Publiziert am: 19.01.2024

Zwischen Hightech und Handwerk

HÄNSELER ALUGUSS GMBH – In der Aluminiumgiesserei in Bürglen/TG wird teilweise noch das alte Handwerk des Metall-giessens im Kokillen-Giessverfahren praktiziert. Auf der anderen Seite wird das KMU stetig modernisiert, um dem Impuls des Markteszu folgen. Von der Beratung bis zur Entwicklung der Produkte haben Qualität, Zuverlässigkeit und Innovation höchste Priorität.

Die Aluguss GmbH ist ein Traditionsbetrieb, wo Handwerk und moderne Produktionsprozesse einander ergänzen. In der Thurgauer Alugiesserei wird das Giessen von Hand noch täglich praktiziert. «Wir giessen täglich Gussteile in Stahlformen – im sogenannten Kokillen-Giessverfahren», erklärt Geschäftsführer Ruedi Hänseler. Er führt das Unternehmen seit rund zehn Jahren in der dritten Generation. Der gelernte Konstrukteur hat während seiner Ausbildungszeit diverse Herstellungsverfahren kennengelernt. «Da ich in der Giesserei aufgewachsen bin, kenne ich dieses Verfahren schon von klein auf. Um noch das theoretische Wissen zu vertiefen, habe ich einen CAS-Lehrgang in Giessereitechnik an der Fachhochschule Nordwestschweiz absolviert.» Das Traditionsunternehmen wurde von seinem Grossvater Johann Hänseler gegründet. Er hat damals die Dorfschmitte aus Stettfurt übernommen und dort auch Beschläge aus Aluminium gegossen.1972 wurde der Betrieb von seinem Vater Peter Hänseler übernommen. Er hat die Produktepalette ergänzt mit Werkzeugen für den Eisenwarenhandel und auch angefangen, Teile nach Kundenwunsch in Aluminium zu produzieren. «In den letzten zehn Jahren habe ich vor allem den Bereich von hochwertigem Guss weiter gestärkt. So konnten wir zum Beispiel ein Projekt für Beleuchtungen der Rollwege und Pisten auf Flughäfen gewinnen», sagt Ruedi Hänseler. Auch komplexe Teile für die Druckluftversorgung, welche bei 15 bar druckdicht sein müssen, werden erfolgreich produziert, geprüft und montagefertig geliefert. «Wir setzen in erster Linie auf Qualität. Da die Gussteile immer wieder produziert werden können, haben wir auch die Möglichkeit, uns stetig noch weiter zu verbessern. Zudem unterstützen wir unsere Kunden mit Fachwissen, bereits bei der Entwicklung von Bauteilen», erklärt der Junior-Chef das Erfolgskonzept. «Das Wichtigste für uns sind die Kunden. Sie sollen Teile in höchster Qualität erhalten, damit auch die Zufriedenheit zu einer langfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit führt.» Das Alugiessen von Hand ist eine immer seltenere Technik geworden. In den letzten Jahren haben einige Mitbewerber in der Schweiz den Betrieb eingestellt – dies meistens wegen fehlender Nachfolge. Es gibt jedoch noch einige Firmen in der Schweiz , die dieses Handwerk pflegen. «In der Vergangenheit haben wir jedoch mehrheitlich die Zusammenarbeit mit anderen Giessereien gesucht, um sich gegenseitig zu helfen.

«Je nach Gussteil produzieren wir 20 bis 600 Stück pro Tag.»

Die grösste Konkurrenz liegt für uns im Ausland», betont Hänseler und doppelt nach: «Durch die tieferen Löhne ist es schwierig, mit den Preisen mitzuhalten. Nach unserer Erfahrung haben die ausländischen Unternehmen in der Regel jedoch nicht denselben Qualitätsstandard wie die Schweizer Betriebe.»

Altes Handwerk mit viel Fingerspitzengefühl

Die Thurgauer Alugiesser bieten das Giessen von hochwertigen Gussteilen als Dienstleistung an. Zudem produziert das KMU als weiteres Standbein ein eigenes Sortiment von Beschlägen und Werkzeugen, welches über den Eisenwarenhandel verkauft wird oder teilweise auch von Onlinehändlern wie zum Beispiel Galaxus. Hänseler Aluguss bietet zudem für Protypen oder Serienanfertigungen eine kompetente Beratung und unterstützt ihre Kunden auch bei der Entwicklung von Teilen. «In der Vergangenheit konnten wir bereits Projekte umsetzen, bei denen uns der Kunde nur das Problem und die Schnittstellen zur Verfügung gestellt hat. Die Lösung haben wir komplett ausgearbeitet und umgesetzt», so Hänseler.

