Publiziert am: 03.05.2024

Hehres Ziel, verfehlter Ansatz

KOSTENBREMSE-INITIATIVE – Unser Gesundheitswesen braucht Reformen. Brechstange und Vorschlaghammer sind aber fehl am Platz. Deshalb lehnt der Schweizerische Gewerbeverband sgv die Kostenbremse-Initiative entschieden ab.

Kontinuierlich steigende Krankenkassenprämien sind ein Ärgernis. Nicht nur für Privathaushalte, sondern auch für Unternehmer. Die eigenen Ausgaben steigen, die Kaufkraft der Konsumenten schwindet. Beides schmerzt.

Aus diesem Grund wünschen sich auch viele KMU, dass das Prämienwachstum bei den Krankenkassen eingedämmt werden kann. Genau das verlangt die Kostenbremse-Initiative. Sie will, dass die Prämien in der Grundversicherung nicht mehr stärker steigen als die Nominallöhne. Wird dieses Ziel spürbar verfehlt, müssen in letzter Instanz Bund und Kantone einschreiten und die Kosten entsprechend senken. Ist das sinnvoll und machbar? Wohl kaum.

Zwei wichtige Kostentreiber

Im Gesundheitswesen gibt es zwei massgebliche Kostentreiber, die sich nicht einfach ausschalten lassen. Der eine ist die Demografie. Die höchsten Gesundheitskosten fallen naturgemäss im Alter an. Und die Zahl unserer älteren Mitmenschen steigt nun mal überdurchschnittlich stark an. Unser Gesundheitswesen verspürt damit die gleichen Symptome wie unsere Altersvorsorge: stark steigende Kosten aufgrund der Demografie. Niemandem kommt es in den Sinn, von der AHV zu verlangen, dass ihre Ausgaben nur noch parallel zum Nominallohnwachstum ansteigen dürfen. Warum hält man das im Gesundheitswesen für möglich?

Der zweite wichtige Kostentreiber ist der medizinisch-technische Fortschritt. Etliche Erkrankungen, die früher zum sicheren Tod führten, sind heute heilbar. Das ist ein Segen. Gleichzeitig treibt dies aber auch die Kosten in die Höhe. So ist etwa die Entwicklung neuer Medikamente mit enormen Forschungskosten verbunden, die unweigerlich auf die Verbraucher überwälzt werden müssen. Wollen wir weiterhin von stetig wirksameren Medikamenten und Behandlungsmethoden profitieren, kommen wir nicht darum herum, auch den entsprechenden Preis dafür zu bezahlen.

Kosten sparen – aber wie?

Wie lassen sich im Gesundheitswesen Kosten einsparen? Durch die Beseitigung von Ineffizienzen, sagen die Initianten. Dumm nur, dass sich solche Ineffizienzen kaum richtig ausmachen lassen. Sonst hätte man sie ja längst beseitigt.

Damit kann man faktisch nur beim Preis und/oder bei der Menge ansetzen. Klar, Preissenkungen – oder auch «bloss» verweigerte Preiserhöhungen – helfen, die Kosten zu senken. Zumindest vordergründig. Preissenkungen wirken sich aber praktisch ausnahmslos negativ auf die Qualität aus. Und sie können zur Folge haben, dass Produkte oder Leistungen nicht mehr angeboten werden. So etwa der Fall im Generikamarkt, wo viele Heilmittel vom Markt verschwunden sind, weil sie nicht mehr kostendeckend verkauft werden konnten. Das zum Leidwesen der Patienten, die nicht mehr das für sie geeignetste Medikament einnehmen können. Und die Kosten sinken auch nicht wirklich, wenn man aufgrund fehlender Generika auf meist teurere Alternativen ausweichen muss.

Bleiben noch Mengenbeschränkungen. Mengenbeschränkung heisst aber in jedem Fall Rationierung und damit Unterversorgung. Und es heisst auch Zweiklassenmedizin. Muss rationiert werden, können nur noch Patienten mit teuren Zusatzversicherungen sicher sein, dass sie in den Genuss der Behandlungen und an Medikamente kommen, die sie effektiv benötigen. Ein Teil der Grundversicherten wird leer ausgehen. Das kann ein Weg sein. Aber ist es wirklich der Weg, den Herr und Frau Schweizer wollen?

Keine weiteren Staatseingriffe

Gut gemeint, schlecht gedacht: So lautet das Fazit zur Kostenbremse-Initiative. Reformen in unserem Gesundheitsweisen sind unabdingbar. Eine Flut weiterer Staatseingriffe, Rationierungen und eine Zweiklassenmedizin sind aber der falsche Weg. Es braucht deutlich stärkere Anreize für einen kostenbewussteren Umgang mit medizinischen Leistungen. Und es braucht neben dem Blick auf die Kosten auch einen deutlich stärkeren Fokus auf die Qualität. Die Gesundheit ist unser wichtigstes Gut. Unsere medizinische Versorgung darf etwas kosten. Aber sie muss qualitativ gut und wirksam sein.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

www.nein-zur-kostenbremse.ch

Meist Gelesen