Publiziert am: 21.03.2014

Zentrale gewerbepolitische Prinzipien

TRIBÜNE

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat in seinen Zielen 2010–2014 unter anderem festgehalten, dass er sich «imperativ und nicht verhandelbar» für die Einhaltung der Schuldenbremse auf Bundesebene einsetzt und dass er sich genauso konsequent gegen wirtschaftspolitische Massnahmen stellt, welche zu einer Erhöhung der Staatsquote führen. Diese Ziele sind richtig und sollten bei politischen Sachfragen als Kompass für Entscheide dienen. Leider vermögen sie das nicht immer zu tun.

Der Schuldenbremse ist es massgeblich zu verdanken, dass die Schweiz heute mit einer Schuldenquote von rund 35Prozent des BIP im internationalen Vergleich sehr gut dasteht – so gut sogar, dass in Politikerkreisen zunehmend Begehrlichkeiten geweckt und «kleinere Sündenfälle» für vertretbar gehalten werden. Der sgv tut gut daran, sich solchen Begehrlichkeiten entgegenzu­stellen und von der Politik konsequentes Handeln zu fordern. An den unternehmerischen Grundsatz, dass langfristig nicht mehr Geld ausgegeben werden kann, als erwirtschaftet wird, fühlen sich längst nicht alle Politikerinnen und Politiker gebunden. Zu verlockend ist die Aussicht, der Bevölkerung «Wohltaten» zukommen zu lassen, von denen niemand weiss, wer sie dereinst bezahlen soll. Nur ein konsequentes Pochen auf die Beibehaltung der Schuldenbremse verhindert ein Überhandnehmen solch kurzfristigen Handelns.

Während die Schuldenbremse das Ausgeben nicht vorhandener Mittel erschwert, existiert auf der Einnahmenseite kein entsprechendes Regulativ. Dies hat zur Folge, dass der staatliche Einnahmen­dschungel auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene wuchert und sich negativ auf die Staatsquote auswirkt. Insbesondere Gebühren sind für öffentliche Gemeinwesen zu nie versiegenden Goldgruben geworden. Stossend ist dabei besonders, wenn die entsprechenden Einnahmen höher sind als der Aufwand für die entsprechenden Leistungen, wie das zum Beispiel bei den Strassenverkehrsämtern der Fall ist, die ihre Aufwendungen im schweizerischen Durchschnitt mittlerweile zu 117 Prozent aus Gebühren finanzieren – was nichts anderes bedeutet, als dass deren Kundschaft neben den bezogenen Leistungen noch einen staatlichen Obulus von 17 Prozent in den allgemeinen Haushalt zahlt. Auch da tut das Gewerbe gut daran, Massnahmen zu bekämpfen, welche zu einer weiteren Erhöhung der Staatsquote führen.

Ziemlich erfinderisch sind Politik und Verwaltung, wenn es darum geht, den Stimmberechtigten zusätzliche staatliche Einnahmen schmackhaft zu machen. Das Rezept geht so: Viel Geld in einen grossen Topf und dann bei vielen viele Hoffnungen schüren, davon profitieren zu können. Nach diesem Rezept zubereitete Abstimmungsvorlagen üben mitunter auch auf Gewerbevertreterinnen und -vertreter eine magische Anziehungskraft aus. Und oft ist die Aussicht auf labendes Manna aus staatlichen Verteiltöpfen sogar so gross, dass bei einzelnen Exponenten des Gewerbes Grundsätze in den Hintergrund treten. Sie vergessen, dass alle Ausgaben auch finanziert werden müssen und dass dazu das Gewerbe und der Mittelstand in aller Regel den grössten Beitrag leisten müssen.

Dem Gewerbe und seinen Organisationen sei darum in Erinnerung gerufen, dass es mit dem Beschliessen von Grundsätzen nicht getan ist. Bedeutend wichtiger als das Verabschieden von hehren Zielen ist es, sich konsequent für deren Umsetzung einzusetzen. Der Gewerbeverband tut gut daran, diesbezüglich eine klare Linie zu verfolgen und auch bei seinen Mitgliedern und angeschlossenen Verbänden darauf zu drängen. Nur dann wird es wieder gelingen, Mehrheiten zu finden für Anliegen, welche für das Gewerbe und die Wirtschaft insgesamt wichtig sind.

Die Fähigkeit zu langfristigem Denken und nachhaltigem Handeln ist eine Kernkompetenz des Gewerbes. Es liegt am Gewerbe, seinen Exponenten und seinen Institutionen, diese auch wieder vermehrt in die politische Diskussion einzubringen.

*Marcel Schweizer ist Präsident des Gewerbeverbands Basel-Stadt.

Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.

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