
Zeitgeist adieu?
Plötzlich reden alle von Deregulierung. Sogar Vertreter von Konzernen wehren sich plötzlich gegen zu viel Berichterstattungsbürokratie. Bis vor kurzem tönte es noch anders. Während vieler Jahre erlebte ich als ...
LARS GUGGISBERG – «Umfassende Entlastungsmassnahmen im Bundeshaushalt sind dringend notwendig», sagt der Berner SVP-Nationalrat. Die Schuldenbremse müsse beibehalten werden. «Die linken Parteien wollen diese sukzessive untergraben. Das ist ein Frontalangriff auf unseren Wohlstand.»
Lars Guggisberg: Das Armeebudget wurde gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um 530 Millionen Franken erhöht. Aufgrund der funktionierenden Zusammenarbeit unter den Fraktionen der SVP, FDP und Mitte wurden andere Budgetpositionen um 392 Millionen gekürzt. Davon entfallen 110 Millionen auf die internationale Zusammenarbeit, während die humanitäre Hilfe unangetastet bleibt. Auch im Asylbereich wurden Kürzungen von rund 185 Millionen beschlossen, wovon rund 100 Millionen auf die Sozialhilfe für Asylmigranten und 85 Millionen auf die Betriebskosten der Bundesasylzentren entfallen. Die Personalkosten des Bundes wurden um 30 Millionen reduziert. Für das Jahr 2025 wurde ein ausgeglichener und schuldenbremskonformer Haushalt beschlossen.
Der Bund hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Klar ist deshalb, dass weitere Aufgabenüberprüfungen und umfassende Entlastungsmassnahmen im Bundeshaushalt dringend notwendig sind.
Nur dank der Schuldenbremse steht die Schweiz heute mit einer Schuldenquote von rund 30 Prozent im internationalen Vergleich gut da. Durch die niedrige Verschuldung können jährlich Millionen von Franken an Zinsausgaben eingespart werden, und die Kreditwürdigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist hoch. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Schweiz ihre Schuldenbremse auf jeden Fall beibehalten muss, will sie im Wettbewerb gegenüber anderen Ländern weiterhin zuoberst an der Spitze stehen. Der Wohlstand und die Stabilität der Schweiz sind direkt davon abhängig. Die linken Parteien wollen die Schuldenbremse sukzessive untergraben und deren Einhaltung zur wirkungslosen Formalität degradieren. Das ist ein Frontalangriff auf den Wohlstand in der Schweiz.
Die Eidgenossenschaft hat während Corona rund 85 Prozent aller ausserordentlichen Ausgaben getragen und rund 30 Milliarden Franken an Schulden angehäuft. Dieser Schuldenberg muss raschmöglichst abgetragen werden, damit wir nicht unsere Kinder und Grosskinder damit belasten. Insofern ist diese ausserordentliche Einnahme seitens SNB zwar willkommen. An der grundsätzlichen finanzpolitischen Ausrichtung, die Bundesausgaben zu senken, ändert sie aber nichts.
Die SNB hat die Aufgabe, die Preisstabilität in der Schweiz zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Preisstabilität bildet eine wesentliche Voraussetzung für eine langfristig gedeihliche Wirtschaftsentwicklung. Damit die SNB ihre Aufgabe bestmöglich wahrnehmen kann, geniesst sie gemäss Bundesverfassung funktionelle, finanzielle, institutionelle und personelle Unabhängigkeit. Die Ausschüttung von Gewinnen gehört nicht zu ihren Hauptaufgaben.
Unsere Landesverteidigung wurde in den letzten 35 Jahren massiv vernachlässigt. Nach dem Mauerfall 1989 gingen zu viele Entscheidungsträger davon aus, der ewige Frieden in Europa sei ausgebrochen. Diese Sorglosigkeit holt uns nun ein. Unsere Verteidigungsfähigkeit muss raschmöglichst wiederhergestellt werden. Dazu braucht es mehr Mittel.
