1988 Anerkennung des Reglements für den Gebäudereinigungsfachmann mit eidg. Fachausweis; 1992 Genehmigung des Reglements für die höhere Fachprüfung (Meisterprüfung) sowie 1998 Unterzeichnung des Reglements für die Lehrabschlussprüfung. Zu den rückblickend wichtigsten Leistungen von Allpura gehören auch der erste allgemeinverbindliche Gesamtarbeitsvertrag, der 2004 in Kraft trat, sowie 2012 die ­Eröffnung des nationalen Ausbildungszentrums Reinigung AZR im solothurnischen Rickenbach und 
seit diesem Jahr die professionelle Geschäftsführung. Mit dem 50-Jahr-Jubiläum hat die langjährige ­Zentralpräsidentin Jasmin Jost nach 15 Jahren ihr Präsidium an Jürg Brechbühl abgegeben.

Enorme Intergrationsleistung

Der ehemalige Präsident der Sektion Zürich und Vizepräsident des Zentralvorstandes will den Branchenverband weiter stärken: «Für meine Amtszeit habe ich mir verbandsintern zum Ziel gesetzt, unsere Mitgliederzahl zu erhöhen und das Dienstleistungsangebot zu erweitern. Zudem möchte ich die weitere För­derung der Berufsausbildung vor­-
antreiben. Die Arbeitnehmerverbände und Allpura möchten unter anderem mit dem geplanten GAV ab 2018 die Mindestlöhne noch stärker an den Ausbildungsstand koppeln.» Besonders wichtig ist dem Direktor New Business Development der Vebego AG die verstärkte Wahrnehmung der bedeutenden sozialen Verantwortung, welche die Reinigungsbranche seit Jahren übernimmt: «Wir beschäftigen Menschen aus über 100 Nationen und leisten damit seit vielen Jahren einen grossen Beitrag zur Ausbildung und Integration vieler ausländischer Mitarbeitender – und das notabene ohne jegliche staatliche Unterstützung.»

Die Berufe in der Gebäudereinigung haben sich in den letzten Jahrzehnten stark professionalisiert. Es existiert heute ein breites Angebot von der Grundbildung bis zur höheren Fachprüfung. Damit begegnet die Branche den steigenden Ansprüchen an Effizienz, Hygiene, Pflege unterschiedlichster Oberflächen und höheren Anforderungen im Umgang mit Reinigungsmitteln, auch unter dem Aspekt des Umweltschutzes.

«Wir beschäftigen Über 100 Nationen und leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration.»

Seit 1998 ist Gebäudereinigen ein Lehrberuf, mit dem ein eidgenössisches Attest oder Fähigkeitszeugnis erlangt werden kann. Dazu sagt Allpura-Geschäftsführerin Karin Funk: «Pro Jahr schliessen rund 20 Lernende ihre Lehre als Gebäudereiniger EBA ab. Beim Gebäudereinigungsfachmann EFZ sind es jährlich 40 Absolventen, respektive in der Nachholbildung 32 bis 20.» Nach der dreijährigen Lehre und einigen Praxisjahren kann die Weiterbildung zur Berufsprüfung und zur höheren Fachprüfung angeschlossen werden. Auf Stufe Fachhochschule kann ein Studium in Facility Management absolviert werden. «In kaum einer anderen Branche sind die Karrierechancen ähnlich gross wie in der Reinigungsbranche», stellt Brechbühl fest und ergänzt: «Gerade in der Berufsbildung ist es wichtig, dass das Image der Branche ununterbrochen gefördert wird. Dadurch werden in Zukunft nicht nur mehr Lernende rekrutiert werden können, sondern auch qualitativ besseres Fachpersonal.»

Berufe in Reinigungsbranche
werden immer noch verkannt

Die Imageverbesserung ist denn auch eine der Hürden, die der Verband in nächster Zeit zu bewältigen hat. «Noch immer werden unsere Leistungen verkannt. Die äussere Wahrnehmung unseres Berufsstandes entspricht leider oft nicht der Realität und ist verzerrt», so Funk. Dementsprechend auch der Geburtstagwunsch der scheidenden Zentralpräsidentin Jasmin Jost: «Wir kämpfen seit Jahren darum, dass unserem facettenreichen Berufsstand und unseren Mitarbeitenden endlich die Wertschätzung entgegengebracht wird, die sie und wir verdienen. Denn wir halten im wahrsten Sinne des Wortes die Schweiz sauber.»

