Publiziert am: 12.05.2023

Chance muss genutzt werden

SRG-INITIATIVE – Nach der Ablehnung der No-Billag-Initiative vor fünf Jahren und vielen gescheiterten Vorstössen im Parlament schlägt der Bundesrat bei der SRG einen bemerkenswerten Kurs ein. Er will eine Gesamtschau vor­neh­men. Der Schweizerische Gewerbe­ver­band sgv unterstützt dieses Vorgehen.

Die historisch knappe Annahme des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) am 14. Juni 2015 mit gerade mal 3000 Stimmen – fast alle Deutschschweizer Kantone hatten die Gesetzesvorlage des Bundesrates abgelehnt – hat zur Folge, dass seit 2019 bei den privaten Haushalten eine Mediensteuer in der Höhe von 335 Franken pro Jahr und bei den Unternehmen ab 500 000 Franken Jahresumsatz eine umsatzabhängige Mediensteuer zwischen 160 und 49 925 Franken erhoben wird. Eine Abmeldemöglichkeit für private Haushalte und Unternehmen, wie sie bis Ende 2018 bestanden hat, gibt es heute – abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen – nicht mehr.

No-Billag setzte einen Meilenstein

Knapp drei Jahre später, am 4. März 2018, stimmte der Souverän über die No-Billag-Initiative ab. Sie forderte, dass wer keine Programme der SRG konsumiert, nicht bezahlen muss. Mit der No-Billag-Initiative sollte die Mediensteuer ganz abgeschafft werden. Zwar scheiterte sie klar an der Urne, doch war sie Anlass für Eingeständnisse der SRG. Damals wie heute forderte der Schweizerische Gewerbeverband sgv grundlegende Reformen und eine Redimensionierung.

Neue Forderungen an die Adresse der SRG

Vor allem im Nationalrat sind in den letzten Jahren viele Vorstösse zu einem breiten Spektrum von Forderungen an die Adresse der SRG eingereicht worden. Gegenstand waren Service-public-Fragen, Kostentransparenz, das Gehalt des Generaldirektors, Produktionsstandorte und anderes mehr.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv fordert in erster Linie die Abschaffung der Mediensteuer für Unternehmen. Entsprechende Vorstösse von SVP-Nationalrat Gregor Rutz oder von Nationalrat und sgv-Präsident Fabio Regazzi (Die Mitte) fanden in der grossen Kammer eine Mehrheit, scheiterten aber letztlich immer im Ständerat.

Bundesrat will Gesamtschau

Nachdem es während und unmittelbar nach der Corona-Pandemie in den letzten Monaten eher ruhig um die SRG wurde, rückt sie jetzt wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Bundesrat hat am 26. April 2023 den Grundsatzentscheid getroffen, die heutige SRG-Konzession, die Ende 2024 ausläuft, zu verlängern. Am 7. September 2022 hatte er das UVEK beauftragt, die Arbeiten zur neuen Konzession an die Hand zu nehmen. Der jüngste Entscheid bedeutet auch, dass die Arbeiten an der neuen SRG-Konzession unterbrochen werden. Mit dieser Sistierung will sich der Bundesrat verschiedene Handlungsoptionen für das weitere Vorgehen offenhalten. Die Gesamtschau soll innert Jahresfrist vorgenommen werden. Offenbar entfaltet die Eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» Vorwirkung. Sie verlangt, dass die heute weltweit höchsten geräteunabhängigen Radio- und Fernsehgebühren von 335 Franken pro Haushalt und Jahr auf 200 Franken beschränkt werden. Sie fordert aber auch, dass juristische Personen, Personengesellschaften und Einzelunternehmen keine Mediensteuer mehr zahlen.

Erwartungen des sgv an die Gesamtschau zur SRG

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv beurteilt diesen Marschhalt als Schritt in die richtige Richtung. Noch am 7. September 2022 verkündete die damalige Medienministerin, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, «die unveränderte Höhe der Radio- und Fernsehabgabe und die Verlängerung der SRG-Konzession». Die Grundzüge der neuen Konzession ab 2025 hat damals der Bundesrat bereits festgelegt. So soll die SRG ihren Online-Auftritt stärker auf Audio- und audiovisuelle Inhalte ausrichten. Ausserdem soll sie ihren Transformationsprozess fortsetzen und dabei weiterhin Angebote bereitstellen, die sich an die gesamte Bevölkerung und alle Regionen des Landes richten.

Mit dem Marschhalt verknĂĽpft der sgv Erwartungen an den Bundesrat:

• Die Eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug! (SRG-Initiative)» ist in die Überlegungen zur Ausrichtung der künftigen SRG einzubeziehen. Konkret fordert der sgv die Abschaffung der Mediensteuer für Unternehmen, im Minimum aber die Befreiung aller KMU bis 250 Mitarbeitende.

• Insbesondere ist im Rahmen der laufenden Zunahme der Anzahl Haushalte die Serafe-Gebühr zu senken. Die Höhe der Einnahmen aus der Serafe-Gebühr ist auf dem Stand 2018 einzufrieren.

• Die im Zuge der No-Billag-Abstimmung 2018 durch die SRG gemachten Ankündigungen und Versprechungen finanzieller Einsparungen sind umzusetzen.

• In den Bereichen Unterhaltung und Sport soll sich die SRG noch stärker auf jene Bereiche fokussieren, die von privaten Anbietern nicht abgedeckt werden.

• Private Medien sind nicht noch stärker durch Online-Auftritte der SRG zu konkurrenzieren.

• Insbesondere sollen keine neuen Fördertatbestände für Online-Aktivitäten geschaffen werden. Die Ausdehnung von Subventionen auf Online-Aktivitäten ist eine Marktverzerrung. Für eine Ausdehnung des Service Public ins Internet fehlt eine entsprechende Verfassungsgrundlage.

Der vom Bundesrat beschlossene Marschhalt ist eine Chance, die es jetzt wahrzunehmen gilt.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

vgl. auch Seite 6

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