Eine Spezialität des Hauses ist das Kokillen-Giessverfahren. Dabei wird das flüssige Aluminium unter Wirkung der Schwerkraft in metallische Dauerformen (Kokillen) gegossen. Durch die hohe Wärmeleitfähigkeit dieser Kokille erfolgt eine beschleunigte Abkühlung der erstarrenden Schmelze. Dadurch ergibt sich ein feinkörniges, dichtes Gefüge mit sehr guten Festigkeitseigenschaften. «Das Giessen von Hand ist hier von Vorteil, weil wir schneller zu einer anderen Kokille umstellen können. Man hat so auch ein besseres Gefühl für das flüssige Metall», erklärt der Fachmann. Aluguss erfordert viel Know-how, über das die Thurgauer Spezialisten seit Jahren verfügen. Vieles lässt sich bei der Herstellung von Gussteilen berechnen, anderes erfordert ganz einfach grosse Erfahrung. Eine sorgfältige und vorsichtige Arbeit im Umgang mit flüssigem Metall ist dabei essenziell – insbesondere im Zusammenspiel mit anderen Flüssigkeiten wie Wasser: «Wenn Wasser in das flüssige Metall gelangt, führt das zu einer schlagartigen Verdampfung, was eine explosive Reaktion verursacht.» Daher ist die persönliche Schutzausrüstung der Mitarbeitenden unabdingbar. Als Erstes benötigt man für die Herstellung immer ein Gusswerkzeug, die Kokille. Die Form-Herstellung dafür dauert je nach Grösse und Komplexität zwischen fünf und acht Wochen. Danach werden die Teile gegossen. «Dort kommt es wiederum auf die Geometrie und die Menge an, wie viel Zeit es in Anspruch nimmt. Je nach Gussteil produzieren wir 20 bis 600 Stück pro Tag.»

Moderne Hightech-Produktion bis zum 3D-Druck

Auf der anderen Seite produziert das KMU auf modernen Anlagen und Maschinen bei externen Partnern: «Wir haben Bauteile, welche zum Beispiel auf 5-achsigen CNC-Fräsmaschinen mechanisch bearbeitet werden. Bei diesem Arbeitsvorgang ist es sehr wichtig, dass die Teile immer gleich sind. Da wir verschiedene Einflüsse haben, ist es wichtig, auch hier immer sauber und genau zu arbeiten.» Manchmal wird bei neuartigen Produkten ein Prototyp gewünscht, der dann zu Ansichts- und Testzwecken verwendet wird. «Wir drucken dann beispielsweise eine Sandform in 3D. Der Vorteil dabei ist, dass wir so bereits Hinweise für das Verhalten bei der Erstarrung erhalten», stellt Hänseler fest. Das Unternehmen produziert für viele verschiedene Branchen wie Maschinen-, Fassaden-, Metall- und Fahrzeugbau, Beleuchtungshersteller, Medizinal-, Sicherheits-, Hochspannungs- oder auch Kommunaltechnik. «Unsere Kunden sind zum Beispiel Hersteller für Beleuchtungen oder Befeuerungen auf Flughäfen. Weiter gehören auch Bahnbauer oder Hersteller von Fahrleitungen dazu.»

«Wir schmelzen das Metall elektrisch, was sehr energie-intensiv ist. Deshalb sind die Kosten für uns stark gestiegen.»

Für den Geschäftsführer und seine Mitarbeitenden haben Qualität und Zuverlässigkeit oberste Priorität: «Unsere Kunden müssen wissen, dass die Teile in Ordnung sind, wenn sie angeliefert werden. Wenn trotzdem etwas nicht passt, haben wir durch unsere kompakte Betriebsstruktur die Möglichkeit, schnell zu reagieren.» Qualität bedeutet für den Geschäftsleiter, dass der Guss bis in die Struktur hochwertig ist. Weiter sollen die Teile nicht nur funktional, sondern auch optisch gut aussehen. Aber auch Innovation spielt eine grosse Rolle im Betrieb: «Wir müssen beim Herstellprozess immer wieder innovativ sein, um die Taktzeiten bei der Produktion tief zu halten. Das ist für uns einer der grössten Kostentreiber.»

Die grösste Herausforderung liegt aktuell bei den ständig steigenden Preisen, insbesondere beim Strom. «Wir schmelzen das Metall elektrisch, was sehr energieintensiv ist. Deshalb sind die Kosten für uns in den letzten Monaten in einem extremen Ausmass gestiegen.» Ebenso waren die Kosten für das Rohmaterial in den vergangenen zwei Jahren sehr schwankend. «Sämtliche Preisanstiege müssen wir immer wieder unseren Kunden weitergeben, was anstrengend und zeitintensiv ist.» Für die Zukunft wünscht sich Hänseler einen stabilen Auftragsbestand und ein gesundes Wachstum. «In den nächsten Monaten werden wir eine Qualitäts-Zertifizierung nach ISO 9001 umsetzen. Dadurch erhoffen wir uns eine stabile Entwicklung unserer Firma.» Corinne Remund

www.aluguss-swiss.ch

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