Publiziert am: 22.11.2024

Nicht auf dem Buckel der KMU

BETREUUNGSZULAGEN – Der Stände­rat berät in der Wintersession über einen Entwurf, der darauf abzielt, eine Betreuungszulage einzuführen, die der derzeitigen Kinderzulage ähnelt. Familienpolitik ist Sache der Kantone. Entsprechend sollte dieses etatistische und zentralistische Projekt, welches dem Wirtschaftsgefüge der KMU schadet und der Beschäftigung nicht hilft, abgelehnt werden.

Nachdem sich der Bund 20 Jahre lang «provisorisch» an der Finanzierung der familienergänzenden Betreuung beteiligt hatte, um die Kantone zum Ausbau ihres Angebots in diesem Bereich anzuregen, beschloss das Parlament, die Beteiligung des Bundes zu verstetigen. Dies, indem es ein Projekt für eine Zulage für alle Kinder entwickelte, die in einer familienergänzenden Betreuungseinrichtung untergebracht sind.

Der Ständerat wird in der Wintersession über einen Entwurf seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) beraten. Dieser Entwurf zielt darauf ab, eine Betreuungszulage einzuführen, die der derzeitigen Kinderzulage ähnelt. Die Zulage wäre für Kinder bis zu acht Jahren zugänglich, mit einem Minimum von 100 Franken pro Monat, das für jeden zusätzlichen halben Tag Betreuung um 50 Franken erhöht würde. Die Finanzierung würde wie derzeit bei den Kinderzulagen von den Kantonen festgelegt, d. h. höchstwahrscheinlich durch eine Abgabe der Arbeitgeber. Dieses Projekt ist sowohl aus institutioneller Sicht sehr problematisch als auch potenziell katastrophal für unsere KMU und unsere industrielle Struktur.

Überflüssig und redundant

Die Verwaltung der familienergänzenden Kinderbetreuung fällt laut Verfassung in die Zuständigkeit der Kantone und Gemeinden. Diese sind in der Tat am besten in der Lage, Lösungen zu definieren, die den spezifischen Bedürfnissen ihrer Bevölkerung entsprechen. Mehrere Kantone und Gemeinden investieren im Übrigen bereits in Betreuungsangebote, oft in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor, um Lösungen anzubieten, die den lokalen Gegebenheiten entsprechen. Eine Bundesintervention in diesem Bereich erscheint nicht nur als überflüssig, sondern auch als redundant.

Starr und sehr kostspielig

Der Entwurf für ein neues Betreuungsgeld geht in der vorgeschlagenen Form weit über die blosse verfassungsrechtliche Unterstützung hinaus und führt eine grundlegende Massnahme ein, die es nicht einmal auf kantonaler Ebene gibt. Das Projekt würde eine einheitliche und zentralisierte Politik durchsetzen – und damit die Vielfalt der Situationen und Bedürfnisse der Schweizer Familien ignorieren.

Durch die Vereinheitlichung der Verwaltung dieser Zulage auf Bundesebene besteht die Gefahr, dass eine starre, unangemessene und kostspielige Struktur geschaffen wird, obwohl die Kantone über ausreichende Ressourcen verfügen, um ihre Betreuungssysteme entsprechend ihren Prioritäten und lokalen Besonderheiten auszubauen.

640 Millionen jährlich

Die Kosten für diese Massnahme werden auf 640 Millionen Franken pro Jahr geschätzt. Die Finanzierung dieser Zulage dürfte grösstenteils auf die Arbeitgeber abgewälzt werden, indem die Lohnbeiträge erhöht werden. Für viele Unternehmen, insbesondere KMU, würde diese Erhöhung der Abgaben eine zusätzliche Schwierigkeit in einem bereits angespannten wirtschaftlichen Umfeld darstellen. Eine höhere finanzielle Belastung der Unternehmen könnte einige von ihnen dazu zwingen, Personal abzubauen, was den Druck auf die Löhne erhöhen und zur Inflation beitragen würde.

Etatistisch und zentralistisch

Befürworter argumentieren, dass das Betreuungsgeld die Beschäftigung von Frauen fördern würde, da es die Betreuungskosten senkt, und somit dem Fachkräftemangel entgegenwirken würde. Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich trotz besser zugänglicher Kinderbetreuungseinrichtungen viele Frauen aus persönlichen Gründen immer noch für eine Teilzeitbeschäftigung entscheiden, selbst wenn sie Zuschüsse erhalten.

Dieses etatistische und zentralistische Projekt, das der föderalistischen Organisation der Schweiz fremd ist und dem Wirtschaftsgefüge der KMU und der Beschäftigung äusserst abträglich ist, muss abgelehnt werden.

Simon Schnyder,

Ressortleiter sgv

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