Publiziert am: 01.07.2022

Für KMU wirds noch schwieriger

LEISTUNGSSCHUTZRECHT – Die zunehmenden Eingriffe des Staates in das Internet werden in Zukunft zu Problemen führen. Für den Schweizerischen Gewerbeverband kommt es nicht infrage, dass die KMU mit der «Link-Steuer» die Zeche für die Verhandlungen mit den digitalen Giganten zahlen müssen.

Das Urheberrecht ist ein wichtiger Punkt, um das Privateigentum insbesondere an schriftlichen Produktionen zu sichern. Ein Autor verfasst einen Text, ein Buch oder ein Gedicht, das dann in der Regel von einem Verlag veröffentlicht wird. Es fallen also eine ganze Reihe von Kosten an, die mit der Produktion verbunden sind. Diese werden nicht durch das Urheberrecht, sondern durch Schutzrechte geschützt. Diese schützen jene Personen, die daran arbeiten, die Werke der Autoren zu verbreiten. Da jedes Rechtssystem an ein bestimmtes Territorium gebunden ist, schützt das Schweizer Recht diese Rechte nur in der Schweiz. Das ist logisch – und zeigt die Grenzen unseres Systems auf.

Nun hat eine technologische Revolution – das Internet – in gewisser Weise die Grenzen verwischt und die massenhafte Verbreitung der Werke von Urhebern ermöglicht; allzu oft ohne deren Wissen. Dadurch wird die Kontrolle über die Verbreitung der Werke von Autoren schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

Nun fordern Presseverleger von kommerziellen elektronischen Dienstleistern ein exklusives Recht, Links zu den von ihnen im Internet veröffentlichten journalistischen Inhalten zu erstellen. Das bedeutet, dass das Setzen von Links zu Zeitungsartikeln und anderen Artikeln kostenpflichtig wäre – selbst wenn der Artikel durch eine Paywall geschützt ist.

Noch mehr Hürden für KMU

Mit einer solchen Gesetzgebung könnten KMU nicht einmal mehr Links auf ihrer Website einfügen und auf einen Artikel verweisen, der sich beispielsweise auf ihr eigenes Unternehmen bezieht. All dies müsste bezahlt werden, und würde eine weitere administrative Hürde für KMU darstellen.

In Europa ist Frankreich bereits dazu übergegangen, die EU-Richtlinie zum Leistungsschutzrecht umzusetzen. Das erklärte Ziel ist es, endlich mit den Plattformen Google, Facebook und Twitter verhandeln zu können, um Geld von den Internetgiganten einzuziehen. Die Sache ist jedoch nicht so einfach, wie es scheint. Wie kann man mit diesen Giganten verhandeln? Letztendlich werden die Zeitungen möglicherweise auch zur Kasse gebeten, und müssen die Plattformen für andere Dienstleistungen bezahlen. Nur die grössten Verlage werden von der Massnahme profitieren.

In Spanien hat Google seine Google News geschlossen, und in Deutschland ist es Google gelungen, den Verlegern eine Lizenz aufzuerlegen, wenn sie in ihren Diensten erscheinen wollten.

Es sei hier darauf hingewiesen, dass die Idee hinter diesem Leistungsschutzrecht auch darin bestand, eine Umverteilung der Gewinne an die Journalisten zu organisieren.

Ein Irrweg

Unter der Ägide des EJPD von Bundesrätin Karin Keller-Sutter will der Bundesrat diesen Irrweg nun auch beschreiten. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv ist der Meinung, dass das Anbieten von Links über das Internet nicht kostenpflichtig sein sollte. Die Verleger werden von den Plattformen nicht profitieren, aber für die KMU wird die Situation noch schwieriger. Es kommt daher nicht infrage, dass die KMU die Zeche für die Verhandlungen mit den digitalen Giganten zahlen müssen.

Schon heute ist absehbar: Die zunehmenden Eingriffe des Staates in das Internet werden in Zukunft zu Problemen führen. Wenn es nur darum ginge, minimale Rahmenbedingungen zu regeln, wäre die Angelegenheit eine gute Chance, um den Unternehmergeist zu unterstützen. Wenn der Staat sich jedoch in den Kopf setzt, die Funktionsweise des Internetraums nach seinen Vorstellungen zu gestalten, indem er beispielsweise einen sicheren Raum für die Datennutzung vorschreibt oder versucht, eine Umverteilung der Gewinne zu organisieren, werden wir alle nicht mehr mit einem Internetmarkt, sondern mit einer sozialen Planung des Internets konfrontiert sein. Dieser Weg verheisst nichts Gutes.Mikael Huber, Ressortleiter sgv

Nein zur Link-Steuer

Vereinbarungen ohne Wert?

Während 5 Jahren– von 2012 bis 2017 – war der Schweizerische Gewerbeverband sgv aktives Mitglied der von der damaligen EJPD-Vorsteherin Simonetta Sommaruga einberufenen Arbeitsgruppe Urheberrecht (AGUR12). Ziel war es, unter den vielfältigen Interessengruppen – Kulturschaffende, Produzenten, Nutzer wie z. B. Konsumenten und Unternehmen, aber auch Internet Service Provider und Vertreter der Verwaltung – einen Konsens über die Art und den Umfang der Modernisierung des Urheberrechts zu finden. Bundesrätin Sommaruga setzte sich persönlich zusammen mit den AGUR12-Mitgliedern für eine tragfähige Lösung ein. Der Kompromiss kam erfolgreich zustande und umfasste eine Reihe von Massnahmen zur Bekämpfung der Internetpiraterie. In seiner Botschaft an den National- und den Ständerat hielt der Bundesrat Wort und orientierte sich an den Ergebnissen der AGUR12. Das revidierte Urheberrechtsgesetz trat am 1. April 2020 in Kraft.

Überprüfung, bevor das revidierte Gesetz in Kraft ist

Nachdem es Jahre gedauert hat, bis die Gesetzesrevision zustande gekommen ist, forderte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates bereits Ende April 2019 – bevor überhaupt das revidierte Gesetz in Kraft getreten war – mit einem Postulat eine «Überprüfung der Wirksamkeit der Revision des Urheberrechtsgesetzes».

Die Erarbeitung des Berichtes musste offenbar sehr schnell gehen, denn kurz vor Jahresende 2021 publizierte der Bundesrat einen Bericht über diese Wirksamkeit und nahm die Einführung eines Leistungsschutzrechts für journalistische Medien wieder auf.

Und das Nein zum Mediengesetz?

Auch das wuchtige Volks-Nein zum Mediengesetz vom 13. Februar 2022 hält den Bundesrat nicht davon ab, bis Ende Jahr eine Vorlage zum Leistungsschutzrecht zu erarbeiten. Gerüchteweise – denn offiziell weiss man nichts. Demnach müssten z. B. Google oder Facebook künftig die Verlage an den Einnahmen beteiligen, die sie mit dem Verbreiten derer Inhalte generieren. Es sind aber nicht nur Google oder Facebook, die betroffen sein werden, sondern möglicherweise auch alle Arten von Unternehmen.

Der sgv lehnt neue Steuern generell und das Leistungsschutzrecht (Link-Steuer) im Besonderen ab. Und er fragt sich, was Vereinbarungen an runden Tischen und im Rahmen von Arbeitsgruppen eigentlich wert sind ... Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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