Publiziert am: 17.06.2022

Eine Schnapsidee

GRÜNER STEUERHUNGER – Der Prä­si­dent der Grünen Schweiz, Balthasar Glättli, fordert, dass Firmen, die in Krisenzeiten viel Geld verdienen, eine Sondersteuer zahlen sollen. Der Schweizerische Gewerbeverband lehnt ein solches Ansinnen dezidiert ab. Nicht nur, weil es der Rechtssicherheit schaden würde.

Kaum ist die Covid-19-Krise zum ersten vorbei, regt sich bereits wieder der Appetit auf die hohen Gewinne einiger Unternehmen. Diese haben unter den Zwangsmassnahmen gelitten – dennoch konnten einige von ihnen beträchtliche Gewinne erwirtschaften, da das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage durch die staatlichen Massnahmen völlig gestört wurde.

«Das Geld anderer Leute würde konfisziert, um anderswo den Edlen Retter zu spielen.»

Es gab Verlierer, und zwar viel zu viele. Doch andere konnten aufgrund dieser Ungleichgewichte ihre Gewinnspanne sehr stark – und wahrscheinlich nur punktuell – verbessern. Mit der Zeit werden sich diese Ungleichgewichte wieder ausgleichen, wenn die Marktmechanismen freie Hand haben.

Dennoch werden nun die «Gewinner» an den Pranger gestellt, als wären sie Profiteure, die einen Mehrwert erwirtschaftet haben, um es mit marxistischen Begriffen zu sagen.

Ein Mangel an Fantasie

Der Präsident der Grünen, Nationalrat Balthasar Glättli, kam daher auf die – nicht besonders fantasievolle – Idee, einen parlamentarischen Vorstoss einzureichen, in dem gefordert wird, die sogenannten «Krisenprofiteure», seien es aus Kriegen, Pandemien oder anderen Katastrophen, zu besteuern. Dieser Wunsch geht nicht nur von pro-staatlichen linken Kreisen aus, sondern auch von den Grünliberalen, die offenbar ebenfalls auf die Möglichkeiten zur Erhebung neuer Steuern schielen.

Professor Jan-Egbert Sturm von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich schlägt ebenfalls vor, die Profiteure zu besteuern, um die Verlierer zu unterstützen. Nicht genug: Diese Bewegung ist leider nicht nur in der Schweiz zu beobachten. England hat bereits eine Sondersteuer für den Ölkonzern BP eingeführt, da dieser angekündigt hatte, im ersten Quartal einen Gewinn von sechs Milliarden statt der erwarteten vier Milliarden zu erzielen. Das explosive Wachstum im Rohstoff- und Energiebereich wird auch in Spanien, Griechenland und Italien mit einer Sondersteuer belegt.

Kein Grund, die Regeln zu ändern

Krisen werden die Gesellschaft immer wieder erschüttern. Es ist deshalb seltsam, die vermeintlichen Gewinner jener Ungleichgewichte schröpfen zu wollen, die solche Zeiten scheinbar unbeschadet überstanden haben. Dies besonders, da die gesetzlichen Grundlagen ja bereits vorhanden sind, um die Unternehmen im Verhältnis zur Höhe ihrer Gewinne zu besteuern.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv sieht daher auch keinerlei Notwendigkeit, von diesen Regeln abzuweichen, die eine Kontinuität bei der steuerlichen Behandlung von Gewinnen gewährleisten. Die rechtliche Stabilität für die Besteuerung ist ein wichtiger Faktor, der aufrechterhalten werden muss, um sicherzustellen, dass die Schweizer Wirtschaft auch in den kommenden Jahren attraktiv bleibt.

Mit fremdem Geld Retter spielen

Es ist klar, dass der schnelle Anstieg der Treibstoffpreise ein Mittel zur Bereicherung sein könnte, und das Eidgenössische Finanzdepartement beobachtet die Vorgänge auf dieser Ebene sehr genau. Es ist ebenfalls klar, dass einige auch diese Knappheit von Gütern missbrauchen und diese zurückhalten könnten, um sie teurer zu verkaufen, insbesondere wenn es sich etwa um gängige Lebensmittel handelt. Dies hätte ethische Konsequenzen, die nach klaren Sanktionen verlangen würden.

Aber was will der Chef der Grünen mit diesen zusätzlichen finanziellen Ressourcen denn eigentlich erreichen? Er fordert, diese Mehreinnahmen für den Wiederaufbau der Ukraine und zugunsten der Hilfe für die ärmsten Länder, die unter den exorbitanten Preissteigerungen leiden, einzusetzen. Das mag ein netter Gedanke sein, klug ist er nicht.Das Geld anderer Leute würde konfisziert, um anderswo den edlen Retter zu spielen und arme Länder mit Hilfsgeldern zu bevormunden. Das Argument ist populär, allerdings stellt die Idee eindeutig eine zusätzliche konfiskatorische Steuer dar und schadet zudem der Rechts-sicherheit massiv. Der sgv lehnt derlei Schnapsideen entschieden ab.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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