Publiziert am: 06.12.2024

Subventionen, so weit das Auge reicht

Gütertransportgesetz – Mit einer Revisionsvorlage will das Parlament den Schienengüterverkehr fit für die Zukunft machen. Doch anstatt zu modernisieren und weiterzuentwickeln, setzt man auf die übermässige Förderung eines unrentablen Systems.

Das Parlament berät aktuell über eine Totalrevision des Gütertransportgesetzes. Unter der Prämisse, dass der Schienengüterverkehr instrumental für die Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der Schweiz ist, sind diverse Modernisierungsmassnahmen – darunter die Einführung der digitalen automatischen Kupplung (DAK) – sowie eine finanzielle Förderung des Schienengüterverkehrs und der Rheinschifffahrt vorgesehen.

Zusammenspiel zentral wichtig

Der Gütertransport ist wichtig für die Versorgungssicherheit der Schweiz und unabdingbar für den Wirtschaftsstandort Schweiz (vgl. auch Seite 1). Dazu gehören neben dem Schienen- auch der Strassengüterverkehr sowie die Schiff- und Luftfahrt. Ein Zusammenspiel der Verkehrsträger im Sinne der Multimodalität ist zentral, damit deren jeweilige Stärken optimal zum Tragen kommen. In diesem Sinne sind Investitionen in die Modernisierung und bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Gütertransports, unter anderem mit der Einführung der DAK, sinnvoll.

Der Teufel liegt im Detail

Doch dies ist einfacher gesagt als getan. Denn die Vorlage, über die der Nationalrat als Nächstes befinden wird, schlägt einen sonderbaren Weg ein. Erstens sollen die für die Modernisierungs- und Förderungsmassnahmen notwendigen Mittel von 500 Millionen Franken bereitgestellt werden, indem die Einlage aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) gekürzt wird.

«Nur zu subventionieren, ohne die Mechanismen zu hinter-fragen, schadet mehr, als es nützt.»

Dies bedeutet unter dem Strich weniger finanzielle Mittel für die Bahninfrastruktur, und auf die lange Sicht hinaus deren Veralterung.

Zweitens wird über die Hälfte der eingeplanten Mittel verwendet, um den Einzelwagenladungsverkehr (EWLV; vgl. Kasten) zu subventionieren. Dieser wird von der SBB Cargo in Monopolstellung betrieben, und ist – trotz diverser früherer Massnahmen – seit Jahren defizitär. Munter weiter Subventionsgelder hineinzupumpen, wird nichts bringen. Stattdessen braucht es eine Reorganisation – und vor allem eine Marktöffnung.

Und drittens geht die Vorlage von der antiquierten Einstellung aus, dass die Schiene «gut» und die Strasse «schlecht» sei, und man daher unbedingt den Anteil der Schiene am Gesamtverkehr erhöhen müsse. Diese Sichtweise ist nicht mehr zeitgemäss, lässt bereits erfolgte Entwicklungen der verschiedenen Verkehrsträger völlig ausser Acht und verschliesst sich damit auch deren künftigen Entwicklungspotenzialen gegenüber. In Wahrheit kann nur ein leistungsfähiges Güterverkehrsnetz etabliert werden, wenn alle Verkehrsträger ihre Stärken ausspielen können und so optimal und multimodal miteinander verknüpft sind.

Handlungsbedarf erkannt

Der Ständerat, welcher sich bereits im September mit der Vorlage befasste, erkannte deren Schwachpunkte ebenfalls. Er traf Vorkehrungen zur Vorbeugung von Marktverzerrungen und setzte Vorgaben zur Verrechnung unternehmerischer Leistungen ein, indem er u. a. die Quersubventionierung des EWLV verbot. Ziel ist eine Optimierung des Wettbewerbs im Gütertransport. Die nationalrätliche Verkehrskommission bewegt sich indes in eine ähnliche Richtung.

sgv fordert Überarbeitung

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv anerkennt die Bestrebungen des Parlaments, die Vorlage wettbewerbsfreundlicher auszugestalten. Diese gehen zwar in die richtige Richtung, reichen aber bei Weitem nicht aus. Daher fordert der sgv eine grundlegende Überarbeitung der Vorlage, unter Berücksichtigung sämtlicher Verkehrsträger, sowie der eigenwirtschaftlichen Reorganisation des EWLV. Denn nur zu subventionieren, ohne die dahinterliegenden fehlerhaften Mechanismen zu hinterfragen, schadet mehr, als es nützt.

Michèle Lisibach, Ressortleiterin sgv

Einzelwagenladung

Zuerst zusammen, dann wieder getrennt

Beim Einzelwagenladungsverkehr (EWLV) werden an Verladeanlagen Eisenbahnwagen mit kleineren Gütermengen zu ganzen Zügen zusammengefasst. Am Endbahnhof werden diese dann wieder getrennt, und die Güter auf der Schiene oder der Strasse an ihren Bestimmungsort weitertransportiert. Der EWLV wird ausschliesslich von SBB Cargo angeboten und macht etwa 70 Prozent des gesamten Aufkommens im Schienengüterverkehr aus. Sein Pendant ist der Ganzzugverkehr. Dieser eignet sich vor allem für grössere Transportmengen, da diese als ganze Züge direkt von A nach B transportiert werden.ml

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