Publiziert am: 03.06.2022

Wo bleibt hier eigentlich der Volkswille?

MEDIENFÖRDERUNG – Gegen eine punktuelle Förderung von einzelnen Zeitungs- und Verbandstiteln ist nichts einzuwenden. Eine umfassende Erhöhung der Subventionen aber braucht es nicht.

Mit einer Motion der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen wird der Bundesrat beauftragt, für das Jahr 2022 eine erneute Unterstützung der Printmedien – analog der Übergangsmassnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus – vorzusehen. Insbesondere soll der Bundesrat im Postgesetz für die gesetzlichen Grundlagen und die finanziellen Mittel sorgen, dass abonnierte Tages- und Wochenzeitungen der Regional- und Lokalpresse mit einer Auflage bis zu 40 000 Exemplaren im Tageskanal der Post kostenlos zugestellt werden. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Vergünstigung ist, dass für das Geschäftsjahr 2022 keine Dividende ausbezahlt wird.

Stimmbevölkerung lehnte Medienförderung erst kürzlich ab

Am 13. Februar 2022 hat der Souverän das Medienförderungspaket mit 54,6 % Nein klar bachab geschickt. Damit wollten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger eine noch stärkere Abhängigkeit der Medien vom Staat verhindern.

Der Bundesrat wollte die Voraussetzungen für ein langfristig breites Medienangebot in allen Landesteilen schaffen und mit der Vorlage der Branche die digitale Transformation erleichtern. Dies hätte mittels Ausweitung der bestehenden, indirekten Förderinstrumente und mittels neuer direkter Förderinstrumente für Medienangebote geschehen sollen. Während sieben Jahren hätten jährlich insgesamt etwa 177 Mio. Franken an Subventionen fliessen sollen, statt wie bisher rund 53 Mio. Franken. Die Gelder sollen zum einen aus dem allgemeinen Bundeshaushalt und zum anderen aus einer Umverteilung der bestehenden RTVG-Abgabe stammen.

Missachtung des Volkswillens

Doch das klare Nein des Souveräns zur Medienförderungsvorlage hindert die nationalrätliche Verkehrskommission nun erstaunlicherweise nicht daran, ein neues Förderpaket zu beschliessen. Dieses Vorgehen ist unredlich. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt diese neue Vorlage ebenso ab wie das von der Stimmbevölkerung verworfene Medienpaket. Strukturerhalt beim Angebot ist keine Antwort auf änderndes Nachfrageverhalten.

Immer wieder wird der Service Public als Argument ins Feld geführt. Eine klare Umschreibung, was er tatsächlich ist oder sein soll, findet sich aber nicht – ein Wunschkonzert mit Selbstbedienungsbuffet, könnte man die Argumente zusammenfassen.

Auch lassen sich die neuen Fördermassnahmen nicht mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie rechtfertigen. Entsprechende Unterstützungsleistungen sind bereits erfolgt. Der Fokus auf den Erhalt von Printmedien und der Verweis auf die Tatsache, dass seit 2003 rund 70 Titel verschwunden sind, offenbart ein sonderbares Verständnis des Strukturwandels. Zudem sind in den vergangenen Jahren auch neue, innovative Titel entstanden.

Status quo genügt

Gegen eine punktuelle Förderung von einzelnen Zeitungs- und Verbandstiteln ist nichts einzuwenden. Vom heutigen Stand der indirekten Medienförderung durch Verbilligung von Posttaxen profitiert auch die Verbands- und die Gewerkschaftspresse – die Schweizerische Gewerbezeitung inklusive. Eine umfassende Erhöhung der Subventionen nach dem Giesskannenprinzip aber braucht es nicht.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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