«Diese Vorlage wird nicht nur durch die bürgerlichen Fraktionen, die Wirtschaft und verschiedenen Interessensgruppen unterstützt, sondern liegt im Interesse aller Verkehrsteilnehmer.» Das sagte sgv-Präsident Fabio Regazzi an der Medienkonferenz der Allianz «JA zur Sicherung der Nationalstrassen», welche sich für ein JA am 24. November an der Urne einsetzt. Das Volk stimmt dann über sechs Teilprojekte ab, welche Engpässe beseitigen und den Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen verbessern.
«Diese Vorlage liegt im Interesse aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer.» Fabio Regazzi
Mobilität benötige Infrastruktur, gab der Unternehmer zu bedenken. «Schiene und Strasse. Beide müssen unterhalten werden. Beide sind wichtige Puzzlesteine im Verkehrsnetz der Schweiz. Von einem gut funktionierenden Nationalstrassensystem profitieren wir alle.»
Keine Belastung der Steuerzahler
Der Mitte-Ständerat erklärte, dass für den Bund Unterhalt und Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen ein Dauerthema seien. Die Vorlage, über welche im November abstimmt wird, sei Teil des Strategischen Entwicklungsprogramms für die Nationalstrassen, kurz STEP.
Das Parlament hatte im vergangenen September fünf vom Bundesrat vorgeschlagenen Engpassbeseitigungsprojekten breit zugestimmt und ein weiteres in der Romandie hinzugefügt. Konkret handelt es sich um die Projekte Wankdorf-Schönbühl (BE), Schönbühl-Kirchberg (BE), Rosenbergtunnel St. Gallen, Rheintunnel in Basel sowie Fäsenstaubtunnel in Schaffhausen. In der Romandie ist die Engpassbeseitigung zwischen Genf und Nyon in Planung.
Die Hälfte der sechs Projekte sind Tunnellösungen. «Projekte also, die ganz besonders platzsparend sind», erklärte Regazzi. Er erläuterte, dass die Finanzierung unabhängig vom ordentlichen Bundeshaushalt erfolge. Weder die allgemeine Bundeskasse noch die Steuerzahler werden also zusätzlich belastet. Bei den Nationalstrassen stammen die Mittel aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Gespiesen wird dieser Fonds durch die Strassenbenützer.
Über 60 Jahre alt
Unternehmerin und sgv-Vorstandsmitglied Diana Gutjahr stellte fest: «Staus führen zu hohen Kosten und belasten die ganze Schweiz. Stecken Arbeitskräfte im Stau fest, können sie ihre Arbeit nicht erledigen und fehlen dort, wo sie gebraucht werden. Nämlich auf der Baustelle oder beim Kunden zu Hause.»
«Ich sitze hier auch als besorgte Mutter eines Kindes.» Diana Gutjahr
Diese Verzögerungen in den Lieferketten verteuerten die Produkte oder führten gar dazu, dass Aufträge gar nicht mehr ausgeführt werden können, sagte die Thurgauer SVP-Nationalrätin. «Allein auf den Nationalstrassen verursachen Engpässe heute jährlich Kosten von rund 1,2 Milliarden Franken – auf dem gesamten Strassennetz von sogar 3 Milliarden Franken. Deshalb brauchen wir dringend eine gezielte Engpassbeseitigung.»
KMU-Chefin und Mutter
KMU-Unternehmerin Gutjahr betonte, dass gerade für Gewerbetreibende die Staus auf den Nationalstrassen ganz besonders schädlich seien. «Denn wir können zum Beispiel nicht einfach auf den Gütertransport auf der Schiene umsteigen. Und die Kosten, die entstehen, können wir weniger gut abwälzen als die grossen Firmen.» Auch die Feinverteilung nach dem Schienentransport sei weiterhin ungelöst.
Gutjahr verband diese eindrücklichen Zahlen mit einem Einblick in ihren Alltag: «Wir wohnen zurzeit noch in einem ruhigen Quartier, aber auch bei uns zeigt sich das Phänomen ‹Schleichweg›.» Pendler also, welche auf den Achsen Stau befürchten und ausweichen. «Ich sitze hier auch als besorgte Mutter eines Kindes, das bald einmal in den Kindergarten gehen und sich mit seinen Gspänli im Quartier zum Spielen treffen wird.»
