Publiziert am: 17.11.2023

Die Meinung

Schluss mit Giesskanne

Eine Giesskanne kann ganz praktisch sein. Mit geringem Aufwand kann in Kürze flächendeckend gegossen werden. Dass dabei die eine oder andere Pflanze etwas zu viel des Guten abbekommt, spielt bei uns meist keine Rolle.

Herrscht Wasserknappheit, muss gezielter vorgegangen werden. Hier muss bewusst darauf geachtet werden, dass jede Pflanze nur so viel Nass abbekommt, wie sie effektiv benötigt. Das ist zwar etwas anstrengender. Dafür erreicht man mit beschränktem Mitteleinsatz ein Maximum an Wirkung.

Bei der AHV herrscht Knappheit. Geldknappheit! Nicht unmittelbar, aber klar absehbar. Aufgrund des im letzten Jahr erlittenen Verlusts von 2,7 Milliarden Franken ist der Kapitalbestand der AHV unter die vom Gesetz geforderten 100 Prozent gesunken. Die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze per Anfang 2024 wird die AHV-Finanzen wieder etwas aufbessern. Das reicht aber nicht weit. Ab 2030 wird wieder mit Defiziten gerechnet, die sehr bald ein erschreckendes Ausmass erreichen werden.

Was ist bei einer klar absehbaren Finanzknappheit angesagt? Ein haushälterischer Mitteleinsatz. Sprich ein Verzicht auf jede unnötige Zusatzausgabe. Und Anstrengungen, um die Mittel gezielt dort einzusetzen, wo sie die grösste Wirkung erzielen.

Was wollen die Gewerkschaften? Sie wollen die AHV-Renten markant erhöhen. Flächendeckend, nach dem Giesskannenprinzip. Mittels einer Volksinitiative wird plakativ eine 13. AHV-Rente verlangt. Kurzfristig hätte dies jährliche Mehrausgaben von viereinhalb Milliarden Franken zur Folge. Die AHV würde unverzüglich Milliardenverluste verbuchen.

Ist ein AHV-Ausbau im geforderten Ausmass angebracht? Nein! In der Schweiz gibt es keine generelle Altersarmut. Das Gros der Schweizer Altersrentner verfügt über ausreichend grosse Einnahmen, um ihre materiellen Bedürfnisse abdecken zu können. Die Minderheit der Rentner, die nicht über ausreichende Einnahmen aus AHV sowie zweiter und dritter Säule verfügt, hat Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Es ist daher gewährleistet, dass die Grundbedürfnisse aller Rentner finanziell abgesichert sind.

Nicht nur das Ausbaubegehren ist widersinnig, sondern vor allem die geforderte Ausgestaltung. Denn die Gewerkschaften verlangen einen Ausbau nach dem Giesskannenprinzip. Konkret hätte das zur Folge, dass Stand heute die monatliche AHV-Rente der Bedürftigsten um 94 Franken erhöht würde. Einstige Einkommensmillionäre, die in der Regel über Ersparnisse und eine gute BVG-Rente verfügen, erhielten zusätzliche 188 AHV-Franken. Was für eine unsinnige Geldverschwendung!

Was für ein Instrumentarium drängt sich auf, wenn man den wirklich bedürftigen Rentnern zu mehr Einkommen verhelfen will? Ganz klar: die Ergänzungsleistungen. Diese werden bedürfnisgerecht ausgerichtet. Es wird erst einmal genau geschaut, wie viel Geld jemand braucht, um ein würdiges Leben führen zu können. Dann wird abgeklärt, welche Mittel bereits zur Verfügung stehen. Und die Differenz wird dann ausgeglichen. Will man einkommensschwachen Rentnern zu einem Supplement verhelfen, erhöht man daher am besten deren Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Der erzielte Nutzen pro eingesetztem Franken ist hier mit Abstand am höchsten. Willkommener Nebeneffekt: Ergänzungsleistungen müssen nicht ins Ausland exportiert werden. Das macht sie noch wirkungsvoller.

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