Publiziert am: 01.07.2022

Alle können kontrolliert werden

FlaM – Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat am 9. Juni 2022 den Bericht über die Umsetzung der flankierenden Massnahmen (FlaM) zum freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der EU publiziert.

Die FlaM sind zentral für den Schutz der Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Schweiz und einen fairen Wettbewerb. Trotz der coronabedingten Einschränkungen der letzten Jahre wurde das jährliche FlaM-Mindestkontrollziel, das vom Bundesrat 2018 festgelegt wurde, im 2021 wieder erreicht. Die festgestellten Lohnverstösse und -unterbietungen verblieben auf ähnlichem Niveau wie vor der Krise.

Weshalb braucht es die FlaM?

Das Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union hat 2002 das Kontingentierungssystem abgelöst und für Staatsangehörige der EU-/EFTA-Staaten die Grundlage für den freien Zugang zum Arbeitsmarkt und eine bewilligungsfreie Dienstleistungserbringung während 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr geschaffen.

Die FlaM wurden 2004 zum Schutz der Erwerbstätigen vor missbräuchlichen Unterschreitungen der Schweizer Lohn- und Arbeitsbedingungen eingeführt und sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für inländische und ausländische Unternehmen gewährleisten.

Wie funktionieren die Kontrollen und wer wird kontrolliert?

Die FlaM beinhalten die allgemeine Beobachtung des Schweizer Arbeitsmarktes sowie Kontrollen auf Einhaltung der minimalen sowie der orts- und branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen. Um diese Kontrollen durchzuführen, sind in allen Regionen und Branchen der Schweiz Arbeitsmarktinspektorinnen und -inspektoren im Einsatz.

In Branchen, die keinem allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag (ave GAV) unterstehen, beobachten kantonale tripartite Kommissionen den Arbeitsmarkt. In Branchen, die einem ave GAV unterstehen, führen paritätische Kommissionen (PK) Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen durch.

Werden auch Schweizer Arbeitgeber kontrolliert?

Ja, und zwar in allen Branchen. In Branchen, die einem ave GAV unterstehen, führen PK bei Schweizer Betrieben Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen durch. Und in Branchen, die keinem ave GAV unterstehen, beobachten kantonale TPK den Arbeitsmarkt, d. h. sie führen die entsprechenden Kontrollen durch. Falls übliche Löhne in einer Branche wiederholt und missbräuchlich missachtet werden, so können die Kantone oder der Bund auf Antrag der TPK befristet zwingende Mindestlöhne einführen.

Aufgrund des erhöhten Risikos – Stichwort hohes Lohngefälle – werden Dienstleistungserbringer aus dem Ausland öfter kontrolliert als Schweizer Unternehmen.

In welchen Branchen und weshalb wird hauptsächlich kontrolliert?

Die Vollzugsorgane verteilen die Kontrollen nach den spezifischen Risiken ihrer Regionen und Branchen. Das dezentralisierte und duale System der FlaM ermöglicht es den Kontrollbehörden, ihre Kontrollpolitik lokal auszurichten und sich auf die für ihre Situation spezifischen Herausforderungen und Risiken zu konzentrieren.

Jeder Betrieb kann kontrolliert werden. Die Auswahl erfolgt aufgrund der Risikobeurteilung und die Kontrollen finden schweizweit statt. So wurden im 2021 bei Schweizer Arbeitgebern Betriebskontrollen hauptsächlich in den Bereichen Dienstleistungen für Unternehmen, Handel, Gastgewerbe und Baunebengewerbe durchgeführt. Die ausländischen Dienstleistungserbringer waren grossmehrheitlich im verarbeitenden Gewerbe sowie im Baunebengewerbe tätig. Deshalb fanden dort die meisten Kontrollen von Dienstleistungserbringern statt. Das Gastgewerbe war die Branche mit den meisten Personenkontrollen. Zahlreiche Personenkontrollen wurden zudem im Baunebengewerbe, der verarbeitenden Industrie sowie im Personalverleih durchgeführt.

Botschafter Peter Gasser,

SECO

Weiterführende Artikel

Meist Gelesen