Publiziert am: 07.02.2025

«Mehr Fokus auf die Schweiz»

LARS GUGGISBERG – «Umfassende Entlas­tungs­mass­nahmen im Bundes­haushalt sind dringend notwendig», sagt der Berner SVP-Nationalrat. Die Schuldenbremse müsse beibehalten werden. «Die linken Parteien wollen diese sukzessive untergraben. Das ist ein Frontalangriff auf unseren Wohlstand.»

Schweizerische Gewerbezeitung: Die Bundesfinanzen sind unter Druck. Im Dezember gab es im Parlament ein Ringen um das diesjährige Budget. Wo gibt der Bund im Jahr 2025 weniger aus – und wo mehr?

Lars Guggisberg: Das Armeebudget wurde gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um 530 Millionen Franken erhöht. Aufgrund der funktionierenden Zusammenarbeit unter den Fraktionen der SVP, FDP und Mitte wurden andere Budgetpositionen um 392 Millionen gekürzt. Davon entfallen 110 Millionen auf die internationale Zusammenarbeit, während die humanitäre Hilfe unangetastet bleibt. Auch im Asylbereich wurden Kürzungen von rund 185 Millionen beschlossen, wovon rund 100 Millionen auf die Sozialhilfe für Asylmigranten und 85 Millionen auf die Betriebskosten der Bundesasylzentren entfallen. Die Personalkosten des Bundes wurden um 30 Millionen reduziert. Für das Jahr 2025 wurde ein ausgeglichener und schuldenbremskonformer Haushalt beschlossen.

Dem Bund drohen in den nächsten Jahren strukturelle Defizite – also Verluste, die nicht konjunkturell bedingt sind. Wie sehen die mittel- und langfristigen Finanzperspektiven nach der Budgetdebatte vom Dezember aus?

Der Bund hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Klar ist deshalb, dass weitere Aufgabenüberprüfungen und umfassende Entlastungsmassnahmen im Bundeshaushalt dringend notwendig sind.

Beim diesjährigen Budget wurde die Schuldenbremse eingehalten. Linke Kreise wollen diese jedoch aufweichen. Was halten Sie davon?

Nur dank der Schuldenbremse steht die Schweiz heute mit einer Schuldenquote von rund 30 Prozent im internationalen Vergleich gut da. Durch die niedrige Verschuldung können jährlich Millionen von Franken an Zinsausgaben eingespart werden, und die Kreditwürdigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist hoch. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Schweiz ihre Schuldenbremse auf jeden Fall beibehalten muss, will sie im Wettbewerb gegenüber anderen Ländern weiterhin zuoberst an der Spitze stehen. Der Wohlstand und die Stabilität der Schweiz sind direkt davon abhängig. Die linken Parteien wollen die Schuldenbremse sukzessive untergraben und deren Einhaltung zur wirkungslosen Formalität degradieren. Das ist ein Frontalangriff auf den Wohlstand in der Schweiz.

Die Nationalbank schüttet aufgrund ihres Gewinns wieder Geld aus. Der Bund erhält dadurch rund eine Milliarde Franken. Von links kam sofort der Ruf, dass die Budgetbeschlüsse vom Dezember nicht nötig gewesen wären. Was antworten Sie?

Die Eidgenossenschaft hat während Corona rund 85 Prozent aller ausserordentlichen Ausgaben getragen und rund 30 Milliarden Franken an Schulden angehäuft. Dieser Schuldenberg muss raschmöglichst abgetragen werden, damit wir nicht unsere Kinder und Grosskinder damit belasten. Insofern ist diese ausserordentliche Einnahme seitens SNB zwar willkommen. An der grundsätzlichen finanzpolitischen Ausrichtung, die Bundesausgaben zu senken, ändert sie aber nichts.

Ob die Nationalbank auch in den nächsten Jahren Gewinne erzielt, und Geld ausschütten kann, ist unsicher. Doch ist das überhaupt deren Hauptaufgabe – und falls nein, welche sind das?

Die SNB hat die Aufgabe, die Preisstabilität in der Schweiz zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Die Preisstabilität bildet eine wesentliche Voraussetzung für eine langfristig gedeihliche Wirtschaftsentwicklung. Damit die SNB ihre Aufgabe bestmöglich wahrnehmen kann, geniesst sie gemäss Bundesverfassung funktionelle, finanzielle, institutionelle und personelle Unabhängigkeit. Die Ausschüttung von Gewinnen gehört nicht zu ihren Hauptaufgaben.

Weshalb braucht die Armee in den nächsten Jahren mehr Geld?

Unsere Landesverteidigung wurde in den letzten 35 Jahren massiv vernachlässigt. Nach dem Mauerfall 1989 gingen zu viele Entscheidungsträger davon aus, der ewige Frieden in Europa sei ausgebrochen. Diese Sorglosigkeit holt uns nun ein. Unsere Verteidigungsfähigkeit muss raschmöglichst wiederhergestellt werden. Dazu braucht es mehr Mittel.

Sie wollen bei der Entwicklungshilfe noch mehr einsparen. Wie viel und weshalb?

