Publiziert am: 19.11.2021

Das «Internet der Werte»

BLOCKCHAIN – Zu Deutsch «verteilte elektronische Register», verspricht Blockchain nicht weniger. Die Idee eines dezentralen, unveränderbaren Datenregisters könnte ganze Unternehmenslandschaften auf den Kopf stellen.

Rein technisch betrachtet, ist die Blockchain eine verteilte Transaktionsdatenbank. Das Besondere ist ihr Aufbau: Sie wächst, indem sich ein digitaler Block an den anderen hängt – immer und immer wieder. Damit hat jeder Block genau einen chronologischen Vorgänger und einen chronologischen Nachfolger.

Mehr Verbindungen zwischen den Blocks gibt es nicht; die Verknüpfungen mit dem vorangegangenen und folgenden Block sind unlösbar. Aus dieser digitalen Verkettung entsteht eine Liste, die die Werte ihrer Benutzer sowie sämtliche abgespeicherten Datensätze zu jedem Zeitpunkt dokumentiert: ein umfassendes Transaktionsregister.

Unveränderbar, dezentral, transparent

Dabei ist dieses Register nicht änderbar. Was drin steht, steht drin – «für immer». Nichts und niemand kann dieser digitalen Listenführung etwas anhaben. Denn selbst wenn an einem Ende der digitalen Kette das millionste Kettenglied angefügt wird, ist das erste noch immer als Anfang der Kette identifizierbar und genau so erhalten, wie es angefertigt wurde. Kurz: Die Kettenglieder, ihre Verbindungen und damit die gesamte Kette sind unzerstörbar.

Die Blockchain-Register haben weitere Eigenheiten, die für ihre Sicherheit und Skalierbarkeit sprechen. Sie zeichnen sich durch massive Redundanzen aus. Als verteilte Register sind sie eben nicht zentral gespeichert, sondern gleichzeitig und genau gleich an vielen verschiedenen Orten. Dazu sind sie in der Regel öffentlich. Ihr Inhalt ist jederzeit abruf- und überprüfbar. Unveränderbarkeit, Dezentralität und Transparenz sind also die Kernelemente der Blockchain. Was lässt sich damit machen?

Mehr als bloss Bitcoin

Die bekannteste (und erste) Anwendung einer Blockchain ist die Kryptowährung Bitcoin. Eine Person oder Gruppe mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto hatte die Software dafür 2008 unter dem Eindruck des Versagens von Banken und Regierungen während der Finanzkrise entwickelt. Aus dieser Skepsis gegenüber institutionellen Vermittlern resultiert das Open-Source-Prinzip der Bitcoin-Blockchain: Das neue Transaktionsregister sollte keine zentrale Instanz mehr erfordern und offen sein für alle.

Kryptowährungen sind also nur eine Anwendung der Blockchain. Kenner sagen, sie seien sogar eine relativ unwichtige Umsetzung dieser Technologie. Die unveränderbaren, verteilten und transparenten Register eigenen sich nämlich für alle Typen von Transaktionen, wo Werte übertragen werden. Denn die Blockchain kann diese Werte erfassen und die Übertragung viel effizienter gestalten, als es heute der Fall ist.

Schon in Anwendung

Die Beispiele für heutige Anwendungen von Blockchain sprechen auch dafür. Die Schweiz ist eine Vorreiterin in ihrer Verwendung für Aktienregister. Auch Versicherungs-, Leasing- und andere Verträge werden hier schon mit Blockchain abgeschlossen und geriert. In den Startlöchern stehen Anwendungen der Blockchain als elektronische Patientendossiers, für Handelsregistereinträge oder auch zur Kreditüberprüfung.

«Die Kettenglieder, ihre Verbindungen und damit die gesamte Kette sind unzerstörbar»

In der Euphorie heisst es schnell: Der Blockchain gehört die Zukunft. Daran kann man zweifeln. Dass aber Blockchain in der Zukunft ein zusätzliches Instrument für Unternehmen sein wird, ist nicht zu bezweifeln. Sie ist es schon in der Gegenwart.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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