Publiziert am: 04.10.2024

Sozialpartner viel enger einbeziehen

Krise – Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass die Krisenorganisation des Bundes verbessert werden kann. Im Rahmen einer Vernehmlassung hat der sgv Position bezogen und eine entscheidende Forderung gestellt.

In der Verordnung über die Krisenorganisation der Bundesverwaltung werden die Eckwerte für eine zukünftige Krisenorganisation festgelegt. Bei zukünftigen komplexen und vielseitigen Krisen soll ein politisch-strategischer Krisenstab unter Leitung des federführenden Departements gebildet werden.

Das federführende Departement kann einen operativen Krisenstab einsetzen. Um ein ganzheitliches und überdepartementales Krisenmanagement sicherzustellen, das rasch einsetzbar ist und systematisch erfolgt, soll ein permanenter Kernstab eingerichtet werden.

Aus den Erfahrungen lernen

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt die Idee einer Krisenorganisation und beurteilt den Verordnungsentwurf und die Installierung einer Krisenorganisation des Bundes als Schritt in die richtige Richtung, fordert aber aus den Erfahrungen der Coronakrise, dass die Sozialpartner (Dachverbände der Arbeitgeberschaft und der Gewerkschaften) viel enger einbezogen und in der Verordnung explizit genannt werden.

Der sgv, aber auch andere Sozialpartner, waren während der ganzen Coronakrise enge Partner und Ansprechpartner der Bundesverwaltung und der einzelnen Departemente, insbesondere des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF in den Fragen der Arbeitsmarktpolitik (z. B. Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung), des Eidgenössischen Departements des Innern EDI (z. B. in den Fragen der Gesundheitspolitik und der Sortimentsgestaltung bei der Schliessung der Läden) und des Eidgenössischen Finanzdepartements EFD (z. B. in den Fragen der Finanzpolitik und der Coronakredite).

Aus diesen Erfahrungen fordert der sgv einen viel engeren und expliziten Einbezug der Sozialpartner in die Krisenorganisation des Bundes. Dies gilt insbesondere für den operativen Krisenstab.

Wesentlicher Anteil

Währenddem die Kantone und die Wissenschaft in der Verordnung explizit verankert werden, fehlen die Sozialpartner gänzlich oder könnten allenfalls unter «Dritten» gemeint sein, was nicht genügt. Die Sozialpartner haben 2020 bis 2022 einen wesentlichen Anteil zur Bewältigung der Coronakrise geleistet, was heute überhaupt keine Rolle mehr zu spielen beziehungsweise vergessen gegangen scheint.

Die Erkenntnisse und Erfahrungen im Nachgang zur Krise sind durch Bundesrat, Bundesverwaltung, Eidgenössische Finanzkontrolle und Parlament, aber auch durch den Schweizerischen Nationalfonds eingeholt und festgehalten worden, zum Beispiel im Bericht vom 22. Juni 2022 zur «Auswertung des Krisenmanagements der Bundesverwaltung in der Covid-19-Pandemie» (2. Phase / August 2020 bis Oktober 2021) oder im Rahmen des Nationalfondsprojekts NFP 78. Zumindest diese Erkenntnisse sollten in eine künftige Krisenorganisation einbezogen werden. Zwar werden in den Erläuterungen zum Verordnungsentwurf die einschlägigen Berichte zitiert, daraus resultierende Erkenntnisse in Bezug auf die Sozialpartner fliessen aber nicht in den Verordnungsentwurf ein.

Silodenken vermeiden

Eine Krisenorganisation kann sich aber nicht nur an vergangenen Krisen (wie der Coronakrise) orientieren, sondern soll auch künftige Herausforderungen antizipieren.

«Dass der Nachrichtendienst des Bundes mit keinem Wort Erwähnung findet, wertet der sgv als Versäumnis.»

Diesbezüglich sind einige allgemeine Überlegungen zur Organisation angebracht. Wird die Leitung der Krisenorganisation einem «federführenden» Departement überlassen, besteht eine gewisse Gefahr eines Silodenkens. Es ist kaum eine Krise vorstellbar, in welcher «eine unmittelbare und schwere Gefahr für Staat, Gesellschaft oder Wirtschaft droht», die nicht alle Departemente betrifft. Es stellt sich deshalb die Frage, ob eine fallweise Zuweisung der Verantwortung an ein Departement Sinn macht. Kantone und Sozialpartner sollten frühzeitig in die Planung zur Krisenbewältigung einbezogen werden. Das gilt ebenso für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Dass er mit keinem Wort Erwähnung findet, wertet der sgv als Versäumnis. Der NDB, je nach Lage auch der MND (Militärischer Nachrichtendienst) und die NAZ (Nationale Alarmzentrale), müssen ebenfalls Teil der Krisenorganisation sein.

Ob es auf Stufe Departement und Verwaltungseinheit auch noch Krisenstäbe braucht, ist zu prüfen. Auf jeden Fall darf es nicht zu einem Wildwuchs kommen. Was gänzlich im Verordnungsentwurf fehlt, sind Vorgaben für die Ausbildung der Stäbe und die Vor- und Nachbereitung von Übungen und Einsätzen. Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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