Publiziert am: 11.08.2023

Ein zweischneidiges Schwert

AUTOMOBILSTEUER – Eine neue Vorlage will Elektrofahrzeuge beim Import den Fahrzeugen mit hybridem sowie Verbrennungsmotor gleich­stellen. Die Einnahmen aus der Mine­ral­ölsteuer sollen dazu verwendet werden, den Bundeshaushalt zu unter­stützen. Der sgv sagt Ja zur Gleich­stel­lung der Fahrzeugarten – und klar Nein zur Zweckentfremdung von Geldern für die Strasseninfrastruktur.

Seit 1997 gibt es in der Schweiz eine Automobilsteuer von vier Prozent auf der Einfuhr von Autos. Elektrofahrzeuge sind davon befreit. Ziel war die Förderung der Elektromobilität in der Schweiz. Bereits bei der Einführung wurde beschlossen, dass die Befreiung nur so lange bestehen sollte, bis der Importanteil von Elektrofahrzeugen «gross» sei. Seit dessen Schaffung im Jahre 2018 fliessen die Einnahmen aus der Automobilsteuer in den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds, kurz NAF. Die Beiträge dienen der Finanzierung des Unterhalts und Ausbaus der Strasseninfrastruktur.

Gleichstellung von Elektro- und Verbrennungsmotoren

Mit einer neuen Vorlage will das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) die Steuerbefreiung der Elektrofahrzeuge ab 2024 aufheben. Dafür spricht einerseits, dass der Anteil der Elektroautos 2022 bereits 20 Prozent der importierten Fahrzeuge betrug. Ausserdem hat in den vergangenen Jahren die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen stark zugenommen. Beides weist in Richtung einer stabilen Entwicklung der Elektromobilität, welche ohne dieses Förderinstrument auskommen kann.

Ebenso wichtig sind die finanziellen Aspekte der Vorlage: Ein grösserer Anteil an Elektrofahrzeugen bedeutet sinkende Einnahmen aus Steuerabgaben (Automobil- und Mineralölsteuer). Dies bedeutet: Weniger Gelder für den NAF. Kombiniert mit den erwarteten Entnahmen in den kommenden Jahren ist damit eine Unterdeckung wahrscheinlich.

Mit den zusätzlichen Einnahmen aus der Unterstellung der Elektrofahrzeuge unter die Automobilsteuer kann ein Teil dieser Ausfälle kompensiert werden. Dadurch ist die langfristige Finanzierung des NAF gesichert.

Der sgv unterstützt die Vorlage – unter gewissen Bedingungen

Aus Sicht des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv ist es richtig, dass alle Nutzer der Infrastruktur zu deren Finanzierung beitragen. Wichtig ist auch, dass die Finanzierung des NAF auf lange Sicht hinaus gesichert ist. Denn die KMU-Wirtschaft ist angewiesen auf ein gutes Strassennetz. Ausserdem setzt sich der sgv – auch im vorliegenden Fall – für die Technologieneutralität ein und fordert, dass alle Antriebsarten gleichbehandelt werden.

Aus diesen GrĂĽnden unterstĂĽtzt der sgv die Aufhebung der Steuerbefreiung von Elektrofahrzeugen im Grundsatz. Allerdings fĂĽhrt dies auch zu einem Kostenanstieg fĂĽr Unternehmen aus der Automobilimportbranche, welche aufgrund der Steuer mit einer Verteuerung der Fahrzeugpreise rechnen mĂĽssen. Um negative Folgen zu verhindern, fordert der sgv, dass die Aufhebung der Steuerbefreiung degressiv ausgestaltet wird, sodass Elektrofahrzeuge erst ab 2028 mit dem vollen Satz von vier Prozent besteuert werden.

Zweckentfremdung inakzeptabel

Zusätzlich zum Thema der Automobilsteuer will das EFD das strukturelle Defizit das Bundeshaushalts abfedern, indem die Einnahmen, welche aus der Mineralölsteuer in den NAF fliessen (zehn Prozent der Mineralölsteuer), temporär auf ein Minimum gekürzt werden. Doch Achtung: Diese Einnahmen sind zweckgebunden und dienen über den NAF der Strassenfinanzierung. Diese nun stattdessen in die allgemeine Bundeskasse fliessen zu lassen, stellt eine Zweckentfremdung dar. Hinzu kommt, dass der Bahninfrastrukturfonds künftig zusätzliche Gelder erhalten soll, während die Mittel für die Strasseninfrastruktur gekürzt werden. Folglich wird die Bahn der Strasse vorgezogen, was einer Umverteilung der Gelder gleichkommt. Im Sinne der freien Wahl des Verkehrsmittels kritisiert der sgv dieses Vorgehen aufs Schärfste!

Doch nicht nur im Sinne der Zweckentfremdung und Umverteilung lehnt der sgv diese Massnahme ab. Denn sie steht auch im Widerspruch zur obgenannten Begründung für die Unterstellung der Elektrofahrzeuge unter die Automobilsteuer: Man wolle das Finanzierungsgefäss NAF sichern. Mit einer Kürzung der Einlage aus der Mineralölsteuer würde dieses Ansinnen jedoch gleich wieder unterlaufen. Kommt dazu: Die Kürzung ist umso gravierender, als dass die Mineralölsteuer für den NAF eine wesentlich bedeutendere Einnahmequelle darstellt als die Automobilsteuer. Daher sagt der sgv ganz klar Nein zur Kürzung der Einlage aus der Mineralölsteuer in den NAF.

Michèle Lisibach,

Ressortleiterin sgv

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