Publiziert am: 18.03.2022

Dem Moralismus von links entgegentreten

LIBERETHICA – Der neu gegründete Think-Tank der Wirtschaft will Gegensteuer zur Gesinnungsethik geben und mit ethischen Argumenten aus liberaler Sicht dagegenhalten.

In der Politik geht es immer öfter um Gut oder Böse, nicht mehr um Richtig oder Falsch. Das spiegelt sich auch in den zunehmend moralisch aufgeladenen Abstimmungskämpfen wider: Da kämpfen Menschenrechtsbewahrer gegen Ausbeuter, Naturfreunde gegen Giftspritzer, Klimaschützer gegen Stromriesen, da geht es um Gerechtigkeit statt Profit, um eine frauenfreundliche statt frauenfeindliche AHV-Reform. Wirtschaftsskeptische Akteure wie linke Parteien, NGO und teilweise auch die Kirchen pachten die Moral für sich und beanspruchen die Deutungshoheit darüber, was ethisch sei.

Gesinnungsethik oder Ethik

Dabei argumentieren sie fast ausschliesslich gesinnungsethisch, will heissen, ohne die Konsequenzen und die Praxistauglichkeit von Entscheidungen zu bedenken. Auf ethische Argumente, die zunehmend an Einfluss in der politischen Meinungsbildung gewinnen, reagiert die Wirtschaft vorwiegend defensiv. Dabei haben gerade die Debatten im Zusammenhang mit der Abstimmung über die KVI und Pestizidinitiative gezeigt, dass man ethische Fragen nicht mit wirtschaftlichen Argumenten bodigen kann, sondern ihnen mit ethischen Argumenten begegnen muss.

Die Defensivhaltung ablegen

Aus diesem Grund will der unlängst von Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kirche gegründete Think-Tank «Liber-ethica» Wirtschaftsakteure dabei unterstützen, aus ihrer ethischen Defensivhaltung auszubrechen. Dem Moralismus von links soll mit einer ethischen Offensive aus liberaler Sicht begegnet werden. Der moralischen Überheblichkeit wirtschaftsskeptischer Kreise, die Andersdenkenden jede Moral absprechen, ist entgegenzuhalten, dass ein Unternehmen, das ethisch wirtschaftet, nicht einfach eine hehre Gesinnung durchboxen kann, sondern immer auch die Reichweite der Folgen von Entscheidungen mitbedenken muss.

Ein in der Pflanzenproduktion tätiges Unternehmen, das ethisch handelt, wird genau überlegen müssen, ob es ganz auf Pflanzenschutzmittel verzichten und dadurch in Kauf nehmen will, dass bestimmte Kulturen wegfallen, was nachteilige Folgen für den Gesamtbetrieb und dessen Angestellte hätte.

Güterabwägung erforderlich

Gerade vonseiten der Wirtschaft ist deshalb daran zu erinnern, dass moralisch eindeutige Lösungen in der Praxis kaum zu haben sind: Weil die Realität nicht einfach schwarz oder weiss ist, treten oftmals Wertkonflikte auf, die eine Güterabwägung zwischen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfordern.

Wenn die Wirtschaft das ethische Feld nicht einfach wirtschaftsskeptischen Kreisen überlassen will, wird sie sich künftig vermehrt darum bemühen müssen, ihre liberalen Positionen auch ethisch zu reflektieren und zusätzlich zu ökonomischen auch ethische Argumente in die politische Waagschale zu werfen.

Dies könnte im Blick auf die bevorstehende Abstimmung zur AHV-Reform heissen, dass die Wirtschaft ein tieferes Rentenalter der Frauen auch und vor allem deshalb bekämpft, weil es zutiefst unethisch ist. Dass am Privileg der Frauen festgehalten werden soll, wie das linke und wirtschaftsfeindliche Kreise wollen, ist nämlich insofern unethisch, als dies auf Kosten der Jungen geschieht, die am Ende dafür die Zeche bezahlen müssen.

Béatrice Acklin Zimmermann,Geschäftsführerin Liberethica undehemalige Freiburger FDP-Stadträtin

www.liberethica.ch

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