Publiziert am: 24.03.2023

Prävention? Bevormundung!

AWMP – Die Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik (AWMP) setzt sich gegen die Infantilisierung der Konsumenten und die Instrumentalisierung der Produzenten durch übereifrige Behörden ein. Jüngstes Beispiel sind die «freiwilligen» Massnahmen rund um den Zucker- und neu den Salzkonsum.

Wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in einer Mitteilung von Mitte Februar betont, soll nach dem Zucker nun auch das Salz Gegenstand einer künftigen Regulierung werden. Zucker steht bereits im Fokus von Massnahmen wie dem Nutri-Score, den der Schweizerische Gewerbeverband sgv als Bevormundung der Verbraucher betrachtet, oder der «Erklärung von Mailand», die versucht, die grossen Hersteller zusammenzubringen, um den Zuckergehalt ihrer Produkte zu senken. Die Gewerbezeitung berichtete wiederholt über diese überbordenden Regulierungen, welche nicht nur der Allianz für eine massvolle Präventionspolitik (AWMP) und den in ihr organisierten Branchen seit Langem ein Dorn im Auge sind.

Was heisst schon «freiwillig»?

Das Schlimmste an diesen bevormundenden Kampagnen und Massnahmen ist, dass sie nicht freiwillig sind und nicht von einem Markt ausgehen, der freiwillig auf die Produktion von weniger zuckerhaltigen Lebensmitteln ausgerichtet ist, sondern dass sie in Tat und Wahrheit Teil einer staatlichen Agenda sind, welche die Lebensmittelindustrie und die KMU im Lebensmittelsektor zunehmend unter Druck setzt.

Tatsächlich haben zahlreiche politische Versuche auf Bundes- und Kantonsebene die Akteure schliesslich dazu gebracht, sich scheinbar «freiwillig» – die Anführungszeichen betonen hier die eben nicht ganz so freiwillige Dimension dieser Art von letztlich aufgezwungenen Massnahmen – auf Reduktionsziele zu einigen.

Die Erklärung von Mailand führte dazu, dass der Zuckergehalt in Joghurts seit 2018 um fünf Prozent und in Getreide um 13 Prozent gesenkt wurde. Glücklicherweise lehnten sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat strengere Massnahmen gegen die Hersteller von zuckerhaltigen Getränken ab.

Durchschaubare Absichten

Die Absichten des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sind jedoch nicht schwer zu durchschauen. Dessen Vertreter, offenbar von einem Zwang zu einer scheinbar «besseren» und «gesünderen» Welt motiviert, versuchten erfolglos, in den Verhandlungen mit den privaten Akteuren, die Träger der Deklaration sind, Salzreduktionsraten auf den Tisch zu legen. Nach diesem Misserfolg erklärt die Verwaltung – ohne jeden Widerspruch zu dulden –, dass sie zu regulatorischen Massnahmen greifen werde.

Dazu ist Folgendes zu sagen: Zunächst einmal müssten die Behörden über eine Rechtsgrundlage verfügen, um in diesem Sinne tätig zu werden. Dies ist derzeit sicherlich nicht der Fall. Das BLV versucht lediglich, Druck auf die Akteure der Mailänder Erklärung auszuüben, damit sie sich – natürlich erneut «freiwillig» – zu einer Verringerung des Salzgehalts ihrer Produkte bereit erklären. Hier ist es leicht, die Farce zu erkennen, die solche Verhandlungen über die angebliche «Schuld» der Produzenten am Verhalten der Verbraucher auslösen.

Dumm, weil ungebildet?

Linke und grüne Kreise haben scheinbar den Eindruck, dass sie – wenn sie das in ihren Augen erdrückende Problem der Fettleibigkeit mit Steuern und Einschränkungen schon nicht erreichen –, dieses nun auf dem Verordnungsweg lösen können. Wenn man ihnen zuhört, handelt es sich vor allem um ein Bildungsproblem. Ganze Bevölkerungsschichten mit geringer Bildung würden sich ihre Gesundheit ruinieren, weil sie nichts von Ernährung verstünden. Das Ziel besteht demnach darin, diese Menschen dazu zu bringen, sich «besser» zu verhalten, damit sie endlich ein «gesundes» Leben führen können. Die Überlegung besteht also darin, zu glauben, dass sich die Verbraucher durch Aufklärung «richtig» ernähren werden. Und um dieses Ziel zu erreichen, muss man eben die Erzeuger angreifen. Soweit alles klar ...

Zwei Ziele in einem

Hinter dem scheinbar hehren Ziel – wer ist schon dagegen, dass es anderen Menschen gut, oder lieber noch: «besser» geht? – verbergen sich eindeutig zwei Ziele, die für ein eher liberales demokratisches politisches System gleichermassen abstossend sind. Das erste ist die Bevormundung der Verbraucher. Die Behörden, in diesem Fall durch das BLV repräsentiert, halten das Volk für aufklärungsbedürftige Menschen, die nicht wissen, was sie tun, und die deshalb von aufgeklärten Technokraten durchs Leben geführt werden müssen.

Da diese Behörden es nicht wagen, direkt auf unseren Tellern einzugreifen, beschliessen sie, quasi durch die Hintertür die Produzenten anzugreifen. Entsprechend lautet das zweite Ziel, die Hersteller zu disqualifizieren, indem diese mit der «Tatsache» in Verbindung gebracht werden, dass sie, wenn sie ihren Zucker- oder Salzgehalt nicht «freiwillig» senken wollen, die Verbraucher in einem Abhängigkeitsverhältnis halten – ohne Rücksicht auf deren Gesundheit. In diesem Narrativ geht es den Produzenten einzig um ihren Profit, so die «Analyse». Und glücklicherweise ist nach einer solch antikapitalistischen und damit unternehmerfeindlichen Logik der Staat da, um über das Korn zu wachen und die opportunistischen Unternehmen auf den rechten Weg zu bringen.

Eigenverantwortung? Nie gehört

Die Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik kritisiert solch fragwürdige Vorgehensweisen zum wiederholten Male scharf. Es ist nicht zu übersehen, dass der Staat bei diesem Tempo seine Vormundschaft über viele Bereiche des – doch eigentlich privaten – Lebens der Konsumenten auszuweiten versucht. Wo aber ist die Idee der Eigenverantwortung der Verbraucher noch zu finden? Sicherlich nicht beim BLV und seiner bevormundenden Beamtenschar.

Mikael Huber, Geschäftsführer AWMP

www.awmp.ch

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