Publiziert am: 19.11.2021

Zahlungsmoral sinkt

VERBAND SCHWEIZERISCHER IN­KASSO­TREUHANDINSTITUTE – Die Branche ist im Wandel, das Leistungsangebot wird laufend weiterentwickelt. Auch der Verhaltenskodex für die Selbst­regu­lierung wurde ausgebaut, um Inkasso­missbrauch den Riegel zu schieben. Mit dem kürzlich eingeführten Code of Conduct CoC verpflichten sich die Mit­glieder zu einer guten Inkassopraxis.

2019 haben die Inkassounternehmen rund 360 Millionen Franken in die Wirtschaft zurückgeführt, das sind rund 30 Prozent der übernommenen Forderungen. «Damit übernehmen unsere Mitglieder eine wichtige Aufgabe für Gläubiger und Schuldner und tragen damit massgeblich dazu bei, die Schweizer Volkswirtschaft zu stützen», stellt Michael Loss, Verantwortlicher Medienarbeit beim Verband Schweizerischer Inkasso­treuhandinstitute vsi fest. Obwohl die Inkassobranche im Wandel ist, ist der Markt mit den Inkassovertretern selbst weitgehend stabil geblieben. «Das Leistungsangebot wird laufend weiterentwickelt. Inkasso­unternehmen sind wichtige Partner für diejenigen Firmen, welche im Bereich der Digitalisierung wichtige Katalysatorfunktionen übernehmen», so Loss.

«Mit dem Code of Conduct COC führen wir den Weg der Selbstregulierung konsequent weiter.»

Eine Tatsache ist es, dass die Zahlungsmoral in der Schweiz seit Jahren zurückgeht, was für die Schweizer Wirtschaftsteilnehmenden zu mehr offenen Forderungen und mehr Ausständen führt. Jährlich stellt die Schweiz rund 3 Millionen Zahlungsbefehle aus, was zu einem gesamtschweizerischen Inkassovolumen von mehr als 11 Milliarden Schweizer Franken führt. Gerade in der aktuellen Situation haben Zahlungsausfälle zugenommen. Dazu Loss: «Die Situation für Arbeitnehmende in Kurzarbeit mit Lohnausfällen (80 Prozent Bezahlung) ist schwieriger geworden. Wer also nicht auf das übliche Gehalt abstützen kann oder sogar die Arbeitsstelle verlor oder verliert, riskiert dadurch noch weiter in die persönlichen Schuldenspirale zu geraten.» Gemäss den Mitgliedern ist das Pandemiejahr 2020 aber deswegen kein überdurchschnittliches Jahr geworden.

Selbstregulierung für ein gemeinsames Ziel

In den letzten Jahren hat sich auch die Ansicht darüber, was gutes Inkasso ist, stark weiterentwickelt: «Wir stehen heute für ethisch korrektes Inkasso unserer Mitglieder ein und setzt diese Haltung auch durch.» Dazu ist seit dem 1. Dezember 2020 der sogenannte Code of Conduct CoC in Kraft. Diese selbstregulierenden Haltungsvorgaben schützen Gläubige und Konsumenten und helfen, Inkassomissbrauch zu vermeiden. Dieses Instrument dient der Branche, um gegen schwarze Schafe vorzugehen, deren überholtes Businessmodell sich durch Druck und Härte auszeichnet. «Mit der Einführung des CoC distanzieren sich unsere Mitglieder klar von diesen Praktiken und grenzen sich von unseriösen Anbietern ab. Das Regelwerk ist für sämtliche Mitgliederunternehmen bindend», betont Loss. Der CoC zeigt grundsätzliche Handlungsanweisungen sowie mögliche Konsequenzen der Nichtbefolgung. Nicht toleriert sind Hausbesuche, Drohgebärden oder belästigende Telefonfrequenz. Auch macht der CoC Vorgaben hinsichtlich des Umgangs mit Gebühren und des Verhaltens bei bestrittenen Forderungen. Zuletzt nimmt der vsi seine Mitglieder mit dem CoC in die Verantwortung, bei Stundungsgesuchen insolventer Konsumenten diese Gesuche nicht unnötig zu verhindern. Wer eine aktuelle Zahlungsunfähigkeit zum Beispiel durch eine Steuerveranlagung nachweisen kann, ist für mindestens ein Jahr vom Forderungseinzug zu befreien.