Potenzial im Outsourcing

Die Gebäudereinigung gehörte in den letzten zwei Jahrzehnten zu den Wachstumsbranchen und hat auch die letzten Wirtschaftseinbrüche im Verhältnis zu anderen Wirtschaftszweigen relativ unbeschadet überstanden. Trotzdem spürt die Branche die seit längerem anhaltenden Unsicherheiten in der Schweizer Wirtschaft und vorallem den verschärften Margen- und Preisdruck. Zudem fallen durch die Auslagerung von Produktionsstätten vermehrt Flächen für die Reinigung und den Unterhalt weg. «Der Outsourcing-Grad ist von rund 18 Prozent im Jahre 1994 auf gut 55 Prozent im Jahre 2014 gestiegen», erklärt Brechbühl. Beispielsweise im Gesundheitswesen oder in der öffentlichen Hand gäbe es noch viel Potenzial. «Vergleicht man die Outsourcing-Rate mit anderen europäischen Ländern wie Deutschland oder den Niederlanden, so steht die Schweiz hinten an», so Brechbühl. Nicht nur was das Oursourcing betrifft, auch im Zusammenhang mit der Digitalisierung hat die Branche grosses Potenzial. «Die technologischen und digitalen Entwicklungen werden zu neuen Geschäftsfeldern führen und uns neue Märkte eröffnen», ist Brechbühl überzeugt. Bereits Einzug gehalten hat die digitale Transformation in der Kommunikation und Dokumentation. «Es gibt kaum ein Reinigungsunternehmen, das seine Kundendaten nicht elek­tronisch verwaltet», so Brechbühl. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung würden sich in der Gebäudeautomation neue Möglichkeiten eröffnen. «Hier wird Reinigung auf Abruf durch verbesserte Sensortechnik ein Thema sein», sagt Brechbühl. Corinne Remund

ALLPURA KURZ ERKlÄRt

2,8 Milliarden Umsatz

Der Verband wurde am 20. November 1966 in Baden mit 62 Mitgliedern als Schweizerischer Verband der Glas und Gebäudereinigungs-Unternehmer SVGB gegründet. Damals war der Zweck die Förderung der beruflichen Ausbildung mit dem Ziel der Anerkennung des Berufes «Reinigungsarbeiter». 1983 erfolgte die erste Namensänderung in Verband Schweizerischer Gebäudereinigungs-Unternehmer VSGU. Seit 2001 heisst der Verband Allpura Verband Schweizer Reinigungs-Unternehmen. Allpura hat zum Ziel, die ideellen und wirtschaftlichen Interessen des schweizerischen Reinigungsgewerbes zu wahren und zu fördern. Der innovative Verband bekennt sich zur freien Marktwirtschaft, zu fairem Verhalten gegenüber der Konkurrenz und zu Transparenz und Fairness in der Werbung. Er sorgt unter anderem für die Einhaltung von Richtlinien und Geschäftsbedingungen im Interesse aller Beteiligten und setzt sich für die soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden der Reinigungsbranche ein.

Breites Aus- und 
Weiterbildungsangebot

Zu seinen Hauptaufgaben gehören Dienstleistungen rund um die Branche wie Beratungen in fachlichen, betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragestellungen, die Zusammenarbeit mit den Industrie- und Dienstleistungspartnern sowie die Entwicklung des Gesamtarbeitsvertrages. Im Dienste der Mitglieder ist die Kontaktförderung zwischen Mitgliedern, Behörden und der Öffentlichkeit. Einen grossen Stellenwert hat die Berufs- und Weiterbildung. Hier bietet der Verband eine fundierte Grundausbildung sowie vielseitige Weiterbildungsmöglichkeiten. Von den 2500 Reinigungsunternehmen sind mit rund 200 Aktivmitgliedern zehn Prozent im Deutschschweizerverband Allpura vertreten. Es sind mehrheitlich KMU. Allpura arbeitet mit den Partnerverbänden der Romandie (FREN, AGENS und AVEN) sowie des Tessins (AIPCT) zusammen und ist Mitglied in den europäischen Verbänden FIDEN und der EFCI. Die Branche generiert jährlich einen Umsatz von 2,8 Milliarden Franken. CR

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