Konsequent dagegenhalten!
Beharrlichkeit zahlt sich aus: Seit dem 6. August zahlen Händler weniger Gebühren, wenn ihre Kundinnen und Kunden mit Debit-Karten zahlen. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hatte diese Senkung gefordert und Druck ...
RAOUL EGELI – Derzeit gehen in der Schweiz sehr viele Firmen in Konkurs. Der Präsident des Schweizerischen Gläubigerverbands Creditreform empfiehlt, die Kreditwürdigkeit eines Vertragspartners vor dem Abschluss des Geschäfts zu prüfen. Und er kritisiert, dass sich die Politik zu wenig für die Gläubiger einsetzt.
Raoul Egeli: Aufgrund relativ tiefer Forderungsverluste über Jahrzehnte wurde das Debitorenmanagement vielfach vernachlässigt. Forderungen aus Lieferung und Leistung sind in der Firmenbilanz von hoher Bedeutung. Werden sie nicht konsequent realisiert, gerät jedes Unternehmen in Schieflage. Seit drei Jahren rollt eine Konkurswelle über die Schweizer Unternehmenslandschaft, und dies ist eine Herausforderung für viele Betriebe. Zudem setzt sich die Politik zu wenig für die Gläubiger ein. Die gerade bei Lieferantenkrediten so wichtige Bonitätsprüfung wird dauernd hinterfragt und sollte gar eingeschränkt werden. Bei der jüngsten Revision des Datenschutzgesetzes gelang es nur mit intensivem Einsatz für die Gläubiger, dies zu verhindern.
Sie sind eine Notwendigkeit. Unternehmen mit mangelnder Ertragskraft verzerren den Markt, weil sie primär mit der Sicherung ihres kurzfristigen Überlebens beschäftigt sind. Dies oft mit marktverzerrenden, tiefen Preisen.
Die Covid-19-Massnahmen des Bundes waren sinnvoll, aber sie haben tatsächlich so mancher konkursreifen Firma nur eine unnötige Schonfrist gewährt. Mehr als 70 000 Unternehmen haben diese Kredite noch nicht zurückbezahlt. Die russische Invasion in der Ukraine, die hohen Energiepreise, die Inflation mit steigenden Kosten für den Lebensunterhalt machen es der Wirtschaft seither zusätzlich schwer. Da kommt einiges zusammen.
Konkurse sind nur die Spitze des Eisbergs. Bevor ein Unternehmen oder eine Privatperson in die Insolvenz rutscht, haben viele Gläubiger bereits einen Haufen Geld verloren. Das liegt leider auch an den rechtlichen Rahmenbedingungen. Sie erschweren die Durchsetzung einer Forderung. Für kleinere Beträge sind die Kosten der Betreibungs- und Konkursämter viel zu hoch, und bei grösseren Summen ist die Durchsetzung meistens nicht sinnvoll, weil für die Beseitigung des Rechtsvorschlags eine handschriftliche Schuldanerkennung vorliegen muss. Das erhöht die Gefahr ganz wesentlich, schlechtem Geld gutes in Form eines hohen Kostenvorschusses für die Konkurseröffnung hinterherzuwerfen. Das führt dazu, dass Unternehmen noch lange weiter existieren, obwohl sie konkursreif sind.
Gleich Null! 58 Prozent der Konkursverfahren werden mangels Aktiven eingestellt, weitere 40 Prozent im summarischen Verfahren erledigt. Und die übrigen zwei Prozent werden fast ausschliesslich widerrufen. Es bleiben schweizweit ein Dutzend Konkurse, die in einem ordentlichen Verfahren abgewickelt werden, in aller Regel ausseramtlich. Die durchschnittliche Konkursdividende liegt bei unter drei Prozent. Bei einem Kostenvorschuss von 5000 Franken lohnt sich die Eröffnung eines Verfahrens statistisch erst bei einer Forderung von 150 000 Franken. Es macht deshalb kaum mehr Sinn, auf die Behördenverfahren zu setzen. Ich empfehle, solche Forderungen frühzeitig professionellen Dienstleistern wie Creditreform zu übergeben. Noch wichtiger sind präventive Massnahmen wie unsere Bonitätsauskünfte, damit ein Inkasso gar nicht nötig wird.
Es gilt, das Problem an der Wurzel zu packen und die Kreditwürdigkeit eines Vertragspartners vor dem Abschluss des Geschäfts zu prüfen. Denn faktisch handelt es sich bei jedem Lieferantenkredit, also, wenn auf Rechnung geliefert wird, um einen Blankokredit. Creditreform stellt für die Bonitätsprüfung die notwendigen Informationen online zur Verfügung, um diese Entscheidung schnell treffen zu können und im Zweifelsfall etwa nur auf Vorauskasse zu liefern. Und noch etwas: Es liegt auch in der Verantwortung der Unternehmen, eine unnötige Verschuldung der Konsumenten zu verhindern. Privatpersonen mit Zahlungsproblemen dürfen, auch im Eigeninteresse, nicht mehr auf Kredit beliefert werden. Viele Konsumenten suchen dann einfach weiter, so lange, bis sie ein Unternehmen finden, das sich auf ein Geschäft auf Rechnung einlässt. Es macht aber keinen Sinn, zahlungsunfähige Kunden der Mitbewerber zu übernehmen.