Der Bund gibt aktuell pro Jahr für die Beziehungen zum Ausland – wozu auch die Entwicklungshilfe gehört – über 3,8 Milliarden Franken aus. 2023 hat der Bund für Migration und Entwicklungshilfe mehr als doppelt so viel ausgegeben wie für Landwirtschaft und Ernährung. Das ist aus meiner Sicht bedenklich. Es braucht eine nachhaltige Eindämmung des Ausgabenwachstums und eine klare Prioritätensetzung. Der Fokus muss wieder vermehrt auf die Schweiz gelegt werden. Das bedeutet auch: weniger Geld ins Ausland. Die moderate Kürzung um 110 Millionen Franken für das Jahr 2024 ist ein Anfang, aber letztlich lediglich ein Tropfen auf den heissen Stein. Weitere Kürzungen sind notwendig und möglich.

Wo hat der Bund in Ihren Augen weiteres Sparpotenzial?

Die Ausgaben des Bundes für die soziale Wohlfahrt haben sich in den letzten 30 Jahren verfünffacht. Sie betragen heute über 30 Milliarden Franken, was rund einen Drittel der Gesamtausgaben des Bundes ausmacht. Im Bereich Kultur & Freizeit haben sich die Ausgaben in derselben Zeit – wie die Ausgaben für die Entwicklungshilfe – verdreifacht. Die Wirtschaftsleistung hat sich jedoch lediglich verdoppelt. Diese Rechnung kann nicht aufgehen.

«Unsere Landesverteidigung wurde in den letzten 35 Jahren massiv vernachlässigt.»

Neben der Priorisierung der Ausgaben in den einzelnen Aufgabengebieten ist auch die Stabilisierung der Personalausgaben dringend nötig. In den letzten knapp 20 Jahren ist ein Kostenwachstum von über zwei Milliarden Franken sowie eine Stellenzunahme um über 7000 Vollzeitäquivalenten zu verzeichnen.

Eine Expertengruppe rund um Serge Gaillard hat ein Paket vorgeschlagen, um den Bundeshaushalt langfristig stabil zu halten. Was sind dessen wichtigste Eckpunkte?

Die Expertengruppe hat den Bundeshaushalt punkto Effizienz, Aufgabenzuordnung und Ausgabenbindung überprüft und dabei ein Einsparpotenzial im Bundeshaushalt von knapp vier Milliarden Franken für 2027 und knapp fünf Milliarden für 2030 verortet. Zudem kommt die Expertengruppe richtigerweise zum Schluss, dass die Schweiz ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem hat.

Welche Vorschläge finden Sie gut und welche sehen Sie kritisch?

Ich teile die Einschätzung der Expertengruppe grundsätzlich und begrüsse die Mehrheit der von ihr vorgeschlagenen Entlastungsmassnahmen. Insbesondere die Massnahmen im Personalwesen und im Eigenbereich der Bundesverwaltung sowie eine klarere Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen sind zu begrüssen. Die vorgeschlagenen Kürzungen im Bereich der Infrastrukturinvestitionen sehe ich hingegen kritisch.

Die linke Seite will den Haushalt einnahmenseitig sanieren. Im Raum steht – neben vielem anderem – zum Beispiel eine Finanztransaktionssteuer. Was halten Sie von einer solchen und generell von den Forderungen nach immer neuen und höheren Steuern?

Ich bin klar gegen höhere oder neue Steuern – insbesondere gegen eine weitere Finanztransaktionssteuer. Denn die Schweiz kennt bereits zwei Finanztransaktionssteuern: Die Umsatzabgabe auf Wertschriften und die Emissionsabgabe auf neue Aktien. Im Unterschied zu allgemeinen Steuern auf Einkommen, Konsum oder Vermögen berücksichtigen Finanztransaktionssteuern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahlenden nicht. Sie schneiden daher im Hinblick auf die Steuergerechtigkeit schlecht ab. Zudem erzeugen sie im Vergleich zu anderen Steuern zusätzliche Verzerrungen und können auch die Standortattraktivität beeinträchtigen. Da Finanzmärkte geografisch sehr flexibel sind, dürfte eine Finanztransaktionssteuer auch bewirken, dass die Erbringung von Finanzdienstleistungen vom Schweizer Finanzplatz ins Ausland verschoben wird.

Zum Schluss: Der Bundesrat lehnt die extrem schädliche Erbschaftssteuer-Initiative der Juso ohne Gegenvorschlag ab. Was wären die Folgen, würde diese Enteignungsinitiative angenommen?

Eine Annahme der Initiative würde traditionelle und über Generationen in Familien gehaltene Schweizer Unternehmen im Ansatz zerstören. Der Klimaschutz in der Schweiz würde nicht gestärkt, sondern im Gegenteil geschwächt. Und Steuergelder drohen zu verpuffen, weil sie für ineffiziente Massnahmen ausgegeben würden. Innovative unternehmerische Lösungen zur Reduktion von CO2-Emissionen müssten einem ineffizienten, staatlich gelenkten Umbau der Wirtschaft Platz machen, der langfristig nicht nachhaltig ist. Die Juso-Initiative ist eine Mogelpackung – wegen ihrer zerstörerischen Wirkungen auf Wirtschaft und Steuergelder aber brandgefährlich.

Interview: Rolf Hug

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