Publiziert am: 07.06.2024

Genuss pur aus der oberen Surselva

SECHENTARIA DA CARN PALLY– Die hervorragenden Fleischprodukte und Würste der Metzgerei Pally in Curaglia sind weit über die Grenzen der Surselva bekannt und geschätzt. In der Fleischtrocknerei reift das Medelser Bündnerfleisch, Rohessspeck, Rohschinken und eine Vielzahl köstlicher Würste. Momentan wird der Betrieb umgebaut – dann folgt der Stabwechsel zur zweiten Generation.

Es herrscht emsiges Treiben in der Fleischtrocknerei in Curaglia in der oberen Surselva im Kanton Graubünden. Ivo Pally ist beladen wie ein Packesel. Auf jeder Schulter trägt er Holzstangen, an denen Trockenwürste hängen. Die Würste werden von einem Trockenraum in einen anderen umgehängt, in dem die Luftfeuchtigkeit etwas höher ist. «Wir stecken momentan mitten im Umbau und haben unsere alten Trocknungsräume in ein Provisorium verlegt», erklärt Ivo Pally. Ende Juli sollte die Totalsanierung abgeschlossen sein. «Dann haben wir mehrere kleine Trocknungsräume, die technisch alle dem neusten Standard entsprechen, sodass jedes gewünschte Klima individuell eingestellt werden kann. Dann müssen wir unser Fleisch nicht mehr mühsam umhängen», sagt Beno Pally. Und sein Sohn ergänzt: «Neu werden unsere Trocknungszellen mit CO2 anstelle von Kältemitteln betrieben.»

«Bei uns hat schonende Verarbeitung von qualitativ hochwertigem Fleisch oberste Priorität.»

Nach einer Lehre als Metzger in der Metzgerei Lozza in Disentis und Anstellungen bei diversen Metzgereien machte der Vater sich zusammen mit seiner Frau Bina in Curaglia selbstständig. Seit 1988 betreiben sie ihre Fleischtrocknerei in den alten Lokalitäten der ehemaligen Konsumgenossenschaft mitten im Dorf. Die ursprüngliche Briefträgerin aus Lumbrein war in Chur als Fleischverkäuferin tätig. Dabei lernte sie ihren zukünftigen Mann kennen. Der Betrieb wuchs kontinuierlich und erlangte in den nun über 30 Jahren nationale Bekanntheit. «Besonders gefragt sind unsere zahlreichen hausgemachten Wurstsorten sowie auch unser Trockenfleisch», sagt Beno Pally. Eigentlich wäre er schon im Ruhestand, aber er hilft noch tatkräftig im Betrieb mit. «Wir beliefern wöchentlich verschiedene Dorfläden in der Surselva sowie diverse Marktfahrer», so Ivo Pally. Nach seiner Kochlehre sattelte er zum Metzger um und stieg direkt nach Lehrabschluss in den Familienbetrieb ein und arbeitet bereits seit zehn Jahren mit seinen Eltern zusammen. «Neben der Produktion schlachten und zerlegen wir für die Biobauern in der Region ihre Kälber. Und im Herbst während der Jagd zerlegen und verpacken wir das Wild der einheimischen Jägerinnen und Jäger», konkretisiert er.

Fleisch aus der Region

Hauptgeschäft sind Würste – darunter so typische Spezialitäten wie die Kartoffel- oder die Randenwurst. Beides klassische Bündner Würste, die noch an die Zeit erinnern, als die armen Bergbewohner sich nur wenig Fleisch leisten konnten und daher die Würste mit dem, was in der Gegend wuchs wie Randen oder Kartoffeln, strecken mussten. Doch wer diese Würste einmal probiert hat, wird feststellen, dass sie alles andere als ein Arme-Leute-Essen sind. «Andugel, Kartoffelwurst, Leberwurst, Medelser- und Hirschwürste sind heute immer noch die gefragtesten Geschmacksrichtungen.» Bereits 15 verschiedene Sorten haben Pallys derzeit ständig im Angebot. Vater und Sohn experimentieren aber stetig weiter. «Wir produzieren rund zehn bis zwölf Tonnen pro Jahr.»

Fest in der Firmenphilosophie der Fleischtrocknerei Pally verankert sind Qualität, Frische, Regionalität und Nachhaltigkeit: «Bei uns hat die sorgsame und schonende Verarbeitung von qualitativ hochwertigem Fleisch oberste Priorität.» Und der Senior doppelt nach: «Wichtig ist uns, dass das verarbeitete Fleisch aus der regionalen Landwirtschaft und der heimischen Hochjagd stammt, damit es später in bester Qualität auf den Teller gelangt.» So kaufen Pallys Rind-, Geiss-, Schaf- und Lammfleisch vorwiegend in der Region ein.» «Leider haben wir kein lokales Schweinefleisch», bedauert der Junior.

«Ein grosser Teil der Arbeit besteht aus Handarbeit.»

Zu Beginn ist die Aufzucht in der Region eine der wichtigsten Grundlagen für gesundes Fleisch. «Damit ersparen wir dem Tier den Transportstress. Viele Tiere sind sich gewohnt, mit dem Kleinanhänger auf die Alp zu fahren», weiss Beno Pally. Die Tiere verspeisen von Weide zu Weide die saftigen Kräuter. «Dies liefert uns die Grundlage unserer Produkte.» Ein weiterer Schwerpunkt für gesundes Fleisch ist die korrekte Lagerung. «Durch eine fachgerechte Lagerung wird das Fleisch zart und aromatisch», so Beno Pally, und sein Sohn doppelt nach: «Wir achten bei der Rezeptur darauf, dass das sogenannte Konservierungsmittel – Salz und Zucker – stimmt. Beim Geschmack sind wir frei.» Mit der Verarbeitung von regionalen Naturprodukten agieren Pallys nachhaltig und fördern damit indirekt auch die Biodiversität.

Wie die langjährige, treue Stammkundschaft zeigt, stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hotels, Restaurants, Marktfahrer und Privatpersonen gehören zu ihren Kunden. Sie bestellen per Mail oder Telefon. Die Ware wird oftmals per Post zugestellt. Zurzeit beschäftigen Pallys vier Vollzeit- und vier Teilzeitangestellte. Die grösste Herausforderung ist momentan der Umbau und der Fachkräftemangel. «Ein grosser Teil der Arbeit besteht aus Handarbeit. Genügend Personal zu finden, ist sehr schwierig.» Hinzu kommt, dass die Branche unter einem unbeständigen Stern steht und die Zukunft daher ungewiss ist. Ein grosser Meilenstein für Beno und Bina Pally, die beide im Pensionsalter sind, ist der bevorstehende Generationenwechsel: «Wir haben so viel Herzblut und Engagement in unseren Betrieb gesteckt. Daher freuen wir uns sehr, dass wir unser Lebenswerk unserem Sohn übergeben können.» Notabene einen Betrieb, der nach dem Umbau auf der Höhe der Zeit ist.

Corinne Remund

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