Die Verordnung über Fernmeldedienste soll revidiert werden. Vor allem sollen die Mobilfunknetze und -dienste bei Störungen der Stromversorgung besser verfügbar sein. Das bezeichnet die Verwaltung als «Härtung». So weit so gut. Wer könnte etwas dagegen haben, die Telefonie zu stärken? Die Frage ist einzig, wie das geschehen soll.
Die Verwaltung scheint es zu wissen – und nimmt ein Mikromanagement vom Feinsten vor. Wie das Bundesamt für Kommunikation es selbst zugibt: «Die neuen Bestimmungen beschreiben die betreffenden Störungen der Stromversorgung, legen fest, welche Fernmeldedienste dabei zu erbringen sind, sowie deren geografische und zeitliche Verfügbarkeit.» Das Amt meint also, alle Details der Zukunft zu kennen und den Umgang damit jetzt schon planen zu können.
Einmal alle 30 Jahre
Dabei gehen die Zentralplaner des Bundes von zwei extrem unwahrscheinlichen Ausnahmefällen aus. Im ersten kommt es zu einer kon-trollierten Netzabschaltung aufgrund einer Strommangellage. Die Annahme hier: Vier Stunden ohne Strom, gefolgt von acht Stunden mit Strom, dies an 14 aufeinanderfolgenden Tagen. Im zweiten Szenario kommt es zu einem ungeplanten Stromausfall. Bis zu 72 Stunden bleiben bis zu 1,5 Millionen Personen ohne Strom.
Solche Szenarien sind extrem selten. Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz werden sie circa alle 30 Jahre erwartet. Aktuell dauern ungeplante Stromausfälle in der Schweiz durchschnittlich sieben Minuten, und sie kommen pro Energieversorger etwa alle sieben Jahre vor. Solche kurzen Ausfälle sind bei den bestehenden Mobilfunkbetreibern mit der bestehenden Härtung des Netzes grösstenteils abgedeckt.
Batterien und Aggregate
Was müssten diese Betreiber aber tun, um den Szenarien der Zentralplaner zu genügen? Es ist kein Witz: Der Bundesrat sieht bei den Antennenstandorten Batterien mit einer Laufzeit von vier Stunden vor, bei 35 Prozent der Standorte fest installierte und bei den restlichen 65 Prozent der Standorte mobile Diesel-Notstromaggregate. Letztere wären im Krisenfall zu den von einem Stromausfall betroffenen Standorten zu transportieren.
Ist das überhaupt umsetzbar? Im Fall eines Stromausfalls in einem Gebiet mit bis zu 1,5 Millionen Personen sämtliche Mobilfunkanlagen innerhalb von 4 Stunden an Notstromaggregate anzuschliessen und während den folgenden 72 Stunden zu betreiben, wäre eine logistische Aufgabe immensen Ausmasses. Allein die dafür benötigte Menge an ständig verfügbar zu haltenden Fahrzeugen ist enorm.
Lasterbatterie: Marsch!
Der Bund geht in seiner Regulierungsfolgeabschätzung von 1000 Lastwagen aus, die für den Fall eines Stromausfalls ständig bereitzuhalten wären – und dann alle rund 30 Jahre zum Einsatz kommen. Dazu bräuchte es entsprechend geschultes Personal, regelmässige Tests und Notfallübungen. Weil viele Mobilfunkanlagen nicht oder nur schlecht mit Lastwagen zu erreichen sind, müssten die mobile Notstromaggregate mit PKW-Anhängern verteilt werden. Das Gleiche dürfte für das Nachtanken gelten.
Der logistische Aufwand und die nötigen personellen und materiellen Ressourcen würden sich damit weiter drastisch erhöhen. Erfahrungsgemäss müssen mobile Notstromaggregate, die im Freien stehen, zudem nach spätestens 24 Stunden im Einsatz gegen Diebstahl und Vandalismus gesichert werden. Und dann gibt es noch die Frage der Bewilligungen, und, und, und…
Die Probe aufs Exempel
Die Vorlage zeigt wieder einmal exemplarisch, mit welch unglaublicher Realitätsferne oft reguliert wird. In panischer Angst vor einem sehr unwahrscheinlichen Fall wird realitätsfremd festgelegt, was Wirtschaftstreiber zu tun haben. Ob diese Pläne machbar sind und wie viel sie kosten, scheint die Verwaltung nicht zu interessieren. Deswegen ist die «Härtung» des Mobilfunks weder spannend noch technokratisch. Sie ist einfach nur falsch.
Henrique Schneider