Publiziert am: 03.03.2023

Die Meinung

Verordnungsveto ist einen Schritt weiter

Der Nationalrat hat in dieser Woche einer parlamentarischen Initiative von Mitte-Nationalrat und sgv-Präsident Fabio Regazzi stattgegeben. Mit 117 zu 70 Stimmen bei einer Enthaltung hat die Grosse Kammer entschieden: Das Parlament kann gegen Verordnungen des Bundes das Veto ergreifen. Damit ist ein ebenso altes wie wichtiges Anliegen auf Bundesebene endlich einen Schritt weiter gekommen.

Die Befürworter argumentierten, dass das Veto dem Parlament mehr Mitsprachemöglichkeiten gebe. Bei Verordnungen, die im Widerspruch zu den Absichten des Parlaments stünden, habe das Parlament derzeit keine Möglichkeit, rasch und wirkungsvoll einzugreifen.

Mit seinem deutlichen Ja zum Verordnungsveto folgte der Nationalrat der vorberatenden Staatspolitischen Kommission (SPK-N). Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S) hatte der Initiative in einer früheren Sitzung keine Folge gegeben. Sie muss sich nun noch einmal damit befassen.

Das Verordnungsveto soll den eidgenössischen Räten die Möglichkeit geben, zu bundesrätlichen Verordnungen ein einfaches Veto ohne Möglichkeit auf Abänderung einlegen zu können. Doch jedes Mal, wenn die Idee – aus guten Gründen notabene – wieder auf den Tisch kam, hat sich der Bundesrat dagegen gewehrt und auf sein Recht, Verordnungen zu erlassen, berufen. Das soll so bleiben, und dagegen ist überhaupt nichts einzuwenden. Doch das Parlament hatte immer konkrete Gründe dafür, ein Verordnungsveto zu fordern.

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es für Fälle, in denen der Bundesrat im Rahmen des Erlasses einer Verordnung über das Gesetz bzw. den Willen des Parlaments hinausgeht, ein Korrektur-Instrument braucht. In der Vergangenheit sind immer wieder Verordnungen erlassen worden, die nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprachen oder darüber hinausgingen. So wurde etwa bei der Verordnung über das Öffentliche Beschaffungsrecht das Einsichtsrecht in die Preiskalkulation vom Parlament aus guten Gründen gestrichen; im Verordnungsentwurf des Bundesrates war es – Wunder geschehen – entgegen dem klaren Willen des Gesetzgebers wieder drin. Ähnliches geschah bei der Verordnung zum neuen Datenschutzgesetz. Auch hier schoss der Bundesrat, schoss die Verwaltung mit einem klassischen «Swiss Finish» übers Ziel hinaus – mit durch die Hintertür erlassenen Regeln, die es im Gesetz gar nicht gab. Ein unwürdiges Schauspiel.

Zeit für eine Korrektur also. Dies hat eine klare Mehrheit des Nationalrats – im Wahljahr auch mit Blick auf die KMU – erkannt und sich, wenn auch gegen den Willen des Bundesrats, endlich für ein Verordnungsveto ausgesprochen. Gute Gründe auch für die Staatspolitische Kommission des Ständerats, auf ihren Entscheid zurückzukommen und sich in dieser Frage dem Nationalrat anzuschliessen.

Viele gute Argumente sprechen für die Einführung eines Verordnungsvetos – und damit für die Erfüllung eines Anliegens, das bereits seit mehr als 20 Jahren immer wieder Traktandum in Bundesbern ist. Ein Verordnungsveto kann eine präventive Wirkung entfalten, indem der Bundesrat stärker auf den Willen des Gesetzgebers wird achten müssen. Zudem kann mit dem Verordnungsveto Zeit gewonnen werden, weil eine erneute Gesetzesänderung viel länger dauern würde, mit einem Veto aber ein schnelleres Eingreifen ermöglicht wird. Und schliesslich wird durch die hohe Hürde einer Ratsmehrheit gewährleistet, dass das Verordnungsveto nicht missbräuchlich angewendet werden kann.

Weiterführende Artikel

Meist Gelesen