Publiziert am: 19.03.2021

Aktion «mache statt stürme»

CORONA-TESTS – In Sachen Testen macht der Kanton Graubünden vor, wie eine erfolgreiche Umsetzung aussehen kann. Freiwillige Tests in Schulen und Betrieben lassen die Fallzahlen sinken – und dies mitten in der winterlichen Hochsaison.

«In einer Woche raus», titelte die «Gewerbezeitung» in ihrer Ausgabe vom 5. März. Die Rede war vom Plan des Thurgauer Arzts und Unternehmers Thomas Krech. Mittels Massentests, so der von ETH-Forschern mitentwickelte Plan, sollte die Schweiz innert einer Woche den Weg aus dem Lockdown finden.

Freiwillig und selbstständig sollten sich Bürgerinnen und Bürger zweimal innert einer Woche testen lassen. Als Preis lockt die wiedergewonnene Freiheit.

Das mediale Echo auf Krechs Plan war enorm; bei dem fürs Testen im Land eigentlich zuständigen Bundesamt für Gesundheit jedoch zeigte man sich zugeknöpft. Zu viel Innovationsbereitschaft von aussen scheint den Gesundheitsbeamten im Zweifel suspekt.

Ziel: Normalität im Sommer

Was mit einer konsequent umgesetzten Teststrategie erreicht werden kann, zeigt derweil der Kanton Graubünden. Das BAG hatte am 29. Dezember 2020 das breit angelegte ­Testen als Teil der Eindämmungsstrategie erklärt. Im Rahmen eines kantonalen Schutzkonzepts hatte Graubünden schon im vergangenen Herbst eine eigene Testkonzeption entwickelt.

Ziel des Gesamtkonzepts Graubünden ist es, die Risikogruppen zu schützen und die Pandemie nachhaltig einzudämmen, um das Gesundheitswesen in Graubünden vor einer Überlastung zu bewahren. «Andererseits geht es auch darum, die Voraussetzungen zu schaffen, dass in den für Graubünden wirtschaftlich bedeutsamen Winterferienmonaten (Februar bis Ostern) möglichst wenige und vor allem gezielte Einschränkungen erlassen werden müssen. Gleichzeitig ist die Erarbeitung der Impfstrategie voranzutreiben und schnellstmöglich umzusetzen, mit dem Ziel, ab Sommer 2021 schrittweise und nachhaltig in eine gewisse Normalität zurückzukehren.»

Im Dezember losgelegt

Mit diesem Ziel vor Augen legten die BĂĽndner schon im Dezember los. Bis am 8. Januar wurden folgende Pilotprojekte zur Entwicklung der Teststrategie erfolgreich abgeschlossen:

• Flächentests und Nachtestungen in Regionen mit hohen Fallzahlen und in Tourismusregionen.

• Verstärkte Kontrollen – mit dem Ergebnis, dass die «Betriebe eine ­gute Einhaltung der Schutzkonzepte zeigen».

• Ausbruchmanagement: Anhand von Untersuchungen wurden Infektionsherde vor Ort rasch unter Kontrolle gebracht, indem an Institutionen (Schulen) oder in Betrieben (Hotels), in denen eine Person positiv getestet wurde, das gesamte personelle Umfeld ebenfalls rasch getestet wurde.

• Pilotprojekt RhB: Während zweier Tage konnte sich die Belegschaft der Rhätischen Bahn freiwillig testen lassen – in Spitälern und Gesundheitszentren und innerhalb der RhB-Infrastruktur. Daneben fanden in verschiedenen Unternehmen Testungen aus privater Initiative statt.

• Pilotprojekt Tests an Schulen, wobei gleichzeitig sowohl Antigen-Schnelltests als auch PCR-Speicheltests eingesetzt wurden.

Existenzen sichern

In seinen epidemiologischen Erwägungen kommt der Kanton zum Schluss: «Wiederholtes Testen kann ein geeignetes Mittel sein, um Übertragungsketten des Coronavirus frühzeitig zu unterbrechen. Wichtig ist dabei, dass Tests zur Erkennung und Isolation von Personen, die das Virus unerkannt in sich tragen, koordiniert und breit abgestützt umgesetzt werden.»

Es sei davon auszugehen, so die Verantwortlichen in ihrem Bericht weiter, «dass die grossflächigen Impfungen erst ab frühestens April 2021 stattfinden werden. Dies hat zur Folge, dass die Fallzahlen aufgrund der Impfungen erst ab Mitte 2021 sinken werden.»

Mit zunehmender Dauer der Pandemie steige der Wunsch in Teilen der Bevölkerung, einen aktiven Beitrag zu einem besseren Pandemie­management beizutragen: weg von der reaktiven, fallorientierten Pan­demiebekämpfung hin zu einer proaktiven, datenbasierten Bewältigung und eventuell sogar Steuerung der Pandemie – mit dem Ziel, Existenzen zu sichern und wieder mehr Normalität zu ermöglichen.

Seit Wochen sinkende Fallzahlen

Das gemeinsame Fazit des Kantonalen Führungsstabs, des Gesundheitsamts und des zuständigen Regierungsrats lautet: «Die seit Wochen sinkenden Fallzahlen der Neuinfektionen sowie die sehr tiefen Hospitalisations- und Todesraten im Kanton Graubünden sind das Ergebnis der erfolgreichen Implementierung eines Gesamtschutzkonzeptes.»

Die Aktion «mache statt stürme» scheint gelungen – zumindest in Graubünden.En

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