Werde ich als Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv gefragt, wo zurzeit bei den KMU der Schuh am meisten drückt, ist meine Antwort stets dieselbe: Es sind die vielen, unnötigen Regulierungen, welche hohe Kosten verursachen. Insgesamt betragen die Kosten jährlich zehn Prozent des Bruttoinlandproduktes, das entspricht 70 Milliarden Franken. Die Biodiversitätsinitiative ist ein Paradebeispiel für unnötige und überbordende Regulierung. Die Forderungen der Initiative beschränken sich nicht auf Flächen und Strukturen ausserhalb der Bauzone. Nein, es sind auch die übrigen Siedlungsgebiete und somit auch die dort ansässigen KMU betroffen. Jeder Aus- und Umbau eines KMU-Betriebes würde so unweigerlich mehr Abklärungen, Verzögerungen und administrative Kosten nach sich ziehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, die KMU und die Wirtschaft wehren sich keinesfalls per se gegen Massnahmen zur Erhaltung der Biodiversität. Es sollten jedoch Massnahmen sein, die leistungsorientiert, effizient und an die jeweilige Situation anpassbar gestaltet sind. Da gemäss der Initiative jedoch die Umsetzungshoheit neu nicht mehr bei den Kantonen, sondern beim Bund liegen soll, ist keine Flexibilität mehr möglich.
Starre Raster bringen aber weder die Natur noch die Wirtschaft weiter. Es muss möglich sein, dass insbesondere auf lokaler Ebene alle Teile der Gesellschaft zusammenarbeiten. Nur so können wirksamere Massnahmen zur Erhaltung der Tier- und Pflanzenwelt ergriffen werden. Es ist nicht notwendig, grosse Verbote zu erlassen, die noch nichts da-rüber aussagen, was man konkret tun will, um aussterbende Arten zu erhalten. Die Biodiversitätsinitiative ist gut gemeint, aber schlussendlich ein Papiertiger, dessen Umsetzung zu einer schlechten Kosten-NutzenBilanz führen würde.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Die Biodiversitätsinitiative ist ein gefährlicher Papiertiger. Die Energiekrise hat gezeigt, wie sehr die KMU auf eine genügende Stromversorgung angewiesen sind. Mit der Annahme des Stromgesetzes hat die Schweiz einen Schritt nach vorne in Richtung nachhaltige und sichere Energieversorgung gemacht. Die Folgen einer Annahme der Biodiversitätsinitiative wären zwei Schritte zurück. Das ist weder eine Klima- noch eine Energiepolitik, die nachhaltig ist. Das ist auch Missachtung des Willens der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, welche mit fast 70 Prozent Zustimmung ein klares Votum abgebeben haben. Es ist der unmissverständliche Wunsch nach sauberem und sicherem Strom aus der Schweiz – für mehr Versorgungssicherheit, mehr Klimaneutralität und weniger Abhängigkeit vom Ausland.
Eine Annahme der Biodiversitätsinitiative würde dem Stromgesetz abrupt den Stecker ziehen. Denn die Initiative würde strikte Vorgaben und strenge Spielregeln festlegen, die unsere bisherigen Anstrengungen untergraben, und die vielen Ausbauprojekte für mehr Winterstrom zum Stillstand bringen. Wir können es uns nicht leisten, diese positiven Entwicklungen rückgängig zu machen und so unsere Versorgungssicherheit aufs Spiel zu setzen.
Wir müssen diesem schädlichen Papiertiger am 22. September die Zähne ziehen und die Initiative an der Urne versenken. Dies insbesondere auch zum Wohle der KMU!