Der sgv spricht sich vehement gegen die Erhöhung der Lohnprozente aus
Die Schweiz muss aufholen
PRODUKTIVITĂ„T – Erstaunlich, aber wahr: Die Schweiz ist in den verganÂgenen Monaten – rechnerisch gesehen – produktiver geworden. Der Lockdown hat gezeigt, dass es Potenziale zur ProÂduktivitätssteigerung gibt. Diese gilt es umzusetzen.
Keine Frage: Die Corona-Krise trifft Menschen und Unternehmen hart. Doch neben allem Offensichtlichen wirkt sie sich auch indirekt auf die Wirtschaft aus. Eines der interessantesten Rätsel dabei: Während des Lockdowns ist die Produktivität um fast 20 Prozent angestiegen.
Schon intuitiv ist es schwer zu erklären: Wie kann es sein, dass in einer Zeit der Krise die Produktivität steigt? Auch die ökonomische Logik scheint nicht weiterzuhelfen. Wenn das Bruttoinlandprodukt (BIP) abnimmt, ist ein Anstieg der Produktivität unplausibel.
Was ist überhaupt Produktivität?
Das Verhältnis von den Ergebnissen der wirtschaftlichen Tätigkeit (Output) zu den dafür eingesetzten Produktionsfaktoren (Inputs) nennt man Produktivität. Sie wird also angenähert als Output pro Input-Einheit. Der Output bezeichnet dabei das Produktionsergebnis, also die erzeugten Güter und Dienstleistungen, unabhängig von Preisveränderungen. Demgegenüber schliessen Produktionsfaktoren alle Mittel und Leistungen ein, welche zur Herstellung des Outputs erforderlich sind. Dabei findet meist ein kombinierter Einsatz mehrerer Elemente, wie etwa Land, Energie, Wissen, Immobilien und Maschinen, statt. Vereinfachend spricht man von den Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital.
Rein rechnerisch spricht man von einem Produktivitätszuwachs, wenn das Verhältnis grösser wird. Wenn etwa in einer Arbeitsstunde (Input) mehr Güter (Output) entstehen. Oder wenn pro eingesetztem Franken (Input) der Gewinn eines Unternehmens (Output) grösser wird.
Es ist auch möglich, die Produktivität einer gesamten Volkswirtschaft anzunähern. Dafür setzt die Wirtschaftswissenschaft das Ergebnis aller wirtschaftlichen Tätigkeiten, das BIP (Output), im Verhältnis zur Summe aller geleisteten Arbeitsstunden (Input). Freilich ist zu beachten, dass beide Komponenten jeweils für die gleiche Periode gemessen werden.
Produktiver geworden
Und nun zurück zum Corona-Lockdown. In der Phase des Lockdowns hat die Schweiz etwa 10 Prozent des BIP verloren. Das ist schlecht. Sie hat auch um die 25 Prozent der Arbeitskraft verloren. Auch das ist schlecht – und für die von Entlassungen und Kurzarbeit Betroffenen nicht selten eine Tragödie. Wenn man jedoch beide Zahlen in Verhältnis zueinander setzt, wird Erstaunliches deutlich. Zwar ist der Output zurückgegangen, aber der Input hat noch stärker abgenommen.
Um gleich produktiv wie vor dem Lockdown zu bleiben, müsste die Schweiz bei einem Rückgang der Arbeitsstunden um 25 Prozent auch einen Einbruch des BIP um 25 Prozent spüren. Doch das ist so ausgeblieben. Das BIP hat um «nur» 10 Prozent nachgelassen. Das wiederum bedeutet: Eine Krisen-Arbeitsstunde hat mehr Output als die Nichtkrise-Arbeitsstunde. Deswegen kann man sagen: Während des Lockdowns ist die Schweiz produktiver geworden. Das ist nur wenigen aufgefallen.
Mit Vorsicht zu geniessen
Jetzt ist aber Vorsicht geboten. Denn diese Zahl ist mit Vorsicht zu geniessen. Erstens ist sie eine allgemeine Plausibilisierung – und der Teufel liegt natürlich auch hier im Detail. Zweitens ist die Messperiode kurz. Auch wenn eine Volkswirtschaft ihre Produktivität zeitlich begrenzt steigern kann, heisst das noch lange nicht, dass sie dies auch langfristig tun kann. Dennoch ist die Botschaft sehr wichtig. Im internationalen Vergleich gibt die Schweiz nach. Sie ist von Deutschland, Österreich oder Frankreich schon überholt worden. Das ist ein Problem. Denn geringerer Produktivitätswachstum heisst meist Stagnation der Reallöhne und damit der Lebensqualität, namentlich der Angestellten.
Der Lockdown hat gezeigt, dass es Potenziale zur Produktivitätssteigerung gibt. Diese gilt es umzusetzen. Von erhöhter Produktivität profitieren jene, welche von der Corona-Krise am stärksten betroffen sind, am meisten.Sc
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