Publiziert am: 06.11.2020

Der Schweiz passt dieses Korsett einfach nicht!

Das vom Bundesrat präsentierte institutionelle Abkommen ist alles andere als massgeschneidert. Die EU-Schneider haben kein einziges Mal Mass genommen an uns Schweizern … Der Vertrag ist vielmehr ein Korsett, welches uns Schweizern übergestülpt und aufgezwungen wird! Mit dem Abkommen verpflichten wir uns, heutiges und zukünftiges EU-Recht zu übernehmen. Wenn wir anders abstimmen, werden wir bestraft, und sogar der Zollfreihandelsvertrag kann ausgesetzt werden. Bei jeder Abstimmung geht es dann um «alles oder nichts». Das Schiedsgericht hat gar nichts zu sagen. Der Europäische Gerichtshof als fremder Richter entscheidet.

Das EU-Recht stellt so ziemlich alles, was wir kennen, auf den Kopf! Nach europäischem Beihilferecht dürfen sich weder Gemeinden, Kantone noch Bund wirtschaftlich engagieren, ohne dass die EU dies ausdrücklich genehmigt. Die Beihilfen lassen keine Anreize für Ansiedlungen von Unternehmen, keine Wirtschaftsförderung, keine Steuervergünstigungen oder regionalpolitische Unterstützungen mehr zu. Die deutlich höheren EU-Mehrwertsteuersätze von mindestens 15 Prozent müssten übernommen werden. Tourismusorganisationen, öffentliche Anstalten wie Schwimmbäder oder Schneesportzentren, aber auch kulturelle und sportliche Organisationen und Veranstaltungen können nur noch mit Zustimmung der EU unterstützt werden.

Die gesamten Covid-19-Überbrückungskredite und -Unterstützungsleistungen der Schweiz hätten unter dem Rahmenvertrag eine ausdrückliche Genehmigung der EU benötigt! Auch für die UBS-Rettung in der letzten Finanzkrise hätte der Bundesrat zuerst eine Bewilligung von der EU einholen müssen! Sogar unsere Aus- und Weiterbildung wie auch unsere Beschäftigungs- und Integrationsprogramme wären vom Rahmenvertrag betroffen. Mit dem bereits verhandelten Stromabkommen wird die ganze Energielandschaft auf den Kopf gestellt. Grosswasserkraftwerke können nicht mehr unterstützt werden, kommunale Elektrizitätswerke kommen unter Druck. Sie müssten wohl privatisiert werden. Bewährte Schweizer Institutionen wie die Kantonalbanken, unsere Spitäler, die kantonale Gebäudeversicherung oder die Suva wären betroffen. Unsere langjährige Sozialpartnerschaft wird im Rahmenvertrag durch europäisches Arbeitsrecht ersetzt. Regulierungen, Zuwanderung, stärkerer Lohndruck, nicht mehr finanzierbare Sozialleistungen sind die Folgen.

Mit der Unionsbürgerschaft sollen das Aufenthaltsrecht und der Familiennachzug früher gewährt werden. Zuwanderer und Grenzgänger bekommen die Sozialhilfe, auch wenn sie nicht hier arbeiten. Allein die zusätzlichen Zahlungen für Grenzgänger schätzt der Bund auf 600 bis 800 Millionen pro Jahr. Die Zusatzkosten machen höhere Beitragszahlungen und tiefere Leistungen für alle erforderlich. Auf Geheiss der EU muss die Schweiz dann sogar noch allen EU-Bürgern das Stimm- und Wahlrecht erteilen! Für das Gemeindestimmrecht ist das bereits so vorgesehen. In der Landwirtschaft verstossen die Verkäsungszulage, das Schoggigesetz und die Siloverbotszulage gegen die EU-Regelungen. Auch in der Gentechnik wäre eine Öffnung nötig.

Diese zahlreichen praktischen Beispiele wurden von Professoren, die sowohl das Schweizer als auch das europäische Recht fundiert kennen, in schriftlichen Gutachten zuhanden der Kantone und dem Parlament aufgelistet. Wer behauptet, der institutionelle Rahmenvertrag würde kaum etwas ändern, hat sich entweder nicht damit beschäftigt oder will die Auswirkungen ganz einfach unter den Tisch kehren! Glücklicherweise haben nun endlich neben Wirtschaftsvertretern auch einflussreiche Politiker wie alt Bundesrat Johann Schneider-Ammann und CVP-Präsident Gerhard Pfister erkannt, dass der Rahmenvertrag die Schweiz unterjocht und zur Aufgabe der Souveränität und zur Unterstellung unter fremde Gerichte zwingt.

Und das Beste noch zum Schluss: Für all das müssten wir auch noch Milliarden Franken an heutige und zukünftige EU-Programme und natürlich für die Kohäsionsmilliarde zahlen! Der Rahmenvertrag stellt unser gesamtes Rechtssystem, unseren ganzen Erfolg auf den Kopf. Deshalb muss der Bundesrat den Vertrag entschieden zurückweisen und der EU klipp und klar erklären, dass das für uns nicht in Frage kommt! Hoffentlich ist die SVP nun nicht mehr die einzige Partei in Bern, welche dies fordert!

* Die Bündner SVP-Nationalrätin und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher ist Vizepräsidentin und Delegierte des Verwaltungsrates der EMS-CHEMIE HOLDING AG.

www.martullo-blocher.ch

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