Der Bund gibt aktuell pro Jahr für die Beziehungen zum Ausland – wozu auch die Entwicklungshilfe gehört – über 3,8 Milliarden Franken aus. 2023 hat der Bund für Migration und Entwicklungshilfe mehr als doppelt so viel ausgegeben wie für Landwirtschaft und Ernährung. Das ist aus meiner Sicht bedenklich. Es braucht eine nachhaltige Eindämmung des Ausgabenwachstums und eine klare Prioritätensetzung. Der Fokus muss wieder vermehrt auf die Schweiz gelegt werden. Das bedeutet auch: weniger Geld ins Ausland. Die moderate Kürzung um 110 Millionen Franken für das Jahr 2024 ist ein Anfang, aber letztlich lediglich ein Tropfen auf den heissen Stein. Weitere Kürzungen sind notwendig und möglich.
Die Ausgaben des Bundes für die soziale Wohlfahrt haben sich in den letzten 30 Jahren verfünffacht. Sie betragen heute über 30 Milliarden Franken, was rund einen Drittel der Gesamtausgaben des Bundes ausmacht. Im Bereich Kultur & Freizeit haben sich die Ausgaben in derselben Zeit – wie die Ausgaben für die Entwicklungshilfe – verdreifacht. Die Wirtschaftsleistung hat sich jedoch lediglich verdoppelt. Diese Rechnung kann nicht aufgehen.
«Unsere Landesverteidigung wurde in den letzten 35 Jahren massiv vernachlässigt.»
Neben der Priorisierung der Ausgaben in den einzelnen Aufgabengebieten ist auch die Stabilisierung der Personalausgaben dringend nötig. In den letzten knapp 20 Jahren ist ein Kostenwachstum von über zwei Milliarden Franken sowie eine Stellenzunahme um über 7000 Vollzeitäquivalenten zu verzeichnen.
Die Expertengruppe hat den Bundeshaushalt punkto Effizienz, Aufgabenzuordnung und Ausgabenbindung überprüft und dabei ein Einsparpotenzial im Bundeshaushalt von knapp vier Milliarden Franken für 2027 und knapp fünf Milliarden für 2030 verortet. Zudem kommt die Expertengruppe richtigerweise zum Schluss, dass die Schweiz ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem hat.
Ich teile die Einschätzung der Expertengruppe grundsätzlich und begrüsse die Mehrheit der von ihr vorgeschlagenen Entlastungsmassnahmen. Insbesondere die Massnahmen im Personalwesen und im Eigenbereich der Bundesverwaltung sowie eine klarere Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sind zu begrüssen. Die vorgeschlagenen Kürzungen im Bereich der Infrastrukturinvestitionen sehe ich hingegen kritisch.
Ich bin klar gegen höhere oder neue Steuern – insbesondere gegen eine weitere Finanztransaktionssteuer. Denn die Schweiz kennt bereits zwei Finanztransaktionssteuern: Die Umsatzabgabe auf Wertschriften und die Emissionsabgabe auf neue Aktien. Im Unterschied zu allgemeinen Steuern auf Einkommen, Konsum oder Vermögen berücksichtigen Finanztransaktionssteuern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahlenden nicht. Sie schneiden daher im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit schlecht ab. Zudem erzeugen sie im Vergleich zu anderen Steuern zusätzliche Verzerrungen und können auch die Standortattraktivität beeinträchtigen. Da Finanzmärkte geografisch sehr flexibel sind, dürfte eine Finanztransaktionssteuer auch bewirken, dass die Erbringung von Finanzdienstleistungen vom Schweizer Finanzplatz ins Ausland verschoben wird.
Eine Annahme der Initiative würde traditionelle und über Generationen in Familien gehaltene Schweizer Unternehmen im Ansatz zerstören. Der Klimaschutz in der Schweiz würde nicht gestärkt, sondern im Gegenteil geschwächt. Und Steuergelder drohen zu verpuffen, weil sie für ineffiziente Massnahmen ausgegeben würden. Innovative unternehmerische Lösungen zur Reduktion von CO2-Emissionen müssten einem ineffizienten, staatlich gelenkten Umbau der Wirtschaft Platz machen, der langfristig nicht nachhaltig ist. Die Juso-Initiative ist eine Mogelpackung – wegen ihrer zerstörerischen Wirkungen auf Wirtschaft und Steuergelder aber brandgefährlich.
Interview: Rolf Hug
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