Publiziert am: 12.08.2022

AHV bleibt ein Sanierungsfall

AHV-REVISION – Die Finanzmärkte haben der AHV im vergangenen Jahr zu einem glänzenden Abschluss ver­holfen. Dies ändert nichts an der Tat­sache, dass der Reformbedarf hoch bleibt.

Einen Überschuss von fast 2,6 Milliarden Franken hat die AHV im vergangenen Jahr erzielt. «Schuld» daran waren primär die Finanzmärkte, die 2021 zu einem wahren Höhenflug ansetzten. Satte 1,7 Milliarden Franken konnten als Kapitalertrag erwirtschaftet werden. Budgetiert waren «lediglich» 774 Millionen Franken. Dank des glänzenden Jahresabschlusses 2021 verfügte die AHV Anfang Jahr über einen Kapitalstock von 52,4 Milliarden Franken.

Wachstumsschub hilft der AHV

Auf kurze Sicht gibt es gar noch weitere erfreuliche Nachrichten zu den AHV-Finanzen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV geht kurzfristig von einer stärkeren Beschäftigungszunahme und einem kräftigeren Reallohnwachstum aus, was die AHV-Einnahmen spürbar erhöht und für bessere Abschlüsse sorgt. Gemäss neusten Finanzierungsperspektiven geht der Bund davon aus, dass die AHV erst 2029 in die roten Zahlen abgleitet. Bisher rechnete man damit, dass das vier Jahre früher der Fall sein wird.

Stellt sich die Frage: Ist die AHV-Sanierungsvorlage, über die wir am 25. September abstimmen werden, damit überflüssig geworden? Und: Kann auf die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze und auf das geschlechtsneutrale Rentenalter 65/65 verzichtet werden?

Wie gewonnen, so zerronnen

Die Antwort lautet: Nein, mit Sicherheit nicht! Denn zum einen hat der Wind an den Finanzmärkten gedreht. Bei ihren beiden wichtigsten Anlagekategorien – den festverzinslichen Anlagen und den Aktien – hat die AHV im laufenden Jahr viel Geld verloren. Es ist davon auszugehen, dass sich der stolze Kapitalgewinn 2021 mittlerweile in Luft aufgelöst hat. Ob sich das bis Ende Jahr noch korrigieren lässt, ist fraglich. Angesichts der vorherrschenden Unsicherheiten – Stichworte: Ukraine, Taiwan, Lieferketten, Energie – muss eher mit noch höheren Verlusten gerechnet werden. Der Abschluss 2022 wird mit hoher Wahrscheinlichkeit viel schlechter ausfallen als budgetiert. Die erwarteten Defizite kommen wohl eher früher als später.

Zum anderen lässt sich mit kurzfristigen Abweichungen kein langfristiger Trend brechen. Die Milliardendefizite kommen, wenn auch etwas später. Und sie wachsen dann exponentiell an. Es bleibt dabei: Ohne rasch greifende Korrekturen werden die Finanzreserven der AHV bis in rund fünfzehn Jahren restlos aufgebraucht sein.

Mit einem Frachtschiff vergleichbar

Die AHV ist vergleichbar mit einem Frachtschiff: träge dahinstampfend und nur schwer manövrierbar. Korrekturen entfalten erst nach Jahren ihre volle Wirkung. Mit der Sanierung der AHV darf daher nicht zugewartet werden, bis sie in den roten Zahlen abgetaucht ist. Es braucht rasche Reformen. Die AHV 21 ist ein erster, wichtiger Schritt hin zu langfristig gesunden AHV-Finanzen und zu sicheren Renten. Am 25. September verdient sie deshalb ein zweifaches JA.

Kurt Gfeller, Vizedirektor sgv

www.sichereahv.ch

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