«Jährlich stellt die Schweiz rund 3 Millionen Zahlungsbefehle aus.»

Daneben reicht der Verband klar Vorgaben zur täglichen Berufsausübung und setzt seine Mitglieder unter konkreten Handlungsdruck – im Sinne von Pflicht und Eigeninitiative. «Mit dem CoC führen wir den Weg der Selbstregulierung konsequent weiter», sagt Loss. Wo Konsumenten und Inkassodienst-leistende keinen Weg mehr finden, versucht die neu geschaffene Ombudsstelle des vsi zu helfen. Bei Verstössen gegen den CoC müssen Verbandsmitglieder bis hin zum Verbandsausschluss rechnen. «Die Ombudsstelle ahndet Abweichungen vom CoC und wahrt damit auch die Interessen von Schuldnern», so Loss.

Persönlicher Kontakt ist wichtig

Die Digitalisierung hat auch in der Inkassobranche Einzug gehalten. Allerdings darf man bei aller Neuerung nicht vergessen, dass man es hier mit Menschen zu tun hat, die sich in finanziell und vielleicht auch persönlich schwierigsten Situationen befinden. «Hier ist der persönliche, nahe Kontakt mit Schuldnern enorm wichtig», weiss Loss. Als Herausforderung erachtet der Verband die weiter sinkende Zahlungsmoral. Diese generiert sich aus ungenügend finanziell ausgebildeten Jugendlichen, welche heute auf den sozialen Plattformen von ihren Followern und Freunden zu einem stärkeren Konsumdrang animiert und gedrängt werden.

Zentrale Bedeutung für die Volkswirtschaft

Inkassodienstleister werden auch künftig eine sehr wichtige Bedeutung für die Volkswirtschaft haben. Die Branche hat dementsprechend viel Zukunftspotenzial. Denn grundsätzlich ist ein Unternehmen auf Inkassodienstleistung angewiesen, sobald es in Vorleistung geht. «Diese Art der Vorleistung wird zunehmen, denn Kunden wünschen sich die Kontrolle über ihren Einkauf. Und das ermöglicht am ehesten, wer die Option auf Kauf gegen Rechnung anbietet», so Loss. Gleichzeitig erlaubt diese Bezahlart, Betrug entgegenzuwirken – denn betrügerische Händler liefern keine Ware gegen Rechnung. Corinne Remund

www.inkassoverband.ch

DAS MACHT DER VSI

Laufend 5 Millionen Inkassofälle

Der Verband der Schweizerischen Inkassotreuhandinstitute vsi wurde 1941 gegründet. Ziel und Zweck des Verbandes war es, die wirtschaftsteilnehmenden Unternehmen vor Zahlungsausfällen zu schützen. Heute geht der Verband weiter und setzt sich sowohl für die Interessen von Gläubigern wie auch Konsumenten ein. Die dem vsi angeschlossenen Mitglieder – derzeit sind es 34 – setzen sich für ein korrektes und professionelles Inkasso ein. Sie bearbeiten laufend rund 5 Millionen Inkassofälle mit einem Volumen von über 13 Milliarden Schweizer Franken. Damit leistet der Verband einen wesentlichen Nutzen für die Schweizerische Volkswirtschaft.

Der vsi setzt sich für optimale wirtschaftliche Rahmenbedingungen ein und wahrt damit auch die Konsumenteninteressen. Seine Mitglieder sind dem Code of Conduct CoC für ethisches Inkasso unterstellt. Damit setzen sie sich für ein unternehmerfreundliches Umfeld ein und schaffen optimale wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Mitglieder. Der Verband ist bestens vernetzt mit anderen Verbänden, Organisationen und Institutionen. Die Mitglieder – die sich neben grösseren Betrieben auch aus mittleren und Kleinst­unternehmen zusammensetzen – beschäftigen zusammen rund 500 Mitarbeitende.

CR

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