Publiziert am: 27.05.2016

«Den Bürojob 
braucht es noch!»

NACHGEFRAGT

Schweizerische Gewerbezeitung: Die digitale Revolution erfasst auch den Dienstleistungssektor und damit die Büroangestellten. Was bedeutet dies für die kaufmännische Ausbildung?

n Manuel Keller: Wie auf die gesamte Arbeitswelt kommen auch auf den kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Beruf Veränderungen zu. Durch Digitalisierung getriebene Neuerungen gab es in unserem Umfeld jedoch bereits in der Vergangenheit. Neu ist sicher die enorme Geschwindigkeit dieses Wandels. Nebst der kontinuierlichen Anpassung der Bildungsinhalte der Berufslehre ist für den kaufmännischen Verband die Qualität und das Angebot im Bereich der höheren Berufsbildung zentral.

 

Welche neuen Kompetenzen mĂĽssen die KV-Lernenden sich in Bezug auf die Digitalisierung aneignen?

n  Angestellte müssen fähig sein, Problemsituationen zu meistern oder Projekte zu managen, die über die standardisierbaren Prozesse hinausgehen. Dafür müssen sie sich Problemlösungskompetenzen und vernetztes Denken aneignen. Ebenfalls zentral ist die Förderung von Sozialkompetenzen. Computer können «harte» Daten auswerten und analysieren – und sind in diesem Bereich dem Menschen überlegen. Schwieriger ist die Interpretation von weichen, sozialen Faktoren, die jedoch beispielsweise für die Kundenberatung oder aber für die Personalrekrutierung zentral ist und bleibt. Hier hat der Mensch einen nachhaltigen Vorteil.

Gibt es den Bürojob in zehn Jahren noch oder wie verändert er sich?

n  Ja, unbedingt. Den Bürojob braucht es noch. Überall dort, wo breites Fach- und Branchenwissen, gekoppelt mit «menschlichen» Fähigkeiten wie vernetztes Denken, Kreativität, Sozialkompetenz und Problemlösefähigkeit gefragt sind. Sprich in allen kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Berufsfeldern – aber mit angepassten Berufs- und Tätigkeitsprofilen. Abnehmen wird indes der Anteil an administrativer Arbeit, die Angestellte künftig noch verrichten werden.

 

Absolventen sind bestens auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet. Ist das so?

n  Unsere Umfrage bei 3000 KV-Lehrabgängerinnen und -gänger zeigt es deutlich, neun von zehn jungen Erwachsenen fühlen sich nach Abschluss der KV-Lehre gut auf ihre erste Arbeitsstelle vorbereitet.

Was bedeutet die Digitalisierung in Bezug auf die Investitionen in der Berufsbildung?

n &nbps;Investitionen in die Berufsbildung dürfen nicht gekürzt werden. Damit den jungen Berufsleuten in Zukunft alle Wege offenstehen, sind wir auch politisch gefordert. Einerseits muss die KV-Lehre qualitativ hochstehend, arbeitsmarktnah weiterentwickelt und andererseits die höhere Berufsbildung gestärkt werden. In diesem Zusammenhang ist der Kaufmännische Verband enttäuscht über die BFI-Botschaft 2017–2020 des Bundesrates: Die Berufsbildung verzeichnet das geringste Wachstum aller BFI-Bereiche. Wir engagieren uns entsprechend in der Politik.

 

Wie gehen die KV-Lernenden mit den neuen Technologien um?

n  Für KV-Lernende sind dies keine neuen Technologien. Sie kennen nichts anderes und wachsen damit auf. Entsprechend locker und ohne Vorbehalte gehen sie damit um.

Interview: CR

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