Beispiel Nordumfahrung Zürich
Peter Goetschi, der Zentralpräsident des Touring Club Schweiz (TCS), betonte, dass eine gut ausgebaute Infrastruktur den Verkehrsfluss und damit die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer verbessere. Nach dem Ausbau der Nordumfahrung in Zürich seien die Unfälle um fast 75 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig werde das angrenzende Strassennetz entlastet und der Ausweichverkehr in Städten und Gemeinden reduziert, was auch innerorts die Sicherheit verbessere – nicht zuletzt für Velofahrer und Fussgänger (vgl. auch Seite 21).
Die Konzentration des Verkehrs auf die dafür ausgebauten Achsen verbessert zudem die Lärm- und Abgasbelastung in den Ortschaften.
«Bis 2050 soll der Motorisierte Individualverkehr auch dank der Elektrifizierung klimaneutral werden.» Peter Goetschi
Und die Umweltbilanz durch den motorisierten Individualverkehr wird sich weiter verbessern: «Bis 2050 soll er, auch dank der Elektrifizierung, klimaneutral werden», sagte Goetschi. Die sechs geplanten Engpassbeseitigungsprojekte – unter ihnen drei Tunnel – seien sehr flächeneffizient. «Insgesamt acht Hektaren Fruchtfolgeflächen werden dafür aufgewendet. Das entspricht rund elf Fussballfeldern, die zugunsten der Landwirtschaft vollständig kompensiert werden müssen.»
Öffentlicher Verkehr profitiert
Der Bündner Mitte-Nationalrat Martin Candinas betonte, dass die Nationalstrassen ein zentrales Puzzlestück im Verkehrsnetz der Schweiz seien.
«Wird Ausweichverkehr in die Städte und Dörfer verhindert, wird damit Der strassengebundene öV entlastet.» Martin Candinas
Ein grosser Teil der Personen- wie auch der Gütertransporte sei darauf angewiesen. Als Präsident der LITRA, des Informationsdiensts für den öffentlichen Verkehr, setze er sich seit jeher für leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen und attraktive öffentliche Verkehrsangebote ein. Wie beim Bahnausbau unterstützte er deshalb auch die geplanten Projekte für das Nationalstrassennetz. Die Engpassbeseitigungen kämen auch dem öffentlichen Verkehr zugute. Werde Ausweichverkehr in die Städte und Dörfer verhindert, werde damit auch der strassengebundene ÖV entlastet.
90 000 Fahrzeuge täglich
Christophe Reymond, der Generaldirektor des Centre Patronal, richtete seinen Blick auf die Region Waadt-Genf. Die Mobilitätsbedürfnisse in der Genferseeregion seien stark gestiegen. Täglich verkehrten dort 90 000 Fahrzeuge, während die A1 zwischen Lausanne und Genf nur für 20 000 Fahrzeuge ausgelegt worden sei.
«Die Mobilitäts-bedürfnisse in der Genferseeregion sind stark gestiegen.» Christophe Reymond
Wenn die STEP-Vorlage abgelehnt werde, werde die Zahl der Staus in den nächsten Jahren explodieren. Dies würde nicht nur die Verkehrsteilnehmer beeinträchtigen, sondern auch die Wirtschaft und damit zahlreiche Arbeitsplätze.
Minuten entscheiden
Der Berufsfeuerwehrkommandant und Baselbieter SVP-Landrat Martin Karrer gab einen Einblick in die Praxis. «Für die Rettungskräfte ist Zeit entscheidend.» Wenn die Rettungskräfte bei der Anfahrt im Stau stünden, gingen viele Minuten verloren, welche über Leben oder Tod entscheiden könnten. Auf überfüllten Strassen sei es für Verkehrsteilnehmer schwierig, eine genügend breite Rettungsgasse zu bilden.
«auf Staustrecken ereignen sich überdurchschnittlich viele Unfälle.» Martin Karrer
«Engpässe, bei denen sich bereits ohne Unfall häufig Stau bildet, sind ein zweifaches Sicherheitsrisiko», so Karrer. «Erstens behindern sie, wie eben geschildert, die Durchfahrt der Rettungskräfte, und zweitens ereignen sich auch gerade auf Staustrecken überdurchschnittlich viele Unfälle.» Obwohl die Nationalstrassen 41 Prozent des gesamten Strassenverkehrs und 74 Prozent des Strassengüterverkehrs auf sich konzentrieren, finden nur 14 Prozent der Unfälle auf ihnen statt. Aus Sicherheitsgründen bestünde ein grosses Interesse daran, dass der Verkehr auf den Nationalstrassen bleibe und nicht in die Ortschaften ausweiche.
sgz
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