Publiziert am: 05.05.2017

Zurück zu liberalen Grundsätzen

ENERGIEGESETZ – Die Energiestrategie 2050 führt unser Land auf direktem Weg in die Planwirtschaft und hat enorme Kosten für Industrie, KMU und Mittelstand zur Folge. Aus freiheitlicher Sicht muss dieses Monstergesetz abgelehnt werden.

«Beim durchschnittlichen Energieverbrauch pro Person und Jahr ist eine Senkung um 43 Prozent bis zum Jahr 2035 anzustreben», so steht es unter Artikel 3 im Energiegesetz, über das wir am 21. Mai abstimmen werden. Um knapp die Hälfte soll der Energieverbrauch pro Kopf also bis in 
18 Jahren sinken, wenn es nach Energieministerin Doris Leuthard geht, der Architektin der Energiestrategie 2050. Was bedeutet dies im Alltag? Nur noch jeden zweiten Tag warm duschen? Heizen nur noch im tiefsten Winter? Strom nur noch zu bestimmten Tageszeiten? Die Beispiele mögen überspitzt klingen, doch es steht fest, dass eine derart massive Energieeinsparung nicht nur mit ­Effizienzmassnahmen und gutem Zureden erreicht werden kann, sondern durch handfeste neue Verbote und Steuern.

Planwirtschaftlicher Alptraum

Viele solche Regulierungen wurden in den vergangenen Jahren angedacht oder bereits eingeführt: Das neue CO2-Gesetz sieht eine Verdreifachung der heutigen CO2-Abgabe auf Heizöl und Gas sowie ein mögliches Verbot von fossilen Heizungen vor. Die Mustervorschriften der Kantone im Energie­bereich («MuKEn») verlangen ein Verbot von Elektroheizungen und schreiben vor, dass jeder Neubau einen Teil seines Stroms selber erzeugen muss. Die Einfuhr von leistungsstarken Personenwagen wird mit Strafsteuern sanktioniert. Und erst vor kurzem hat der grüne Nationalrat Balthasar Glättli ein Verbot von Fahrzeugen mit Benzin- und Dieselmotoren gefordert. Die Liste liesse sich beliebig verlängern. Bei einem Ja am 21. Mai würden solch planwirtschaftliche Staatseingriffe nach DDR-Manier weiter zunehmen, und deren Bekämpfung in den Parlamenten oder an der Urne würde noch schwieriger. Bereits heute steckt der Staat Dutzende von Millionen an Steuergeldern in (halb)staatliche Organisationen, deren einziger Zweck es ist, die Bevölkerung zu ökologisch korrektem Verhalten umzuerziehen. Die Energiestrategie bietet den Öko-Vordenkern die Rechtfertigung für immer mehr staatliche Bevormundung. Die Leidtragenden sind am Ende einmal mehr die KMU und der Mittelstand, die diese Energiewende berappen müssen, sei es durch höhere Stromtarife, teurere Produkte oder neue Lenkungsabgaben auf «ökologisch unkorrektes Verhalten» wie Autofahren, Fleischessen oder Fliegen.

Kurzsichtiges Profitdenken

Es ist vor diesem Hintergrund geradezu tragisch, dass einzelne Teile der Wirtschaft und des Gewerbes diesem Energiegesetz zustimmen, nur weil sie sich aufgrund der zahlreichen neuen Regulierungen kurzfristige Vorteile erhoffen: zusätzliche Aufträge im Gebäudebereich etwa, ein etwas grösseres Stück vom Subventionskuchen, oder einfach nur ein grünes Mäntelchen, um damit bei der Kundschaft besser dazustehen. Was unsere Wirtschaft so erfolgreich und international kompetitiv gemacht hat, ist ein möglichst freier Markt, der Innovation und Wettbewerb ermöglicht, und nicht opportunistisches Anbiedern am Zeitgeist mit Aussicht auf rasch verdientes Geld.Unsere Wirtschaft – insbesondere die produzierende – ist mehr denn je auf eine günstige und sichere Energie­versorgung angewiesen: In Zeiten des starken Frankens und drohender Handelsschranken seitens der USA können sich viele Industriebetriebe und KMU nicht auch noch höhere Strom-, Sprit- und Heizkosten leisten. Zusätzliche Lenkungsabgaben, wie sie nach Annahme des Energiegesetzes angedacht sind, wären Gift für den Werkplatz Schweiz. Auch eine länger andauernde Strom-Mangellage oder gar ein vollständiges Blackout wären für unsere Wirtschaft verheerend. Nicht umsonst nennt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz in seiner nationalen Risikoanalyse einen grossflächigen Stromausfall die grösste Gefahr für unser Land in den nächsten Jahren.

Drohende Blackouts

Und genau da besteht eine weitere Gefahr in der Energiestrategie 2050: Wird der wegfallende Atomstrom durch unregelmässig anfallende erneuerbare Energien wie Wind oder Photovoltaik ersetzt, gefährdet dies die Versorgungssicherheit in unserem Land massiv. Auch wer kein Energiefachmann ist, erkennt: Wind und Sonne liefern Strom nicht dann, wenn man ihn braucht, sondern dann, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint – und gerade Letzteres ist in den Wintermonaten öfters nicht der Fall. Damit uns in so einer Situation nicht die Lichter ausgehen, werden wir zukünftig also vermehrt von Stromimporten aus dem Ausland abhängig sein. Dies erhöht die Gefahr von Blackouts in der Schweiz, schliesslich ist keinesfalls gesichert, dass unsere Nachbarländer ihren Strom auch dann noch in die Schweiz liefern, wenn sie selber darauf angewiesen sind.