Viele Unternehmen denken, dass sich eine Bonitätsprüfung nur bei grösseren Beträgen auszahlt. Das stimmt nicht. Ein kurzer Bonitätscheck ist immer angebracht, gerade, weil sich bei kleinen Forderungen eine Betreibung ja gar nicht lohnt. Geht man von einer fünfprozentigen Umsatzrendite aus, beträgt der Gewinn bei einer Forderung von 250 Franken gerade mal 12.50 Franken. Das Betreibungsamt verlangt für die Ausstellung eines Zahlungsbefehls 33.50 Franken, weit mehr als das Doppelte. Und da sind die eigenen Aufwendungen für das Mahnwesen noch gar nicht berücksichtigt. Das zeigt, dass es sich immer lohnt, die Bonität vorgängig zu prüfen, denn die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls sinkt damit rapide. Das kann ohne Weiteres ein bis zwei Umsatzprozente ausmachen.
Die Bonitätsprüfung ist im anonymen Onlinehandel noch wichtiger geworden. Die meisten Kunden wünschen eine Zahlung auf Rechnung. Diese kann nur bei ausreichender Bonität gewährt werden. Sie muss sehr schnell erfolgen, sofort nach der Erfassung der Kundendaten und vor dem eigentlichen Zahlungsprozess. Im Zweifelsfall gilt der Grundsatz: Vorauskasse oder Verzicht auf eine Lieferung.
Hinzu kommen weitere Risiken wie etwa der Identitätsmissbrauch oder andere Betrugsmaschen. Auch hier helfen wir mit unseren Prüfprozessen. Die Bezahlung auf Rechnung ist auch für den Konsumenten sehr wichtig. Denn nur so bleibt er Herr über den Lieferprozess. Wir kennen ja all die Fälle, bei denen jemand im guten Glauben eine Vorauszahlung leistet, aber von der Ware nichts sieht. Hier müsste der Konsument eigentlich die Bonität des Lieferanten prüfen.
Neben der Prüfung der Kreditwürdigkeit mit Creditreform sollte jedes Unternehmen auch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen so ausgestalten, dass die vom Schuldner verursachten Aufwendungen für den Forderungseinzug auch durchgesetzt werden können. Dies beinhaltet Punkte wie Mahngebühren, Erstattung der Aufwendungen des Gläubigers aus dem Zahlungsverzug – den «Verzugsschaden», aber auch den Verzugszins.
Jeder Konkurs, den ein Unternehmer zu verantworten hat, hinterlässt Spuren, die dessen Bonität einschränken. Deshalb setzen die ursprünglich Verantwortlichen gegen Entgelt sogenannte Konkursreiter ein, die als Strohmänner, im Jargon «Bestatter» genannt, die Firma in den Konkurs fahren und auch noch zusätzlich Waren bestellen, die sie nie bezahlen und dann weiterverkaufen. So bereichern sie sich gleich doppelt. Mit der Bonitätsprüfung bei Creditreform lassen sich, dank der ausgeklügelten Analysen der Konkurse der Betroffenen, diese unsauberen Machenschaften erkennen.
Wenn ich mit gewissen Exponenten spreche, dann habe ich schon fast das Gefühl, dass die Bestellung auf Rechnung ein Recht des Konsumenten sei. Dabei ist es doch der Lieferant, der einen Blankokredit gewährt und im Umkehrschluss auch die Möglichkeit haben muss, die Kreditwürdigkeit des Vertragspartners zu prüfen. Dieses Recht darf nicht noch mehr eingeschränkt werden. Hierfür setzen wir uns als Creditreform ein.
Das ist leider so. Die Rechte der Gläubiger werden vernachlässigt. Jedes Unternehmen, das gegen Rechnung liefert oder Dienstleistungen erbringt, trägt das Risiko eines Forderungsausfalls. Das Obligationenrecht kennt den Grundsatz des Zug-um-Zug-Geschäfts. In der Realität übernimmt aber immer eine Vertragspartei das Ausfallrisiko, sei es der Anbieter mit seiner Lieferung gegen Rechnung oder der Kunde, der eine Vorauszahlung leisten muss. Es geht nicht darum, Unternehmen per se zu schützen, sondern sie in der Rolle des Gläubigers zu unterstützen, um das legitime Recht, die Bonität der Kundschaft zu überprüfen, wahrzunehmen.
Bauchweh bereiten mir die regulatorischen Anforderungen, die den Unternehmen aufgebürdet werden. Im Vordergrund steht für mich, dem Gläubigerschutz mehr Rechnung zu tragen. Hierfür setze ich mich seit Jahren ein. Unternehmen sind leider nicht stimmberechtigt, was deren Wahrnehmung als Gläubiger in der Politik schmälert. Wenn die Firmen aber nicht darauf bauen können, dass ihre Rechnungen auch bezahlt werden, fehlt ein zentrales Element im Geschäftsleben: das Vertrauen. Im Gegenzug ist es falsch, wenn die Firmen die Forderungsverluste einfach in den Preis mit einberechnen und damit die zahlenden Kunden bestrafen.Interview: Rolf Hug
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