Publiziert am: 19.06.2020

2020: A Corona Odyssee

UNTERHALTUNG – Wer Frei­zeit­aktivitäten anbietet, muss innovativ sein, denn an Angeboten mangelt es heutzutage nicht. Und Corona macht die Sache nicht einfacher. So heisst es in diesem Sommer Auto- statt Open-Air-Kino. Einer, der weiss, wie man Unterhaltung und Gastronomie sinnvoll verbindet, ist KinoKoni.

KinoKoni – unter diesem Namen ist Konrad Schibli (50) bekannt. Er führt in dritter Generation die youcinema AG. Das Familienunternehmen zählt vier Kinos in Olten SO und Oftringen AG und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter, etwas mehr als die Hälfte davon direkt im Bereich Kino. Nebst dem you event center in ­Oftringen gehören einige weitere Gastronomiebetriebe zum Unter­nehmen.

Aus dem ehemaligen Kino mit Grossdisco wurde unter der Ägide von KinoKoni längst ein moderner Unterhaltungstempel, eben das you event center. Dazu gehören eine Bar, diverse Restaurants und Take-aways, Adventure Rooms und viele Events, die manchmal mehr und manchmal weniger mit Kino zu tun haben.

Ohne Kino kein Koni

Bei all der Ablenkung rundherum und dem Erfolg der Streamingdienste in den vergangenen Jahren kommt unweigerlich die Frage auf: Ist Kino ein Auslaufmodell? «Nein», sagt ­KinoKoni, fast etwas schockiert ob der Frage. «Nein, ganz sicher nicht.» Was die Gastronomie angehe, so sei diese nun einmal eng mit dem Kinobesuch verbunden. Es gehe in keiner Weise darum, vom Kinobetrieb wegzukommen.

Das würde bei KinoKoni auch erstaunen. Er, der über dem Kino Palace in Olten SO aufgewachsen ist, mit sechs schon Tickets gerissen und mit zwölf an den grossen 35-mm-Projektoren erste Filme vorgeführt hat. Er, der 1998 in den elterlichen Betrieb kam, nachdem er in Los Angeles ein Filmwirtschaftsstudium absolviert und das altehrwürdige Vista Theatre in Hollywood sowie zwei Multiplex-Kinos für Warner Bros. Deutschland geführt hat. Nein, ohne Kino kein Koni. Und umgekehrt.

Ein soziales Erlebnis

Den durch den Lockdown noch einmal beschleunigten Vormarsch der Streamingdienste fürchtet Kino­Koni nicht. Er sieht in der Krise sogar eine Chance für seine Branche: «Im Kino schaut man zusammen einen Film, es baut sich eine besondere Spannung auf.» Sich alleine zu Hause einen Film anzuschauen, sei zwar okay – Ablenkungen, vor allem das Smartphone, aber allgegenwärtig. Nicht so im Kino, wo unser treuer Begleiter in der Tasche bleibt. «Es entsteht eine Energie im Saal, die den Film viel intensiver macht. Das ist nur im Kino möglich.» Der Kinobesuch sei daher ein soziales Erlebnis. Davon hatten wir im Lockdown nicht viele.

Unterstreichen kann er seine Einschätzungen auch mit Zahlen. Als er den Standort Oftringen Anfang 2008 übernahm, konnte er die Kinoeintritte binnen dreier Jahre verdreifachen. Von 70 000 auf 210 000 Eintritte pro Jahr. Mittlerweile hat sich die Zahl der Kinobesucher bei rund 250 000 eingependelt. Das zeigt: Das Format Kino kann funktionieren.

007 kennt kein gutes Wetter

Im Kino ist Popcorn nach wie vor Trumpf. Vor oder nach dem Blockbuster darf es gerne auch ein Burger, ein Sandwich oder etwas frisch Zubereitetes aus dem Wok sein. Die Gastronomie im selben Gebäude wie das Kino unterzubringen, hat viele Vorteile. Überhaupt betont Kino­Koni, dass es ihm wichtig sei, den Menschen etwas zu bieten, auch Alternativen zum klassischen Kinobetrieb (vgl. Nebenartikel).

Fast alle Betriebe gehören zur youcinema AG, operieren aber weitgehend eigenständig. Diese Gastro­nomiebetriebe konnte KinoKoni am 11. Mai immerhin wieder öffnen. Der bereits vor der Corona-Krise eröffnete Streetfoodcourt war dazu ideal, bietet er doch viel Platz. «Es ist auch ein Zeichen», sagt er. Man müsse zeigen, dass man noch da sei.

Während die Gastronomie erste Gehversuche unternahm, herrschte in den vier Kinos noch bis am 6. Juni Sendepause. «Ich rechne mit einem Verlust von 1,1 bis 1,2 Millionen Franken allein im Bereich Kino.» Im April wäre der neue James Bond angelaufen, sagt KinoKoni mit etwas Wehmut in der Stimme. Dann kam der Plot twist im Real Life: Corona. Das traumhafte Wetter im April hätte niemanden vom Kinobesuch abgehalten. «Glauben Sie mir: Wenn ein guter Film läuft, spielt das Wetter keine Rolle.» Nun wurde die Premiere in den November verschoben. Das sei nicht dasselbe, denn in dieser Zeit würden auch sonst viele Blockbuster in die Kinos gespült.

«Wenn ein guter Film läuft, spielt das Wetter keine Rolle.»

Wehmut ja, Jammern nein. Die Situation mit den Schutzkonzepten sei umsetzbar. Da noch keine neuen Filme laufen, seien die Säle sowieso nicht prall gefüllt, das Einhalten der Schutzkonzepte – zwischen allen Gästegruppen muss ein Sitz leer bleiben – daher kein Problem. Konrad Schibli wäre nicht Kino­Koni, wenn er den Kopf in den Sand stecken und aufgeben würde. Der für seine Kreativität und innovativen Ideen bekannte Unternehmer hat noch einige Visionen auf Lager. Aktuell sorgt das Autokino für Aufsehen. Abstandsregeln sind da kein Problem. Es ist ein Ersatz für die vielen Open-Air-Kinos, welche in diesem Jahr dem Coronavirus zum Opfer fallen. «Wir haben eine sehr moderne LED-Leinwand», verspricht KinoKoni. Der Ton wird via UKW-Frequenz direkt ins Auto übertragen. Das Programm ist eine Mischung aus aktuellen Blockbustern und legendären Klassikern. Und KinoKoni verspricht: «Wird die Batterie müde, geben wir nach dem Film professionelle Starthilfe.»

Na dann, Film ab!

Adrian Uhlmann

www.youcinema.ch

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