Publiziert am: 08.11.2024

Labor der Staatsvergötterer

Verwaltung – Der Staat solle «mutiger und offener» werden. So will es das «Staatslabor», welches die öffentliche Hand berät. Konkret fördert es damit die Allmacht der Verwaltung. Und neue Regulierungen – mit all ihren negativen Folgen für KMU.

Es nennt sich «Staatslabor» und hat seinen Sitz an der Bundesgasse in Bern – in Gehdistanz zu Politik und Verwaltung. Es führt aber nicht etwa chemische Analysen durch, sondern da wird an nichts Geringerem als an der «Verwaltung der Zukunft» getüftelt. «Wir unterstützen den Staat dabei, kollaborativer, mutiger und offener zu werden, damit dieser im digitalen Zeitalter der Gesellschaft dienen kann.» So wirbt die «Denkfabrik», wie sie von einigen Medien bezeichnet wird, schönfärberisch auf ihrer Internetseite (www.staatslabor.ch).

Was «offener und mutiger» bedeutet, wird erst auf den zweiten Blick klar. Da ist zum Beispiel das Projekt namens staatsBox. Dieser «Design Thinking - Werkzeugkasten» (sic!) soll es Staatsangestellten ermöglichen, «Innovationstechniken kennenzulernen und kreative Lösungen zu entwickeln». Das «Staatslabor» führt dazu auch Weiterbildungen durch.

Rückmeldungen lassen tief blicken

Abgesehen von der komplizierten Sprache sind dabei vor allem die Rückmeldungen der Teilnehmer interessant. Denn diese lassen teils tief blicken. Eine Projektleiterin der Stadt Zürich berichtet etwa – schön gendergerecht –, dass das Programm ihr das Werkzeug geboten habe, «meine Idee zielgerichtet und strukturiert zu schärfen, um die Entscheidungsträger:innen vom Potenzial meines Projekts zu überzeugen und mit an Bord zu holen».

«KMU sind (auch) von diesen Regulierungen überproportional betroffen.»

Ein anderer, doch etwas anmassender Angestellter der Limmatstadt hält fest, dass ihm das Programm die Möglichkeit gegeben habe, selbstständig eine Idee weiterzuentwickeln, die ihm sehr am Herzen liege, und somit «Unternehmer in der eigenen Organisation» zu werden. «Ähnlich wie ein Start-up am Markt muss sich auch eine Idee innerhalb der Stadtverwaltung behaupten.»

Verwaltungsangestellte, die selbstständig ihre Herzensprojekte verfolgen und sich im Markt wähnen? Und dazu Techniken erlernen, wie sie «Entscheidungsträger an Bord» holen können? Das ist doch eine – zurückhaltend formuliert – sehr diskussionswürdige Ansicht der Rollenverteilung im Staate Schweiz, wo die Verwaltung eigentlich via Politik dem Volk dienen sollte, und nicht umgekehrt.

«Verwaltung first»

Das «Staatslabor» wurde vor mehreren Jahren von Nicola Forster gegründet, dem ehemaligen Verwalter der Rütliwiese und ehemaligen Präsidenten der kantonalzürcherischen GLP. Einer Partei, die immer mehr nach links zu driften scheint. Im «Advisory Board», welches das «Staatslabor» bei strategischen Fragen unterstützt, sitzen vor allem ehemalige Spitzenbeamte des Bundes, der Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey und mit Monika Rühl auch die Vorsitzende der Geschäftsleitung von economiesuisse – auch sie eine ehemalige Staatsangestellte.

Das Labor ist als Verein organisiert und nicht gewinnorientiert. Das klingt zwar edel, aber Geld braucht es trotzdem. Es finanziert sich über Beiträge von philanthropischen Stiftungen. Und eben über Beratungsleistungen für die öffentliche Hand wie jener der staatsBox. Nun ist es halt so: Wer von Aufträgen der Verwaltung lebt, hat kaum ein Interesse an deren Eindämmung – weder bezüglich Macht noch Grösse.

Im Gegenteil: Schaut man sich auf der Internetseite weiter um, verdichtet sich der Eindruck einer Art «Em-powerment-Agentur» für Staatsangestellte – mit der üblichen Schlagseite nach links(liberal). Einer der kommenden «Events» respektive Weiterbildungen widmet sich zum Beispiel dem Thema «Inklusions-Förderprogramm für Zürcher Gemeinden». Und eine Veranstaltung im Nachgang an die nationalen Wahlen im Herbst 2023 fragte, ganz im Modus der Umkehrung der Rollen: «Was braucht die Bundesverwaltung vom neuen Parlament?» «Verwaltung first», quasi.

Weitere Staatsaufblähung

Diese als Dienst an der Öffentlichkeit verkaufte Staatsvergötterung und Förderung der Allmacht der Verwaltung durch das «Staatslabor» ist für die Privatwirtschaft doppelt schädlich. KMU müssen diese Beratungsleistungen nicht nur via Steuergeld mit bezahlen. Sie werden durch die mit «kreativen Lösungen» aufmunitionierte Verwaltung zudem noch mehr Regulierungen und einer immer weiteren Staatsaufblähung ausgesetzt sein – mit all den negativen Folgen und steigenden Kosten.

KMU sind (auch) von diesen Regulierungen überproportional betroffen. Im Gegensatz zu Grossfirmen können sie sich keine Stäbe leisten, welche all diese staatsgetriebene Bürokratie bewältigen. In Zeiten des Fachkräftemangels darf zudem nicht vergessen werden, dass Staatsangestellte bereits heute im Schnitt einiges besser verdienen als ihre statistischen Zwillinge in der Privatwirtschaft. Eine ungehörige Wettbewerbsverzerrung zulasten der privaten Unternehmen. Die Bundespolitik ist spätestens beim Sparpaket – richtig wäre «Paket zur leichten Bremse des Ausgabenwachstums» – gefordert, sich nicht von der Verwaltung und ihren bezahlten Helfern wie dem «Staatslabor» auf der Nase herum tanzen zu lassen. So neumodisch ihre Konzepte auch klingen mögen. hug

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