Publiziert am: 18.03.2022

«Arbeiten ist die beste Option»

AUSSICHTEN – Olha Klok, Verkaufsleiterin bei ELEKS, berichtet über ihr mittelständisches Unternehmen. «Der Krieg wird enden und wir brauchen Geld, um das Land wieder aufzubauen».

Olha Klok ist eine der kaufmännischen Leiterinnen des Unternehmens ELEKS, einer Softwareentwicklungsfirma, die auch in der Schweiz tätig ist, wo das KMU viele Kunden hat. Sie ist Direktorin «Kundenerfolg» für Südwesteuropa. Wir hatten sie im November letzten Jahres in Zürich getroffen, als Schweizer Unternehmen die Flaggschiffe der IT-Branche vorstellten.

Die junge Frau aus der Ukraine nimmt den Anruf am 4. März von einem Ort irgendwo im Westen der Ukraine entgegen. «Wir sind in Sicherheit und können die operative Tätigkeit fortsetzen, unser Geschäft ist im Moment stabil und die Situation, zumindest in dieser Hinsicht, ist recht positiv.»

Die positive Energie bewahren

Nachdem der erste Schock überwunden war, musste man sich neu organisieren. «In unseren Teams arbeiten 25 Prozent der Beschäftigten im Ausland, in Polen und Kroatien, aber auch in Estland, wo wir Büros haben», erzählt sie, hörbar betroffen von den Ereignissen. Sie bemühe sich, eine starke positive Energie zu bewahren, erklärt sie. «Einige Mitarbeiter nehmen die Angebote von Kunden an, vorübergehend umzusiedeln, die ihnen eine Unterkunft und einen Arbeitsplatz in ihren Räumlichkeiten in Frankreich, den USA, Grossbritannien und Deutschland zur Verfügung stellen. Das fördert die Produktivität und die Moral der Leute.»

Produktivität hochhalten

Wie sieht Olha Klok die Zukunft? «Der Krieg wird enden und wir werden Geld brauchen, um das Land wieder aufzubauen. Daher ist es in diesen schwierigen Zeiten die beste Option, auf Hochtouren zu arbeiten. In diesem Zusammenhang gelingt es uns sogar, unsere Produktivität bei etwa 87 Prozent zu halten.»

Ein erfolgreiches Unternehmen kann sich auf sein Netzwerk verlassen – auch in Kriegszeiten: «Unsere Kunden rufen uns von überall her an, um uns Hilfe anzubieten, z. B. in Frankreich, aber auch in der Schweiz, wo wir viele Angebote erhalten haben, um an verschiedenen Projekten weiterzuarbeiten. In den letzten neun Tagen haben wir sogar neue Projektanfragen erhalten. Die Leute stellen uns Wohnungen zur Verfügung, um uns das Leben zu erleichtern, das ist sehr rührend!»

Angst vor Luftangriffen

Aufrecht stehen und handeln, das sei die Einstellung, die bei vielen Mitarbeitern vorherrsche, meint Olha Klok. «Viele unserer Mitarbeiter bleiben hier, um ihre Familien, ihre Häuser und ihr Eigentum zu schützen. Wir wissen nicht, was in dem Kopf dieses Verrückten vor sich geht, aber am meisten fürchten wir uns vor Luftangriffen.»

Worauf können sie noch hoffen, und in welcher Stimmung sind sie angesichts dieser Entwicklungen? «Wir haben die Petition zum Schutz unseres Luftraums unterzeichnet, aber wir müssen das auch in die Tat umsetzen. Wir warten darauf, dass die Welt handelt und unseren Himmel schliesst, den Rest werden wir vor Ort erledigen. Wir glauben an den Sieg, weil die Wahrheit auf unserer Seite ist. Die Welt muss sich vereinen und dafür sorgen, dass dies alles so schnell wie möglich ein Ende findet.»

Am selben Tag (4. März) lehnte die NATO es ab, auf die Petition für ein Flugverbot über der Ukraine einzugehen, um nicht in eine Eskalationslogik zu verfallen. Bis zum 10. März waren bereits mehr als zwei Millionen Menschen aus dem Land geflohen, die Hälfte davon nach Polen, der Rest nach Ungarn, in die Slowakei, nach Moldawien und Rumänien und in aller Herren Länder rund um den Globus. Die Russen standen vor den Toren Kiews und das Kinderkrankenhaus in Mariupol wurde von einem Luftangriff getroffen. Oth

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