Der Schweizerische Gewerbeverband sgv beobachtet die neusten Zahlen der Staatsrechnung 2024 und der Finanzplanung 2026–2028 mit Sorge. Obwohl der Bund erstmals seit 2019 wieder ein fast ausgeglichenes Ergebnis erzielt hat, deuten die Prognosen darauf hin, dass die Staatsfinanzen ohne grössere Strukturreformen zu kippen drohen.
Verbesserung verdeckt Wachstum
Die Staatsrechnung 2024 schloss mit einem Finanzierungsdefizit von nur 80 Millionen Franken ab und lag damit deutlich unter den ursprünglich budgetierten 2,6 Milliarden Franken. Diese Aufhellung ist hauptsächlich auf einen deutlichen Anstieg der Steuereinnahmen (+5,8%) zurückzuführen, der von der Mehrwertsteuer (+7,1%), der direkten Bundessteuer (+7,1%) und der Verrechnungssteuer (+7,2%) sowie den Stempelabgaben (+10%) angetrieben wurde.
Diese Verbesserung verdeckt jedoch ein anhaltendes Wachstum der ordentlichen Ausgaben, die um 4 Prozent (+3,2 Milliarden Franken) anstiegen, insbesondere in den Bereichen Sozialversicherungen (AHV, Subventionen für Krankenkassenprämien) und Bundesverwaltung.
Ab 2027 wieder hohe Defizite
Die aktualisierte Finanzplanung zeigt, dass sich der Bundeshaushalt 2026 dank vorübergehender Einnahmen aus der Unternehmensbesteuerung noch ohne weitere Sparmassnahmen halten kann. Ab 2027 sind jedoch hohe Defizite in Milliardenhöhe zu erwarten, wenn das geplante Entlastungsprogramm und die Strukturreformen ausbleiben. Externe Faktoren verstärken diese Risiken, insbesondere neue Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union (Erasmus+, Kohäsionsbeiträge) und Unsicherheiten bezüglich der OECD-Mindestbesteuerung. Der Bundesrat plant Einsparungen von 2,7 Milliarden Franken im Jahr 2027, die bis 2028 auf 3,6 Milliarden Franken ansteigen sollen. Ihre Umsetzung bleibt jedoch ungewiss.
Ehrgeizige Massnahmen nötig
Angesichts dieser Situation fordert der sgv konkrete und ehrgeizige Massnahmen auf der Ausgabenseite. Es reicht nicht mehr aus, das ständige Wachstum der Ausgaben zu reduzieren. Jede freie Stelle in der Bundesverwaltung muss rigoros evaluiert werden. Ein Einstellungsstopp und die Straffung ineffizienter Strukturen sind unerlässlich. Weder die Unternehmen noch die Bürger dürfen neue Steuerlasten tragen.
Der wachsende Anteil an gebundenen Ausgaben, die rechtlich bindend sind, muss gestoppt und umgekehrt werden. Es bedarf einer klaren Aufgabenverteilung, um kostspielige Doppelarbeit zu vermeiden. Und schliesslich muss der Staat digitale Prozesse stärker nutzen, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Sparmassnahmen zu identifizieren.
Klare Prioritäten setzen
Die veröffentlichten Zahlen zeigen, dass ohne Strukturreformen die langfristige Haushaltsstabilität des Bundes nicht gewährleistet werden kann. Der sgv fordert den Bundesrat deshalb auf, klare Prioritäten zu setzen und rigorose Ausgabenkürzungen vorzunehmen, um so neue Belastungen für die Wirtschaft zu vermeiden. Die Lösung liegt für den sgv weder in Steuererhöhungen noch in neuen Beiträgen, sondern in einer nachhaltigen Haushaltsdisziplin, welche die einzige Garantie für eine solide finanzielle Basis der Schweiz ist.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv