Publiziert am: 19.04.2024

Totalschaden vermeiden

KOSTENBREMSE-INITIATIVE – Die Kostenbremse-Initiative ist nichts anderes als eine Rationalisierungsinitiative, die zur Überregulierung des schon heute stark regulierten Gesundheitswesens und unweigerlich zum Abbau der eh schon angeschlagenen Versorgungsqualität führen würde.

«Operation gelungen, Patient tot»: So könnte, bezogen auf die Arzneimittel-Grundversorgung, dereinst das Fazit lauten, sollte die Kostenbremse-Initiative angenommen werden und damit der Druck auf Generika- und Biosimilars-Preise verstärkt und die schon angespannte Versorgungslage weiter verschärft werden. Die Leidtragenden wären vor allem Patientinnen und Patienten.

Der absolut falsche Weg

Auch wenn man auf die Bremse tritt, kann man an die Wand fahren. Genau dies wäre das Schicksal, welches die Medikamentengrundversorgung im Falle einer Annahme der Kostenbremse-Initiative wohl erleiden würde. So viel vorweg – wir bei Intergenerika unterstützen mit allen zu verantwortenden Mitteln die Bestrebungen vom Bund und BAG/EDI bei der Dämpfung der Gesundheitskosten. Bei diesem Vorhaben den Hebel bei den Generika- und Biosimilars-Preisen weiter anzusetzen, nachdem per 1. Januar 2024 erneute kostenhemmende Massnahmen für Generika und Biosimilars in Kraft gesetzt wurden, ist jedoch der absolut falsche Weg.

Medikament ist nicht gleich Medikament

Bei Arzneimitteln gilt es zwischen den hochpreisigen, patentgeschützten Medikamenten und den Nachahmermedikamenten, den Generika, zu unterscheiden. Diese Kopien sind den Originalen absolut gleichwertig und unterliegen den gleichen Kontrollen seitens der Behörden.

Generika, die heute praktisch die gesamte Grundversorgung abdecken, sind einem enormen Preisdruck ausgesetzt, was mitunter zu den sich immer weiter zuspitzenden Versorgungsengpässen geführt hat. Davon betroffen sind vor allem die Generika im Tiefpreissegment, d. h. mit Preisen unter 25 Franken. Bei diesen Medikamenten handelt es sich in 90 Prozent der Fälle um Arzneimittel, die von der Grundversicherung erstattet werden – sprich um solche, die mit einem von der Behörde administrierten Preis versehen sind. Dies schliesst praktisch alle Therapiegebiete mit ein, wobei in bestimmten Fällen, wie den Antibiotika, die Situation dramatische Folgen haben kann. So titelte die NZZ schon vor vier Jahren: «Antibiotika-Mangel: Billigpreispolitik trifft kranke Kinder.» Trotz der Erkenntnis, dass vor allem Patienten unter der verfehlten Dumping-Politik leiden, hält der Bund den Druck auf die Generika-Preise unvermindert hoch.

Ursachen der Unterversorgung

Die Ursachen der Versorgungsengpässe sind mannigfaltig, wobei das Grundproblem für alle Medikamente das gleiche ist: Seit Jahren haben die Gesundheitsbehörden versucht, die Kostenentwicklung im Medikamentenbereich unter Kontrolle zu halten. Entsprechend haben sie alle zum gleichen Mittel gegriffen und die Preise der Nachahmermedikamente massiv nach unten gedrückt.

Die wirtschaftlichen Folgen bei den Herstellern folgten der betriebswirtschaftlichen Logik: Marktkonsolidierung mit immer weniger Anbietern, keine Investition in neue Produktionsanlagen und Verschiebung der Produktion in Billiglohnländer – mit der Konsequenz des Verlusts der Resilienz der Lieferketten. Es bedarf minimer Ereignisse wie einer Veränderung der Nachfrage, einem Ausfall einzelner Hersteller, Grenzschliessungen oder neuen Epidemien, um diese komplett zu destabilisieren.

Vor diesem Hintergrund ist es völlig unverständlich, dass das EDI und das BAG per 1. Juli ein neues Vertriebsmargenmodell für Medikamente einführen, welches gesamthaft zu Einsparungen führen soll, jedoch die Preise der günstigen Arzneimittel (Fabrikabgabepreis unter 15 Franken) massiv erhöhen wird.

Mehr Regulierung bei weniger Qualität

Mit dem immensen Preisdruck auf die generischen Medikamente setzt man den einzigen Hebel, mit dem man eine Kostendämpfung im Gesundheitswesen erreichen kann, aufs Spiel. Die Kostenbremse-Initiative ist nichts anderes als eine Rationalisierungsinitiative, die zur Überregulierung des schon stark regulierten Gesundheitswesens und unweigerlich zum Abbau der eh schon angeschlagenen Versorgungsqualität führen würde. Zudem sind durch einen noch grösseren Preisdruck verheerende Auswirkungen auf die Medikamente der Grundversorgung zu erwarten. Deshalb ein klares NEIN zur Kostenbremse-Initiative!

Lucas Schalch, Geschäftsführer Intergenerika

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