Dazu kommt, dass der aus Deutschland importierte Strom zu einem grossen Teil aus Kohlekraftwerken stammt und daher eine miserable CO2-Bilanz aufweist. Der Stromimport aus Deutschland läuft also ausgerechnet dem Hauptziel der Energiestrategie, eine nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen, diametral zuwider. Das Beispiel zeigt eindrücklich, dass der gleichzeitige Ausstieg aus der Atomkraft einerseits und den fossilen Energien andererseits ohne drastische Wohlstands­verluste nicht zu haben ist.

Beispiellose Subventions-

wirtschaft

Wer sich für einen freien Markt und einen gesunden Werkplatz einsetzt, kann das Energiegesetz nicht gutheissen: Es würde die bereits heute fest verankerte und in ihrem Ausmass beispiellose Stromsubventionswirtschaft weiter zementieren und zusätzlich ausbauen: Die heute geltende Kostendeckende Einspeisevergütung («KEV») würde von 1,5 auf 2,3 Rappen pro Kilowattstunde erhöht. So würden der Volkswirtschaft jedes Jahr 1,2 Milliarden Franken entzogen – Geld, das dem «normalen» Strombezüger abgenommen wird und mit dem anschliessend Photovoltaik- und Windkraftanlagen im ganzen Land finanziert werden. Eine Umverteilung der unsozialen Art, denn am Ende profitieren vor allem Hauseigentümer, Bauern und sonstige Subventionsbezüger, deren Solaranlagen von ahnungslosen Mietern via Neben­kostenabrechnung bezahlt werden.

Last but not least würde ein Ja zum Energiegesetz einen enormen Zubau an Windkraftanlagen in unserem Land bedeuten. Die Folgen sind bekannt: Zehntausende getötete Vögel und Fledermäuse, Lärmbelästigung, gesundheitliche Beeinträchtigung und eine unvorstellbare Verschandelung der Natur. Betrachtet man die im Energiegesetz vorgesehenen Richtwerte zur Windkraft, so müssten in den nächsten Jahren bis zu 1000 neue Windkraftanlagen gebaut werden. Allesamt an bester Lage auf Hügelzügen oder in den Alpen.

Abschreckendes Beispiel Deutschland

Mit der Energiestrategie 2050 ist die Schweiz dabei, dieselben Fehler zu begehen wie unsere deutschen Nachbarn. Dabei hätte ein Blick über die Grenze nach Norden genügt, um zu sehen, dass die vielzitierte deutsche «Energiewende» bis heute ein einziges Desaster ist: Der Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und Co. kostet den Steuerzahler neuesten Berechnungen zufolge bis ins Jahr 2025 rund eine halbe Billion Euro. Immer mehr Haushalte können ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen, während sich einige wenige Subventionsempfänger eine goldene Nase verdienen. Gebracht hat diese gigantische Umverteilungsaktion bis anhin nichts: Trotz Förderung sind die erneuerbaren Energien immer noch weit davon entfernt, einen nennenswerten Beitrag zur deutschen Stromversorgung zu leisten. Im Gegenzug wurden alte Kohlekraftwerke wieder in Betrieb genommen, um den wegfallenden Atomstrom zu kompensieren. Den steigenden CO2-Ausstoss nimmt man jenseits des Rheins plötzlich stillschweigend in Kauf.

Gleichzeitig haben die milliardenschweren deutschen Subventionen den europäischen Strommarkt ruiniert. Billiger Solarstrom überschwemmt im Sommer und über die Mittagszeit den Markt, also genau dann, wenn man den Strom am wenigsten braucht. Dadurch sinken die Preise massiv und Strom aus herkömmlicher Produktion lässt sich nicht mehr rentabel verkaufen. So muss seit einiger Zeit gar die 100 Prozent nachhaltige und CO2-freie schweizerische Wasserkraft durch Subventionen gestützt werden.

Nein zum Energiegesetz am 21. Mai

Das Schweizer Stimmvolk hat es in der Hand, dem Energiewende-Irrsinn an der Urne eine Absage zu erteilen und unser Land vor einer verheerenden Fehlentwicklung zu bewahren. Glücklicherweise entscheidet die Bevölkerung in aller Regel vernünftig. Sie lehnt radikale Änderungen ab und reagiert allergisch auf Vorlagen, die nur einzelnen Branchen oder ­Anspruchsgruppen nutzen. Wenn die Kosten einer Vorlage unbekannt oder potenziell sehr hoch sind, sagt das Stimmvolk Nein. Bleibt es sich treu, wird es das Energiegesetz am 21. Mai ablehnen. Es wäre ein ausgesprochen vernünftiger Entscheid.

Ueli Bamert, Geschäftsführer des schweizerischen Brennstoffhändlerverbands Swissoil

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