Publiziert am: 24.03.2023

Die Meinung

600 000 KMU dürfen nicht vergessen gehen

Die Giga-Fusion der Schweizer Grossbanken Credit Suisse und UBS wirft national und international hohe Wellen. Es ist ein Koloss entstanden, der noch viel grösseren Risiken ausgesetzt sein wird, als es die untergegangene Credit Suisse war. Dass der Bundesrat zur Rettung einmal mehr auf Notrecht zurückgegriffen hat, ist unschön; es mag aber aus Zeitgründen notwendig gewesen sein. Dass die Rechte der Eigentümer und Aktionäre übergangen wurden, ist grundsätzlich inakzeptabel; doch ohne diesen Entscheid wäre deren Eigentum eventuell gar nichts mehr wert gewesen. Und es mag sein, dass die in aller Eile gefundene Lösung die beste aller schlechten Möglichkeiten darstellt. Wir wissen es nicht. Derzeit sind schlicht noch zu viele Fragen offen, und noch ist nicht klar, wohin die Reise geht.

Aus Sicht der Unternehmen ist aber heute schon klar: Weniger Auswahl bei den Banken heisst weniger Chancen, Geld zu guten Bedingungen ausleihen zu können. Zwar sind solide Schweizer Player wie Raiffeisen oder die Kantonalbanken schon heute die bedeutenderen Partner für Schweizer KMU, wenn es um Kredite geht. Dennoch steht fest: Weniger Bankinstitute heisst weniger Produktevielfalt, möglicherweise höhere Preise – und eine Chance weniger, dass KMU durch Einholen verschiedener Offerten zu besseren Konditionen zu Geld kommen können. Und dennoch kann die Fusion auch Chancen bergen: Skaleneffekte können dazu führen, dass – so hart das für die betroffenen Mitarbeiter insbesondere der CS heute sein mag –, die internen Kosten der neuen Bank verringert werden, sodass sie es sich leisten kann, bei der Vergabe von KMU-Krediten grosszügiger zu sein. Gleichzeitig kann die neue Bank ihre Risiken verringern, indem sie sich verstärkt wieder aufs Geschäft mit KMU-Krediten konzentriert.

Aus Sicht der Politik ist festzustellen, dass die Fusion zwar ordnungs- und regulierungspolitisch fragwürdig ist – aber eben eine Realität. Dass es neu nur mehr eine Grossbank, statt wie bisher zwei, gibt, wird es der Finma erlauben, endlich ihre Arbeit zu tun, indem sie sich auf die neue UBS konzentriert. Festzustellen ist weiter, dass die hochgelobte «Too big to fail»-Regelung bei der ersten (Nicht-)Anwendung schlicht versagt hat. Zeit also, sie zu überprüfen, bevor die nächste Krise ins Haus steht.

Aus Sicht des sgv ist einmal mehr festzustellen, dass mehr Regulierung nicht automatisch zu besseren Lösungen führt. Und es ist zu fragen, weshalb zwölf lange Jahre an einer Regulierung wie «Too big to fail» gearbeitet worden ist, wenn diese umfassende Regulierung dann gleich im ersten Test versagt. Falls tatsächlich die Zeit nicht ausgereicht hat, um sie anzuwenden, so war sie offensichtlich unbrauchbar. Sie hat weder präventiv gewirkt, also den Schaden verhindert, noch wirkt sie retrospektiv, indem sie den Schaden vermindert hätte. Sicher ist einzig: Mehr Regulierung heisst mehr Regulierungskosten, und diese werden wiederum den Kunden – in diesem Fall einmal mehr auch den KMU – überbürdet.

Die neue Megabank wird nicht nur international im Fokus bleiben. Auch in der Schweiz wird mit Argusaugen registriert, was sie tun oder lassen wird. Sicher tut sie gut daran, das Schicksal der 600 000 Schweizer KMU nicht aus den Augen zu verlieren. Die Bank – wie immer sie heissen wird – ist auf jeglichen Goodwill angewiesen. Indem sie auch KMU, und damit die wichtigsten Akteure auf ihrem Heimmarkt, unterstützt, kann sie diesen stärken. Tut sie es nicht, dürfte ihr Weg sehr steinig werden.

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