Publiziert am: 06.09.2019

Zukunft von Unternehmen sichern

UNTERNEHMEN UND ERBE – Mit einer Änderung des Zivilgesetzbuches soll die Unternehmensnachfolge erleichtert werden. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt die Revision.

In der Schweiz gibt es gegen 500 000 Unternehmen. Der grösste Anteil sind Mikrounternehmen bis neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. KMU bieten über zwei Millionen Arbeitsplätze. In den nächsten fünf Jahren werden rund 70 000 Unternehmen vor einer Nachfolgeregelung stehen. Dabei kommt es auch immer wieder zu erbrechtlichen Fragestellungen.

Nach geltendem Recht geniessen die Interessen der Erben gegenüber denjenigen des Unternehmens und der mit dem Unternehmen verbundenen Personen Vorrang. Kommt ein Unternehmen in den Erbgang und muss es aus erbrechtlichen Gründen zerstückelt werden, werden nicht nur Arbeitsplätze gefährdet, sondern die volkswirtschaftliche Wert­schöpfung wird in Mitleidenschaft gezogen.

Unternehmen, die im Erbfall erzwungenermassen verkauft werden müssen, um Liquidität für die Abgeltung der Ansprüche der Miterben zu beschaffen, erzielen tiefere Preise. Der Erbgang kann sich wertvernichtend auswirken.

Fortbestand der Unternehmen sichern

Insgesamt vier Instrumente sollen das Überleben von Unternehmen bei einer Erbteilung erleichtern.

• Zum einen soll die Revision für die Erbinnen und Erben ein Recht auf Integralzuweisung eines Unternehmens im Rahmen der Erbteilung schaffen, wenn die Erblasserin oder der Erblasser keine diesbezügliche Verfügung getroffen hat. Damit soll insbesondere die Zerstückelung oder Schliessung von Unternehmen verhindert werden.

• Zweitens führt die Revision zugunsten des Unternehmensnachfolgers die Möglichkeit ein, von den anderen Erben einen Zahlungsaufschub zu erhalten, namentlich, um schwerwiegende Liquiditätsprobleme zu vermeiden.

• Drittens werden spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens festgelegt, indem zwischen betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensteilen unterschieden wird. Damit soll dem unternehmerischen Risiko Rechnung getragen werden, dass der Unternehmensnachfolger auf sich nimmt. Zudem werden die anderen Erben hinsichtlich der Vermögensgegenstände, die sich ohne Weiteres aus dem Unternehmen herauslösen lassen, nicht benachteiligt.

• Viertens wird mit dem Vorentwurf ein verstärkter Schutz der pflichtteilsberechtigten Erben eingeführt, indem ausgeschlossen wird, dass ihnen ihr Pflichtteil gegen ihren Willen in Form von einem Minderheitsanteil an einem Unternehmen zugewiesen werden kann, wenn ein anderer Erbe die Kontrolle über das Unternehmen ausübt.

Verbesserungsbedarf gegeben

Der Schweizerische Gewerbe­verband sgv unterstützt die ­Vorlage, sieht aber in zwei Punkten Ver­besserungsbedarf. Mit Blick auf ­besonders investitionsintensive Branchen und Firmen – beispielsweise Unternehmen des Bauhauptgewerbes – schlägt der sgv vor, den Zahlungsaufschub in besonderen Fällen von fünf auf zehn Jahre verlängern zu können. Eine solche Regelung würde der übernehmenden Person mehr Handlungsspielraum verschaffen und den längerfristigen Fortbestand besonders investitionsintensiver Unternehmen begünstigen.

Zweitens will die Vorlage, dass die gestundeten Beträge durch die Erben sicherzustellen und angemessen zu verzinsen sind. Erben, die diese Voraussetzung erfüllen, sind ohnehin ausreichend kreditwürdig, um die Ausgleichsforderungen auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Unternehmen, bei welchen die Stundung aber wirklich notwendig wäre, können das nicht. Es macht daher Sinn, für Einzelfälle ein richterliches Ermessen zu verankern oder die Bestimmung ganz zu ­streichen.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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