Publiziert am: 16.09.2022

Ein grober Fehlstart

TABAKWERBUNG – Der bundesrätliche Vernehmlassungsentwurf zur Umsetzung der Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» greift massiv in die Wirtschaftsfreiheit ein. Der Start zur Umsetzung der Volksinitiative hätte nicht schlechter sein können.

Die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» wurde am 13. Februar angenommen und muss nun entsprechend umgesetzt werden. Doch was macht der Bundesrat mit dem Gesetzesentwurf, der in die Vernehmlassunggeschickt wurde? Das neue Tabakproduktegesetz wird teilweise in unangemessener und unverständlicher Weise umgeschrieben. Der Vorschlag des Bundesrats ist sachfremd und unverständlich. Er war in Teilenweder Gegenstand der Volksinitiative, noch trägt er irgend etwas zum Jugendschutz bei.

Inakzeptables Vorgehen

Dies ist aus demokratiepolitischer Sicht inakzeptabel. Gleich in mehreren Punkten schreibt der Bundesrat das vor weniger als einem Jahr vom Parlament verabschiedete Tabakgesetz um. Zum Beispiel mit der Meldungspflicht für Werbeausgaben durch die Branche. Eine solche war nicht Gegenstand der Verordnung, wird vom Bundesrat nun aber durch die Hintertür wieder eingeführt. Es stellt sich etwa die Frage: Warum müssen die Behörden die Werbeausgaben der Branche kennen? Ihre Aufgabe ist doch ganz einfach, die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren.

Es ist demokratiepolitisch äusserst bedenklich, wenn man sich nicht auf klare Entscheidungen stützen kann und bereits geklärte Punkte erneut diskutieren muss. Die Rechtsstabilität wird unter einem solchen Vorgehen leiden. Es besteht namentlich die Gefahr, dass die Branche ihre Aktivitäten auslagert. Das geht so weit, dass man sich fragt, ob der Bundesrat die – notabene beim Anbau subventionierte – Tabakindus-trie, die hierzulande produziert und auch investiert, noch in der Schweiz halten will.

Behörden an Gesetze gebunden

Die Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik, kurz AWMP, fordert, dass der Schutz von Minderjährigen vor Tabakwerbung entsprechend dem Wortlaut der Ini-tiative umgesetzt wird – nicht mehr und nicht weniger. Der Entwurf des Bundesrats sieht jedoch ein vollständiges Werbeverbot für alle Tabakprodukte und elektronischen Zigaretten vor. Und das gilt für alle Arten von Werbung. Selbst Online-Werbung ist betroffen, auch wenn durch geeignete technische Massnahmen sichergestellt wird, dass sie nur von Erwachsenen abgerufen werden kann. Der Bundesrat bzw. seine Bundesverwaltung gehen also sogar über das hinaus, was die Volksinitiative fordert.

Es ist klar, dass auch die Behörden an Gesetze gebunden sind, sie befolgen müssen und ohne entsprechende Gesetzesgrundlage nichts unternehmen können. Es ist deshalb an der Zeit, dass man zu einem Gesetzesvorschlag zurückkehrt, der mit dem Text der Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» übereinstimmt.

«Warum sollten die Behörden die Werbeausgaben der Branche kennen? Sie müssen schlicht die Einhaltung der Vorschriften kontrollieren.»

Wenn der Bundesrat nun erneut eine Meldepflicht für die Marketingausgaben von Herstellern und Importeuren von Tabak- und Nikotinprodukten einführen will, so sei er daran erinnert, dass das Parlament eine solche Meldepflicht bereits mehrfach abgelehnt hat. Das letzte Mal war dies bei der Verabschiedung des Gesetzes über Tabakerzeugnisse am 1. Oktober 2021 – also vor weniger als einem Jahr! Auch hier gilt: Wer macht eigentlich in der Schweiz die Gesetze? Ist es das Parlament oder der Bundesrat und die Verwaltung? Eben!

Mikael Huber, Ressortleiter sgv und Geschäftsführer AWMP

www.awmp.ch

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