Publiziert am: 02.10.2020

«Es wird ein harter Winter»

CORONA-KRISE – Die Pandemie lässt im Markthandel sämtliche Einnahmen einbrechen – ein existenzbedrohender Albtraum für viele.

Eine Absage nach der anderen: Knabenschiessen, Olma, Herbstmesse Basel. Zibelemärit Bern – alles gestrichen. «Die meisten unserer Mitglieder haben seit Mitte März – als es für uns eigentlich wieder losgehen sollte – 100-prozentige Einbussen zu verzeichnen und arbeiten nicht», sagt Jürg Diriwächter, Präsident Schweizerischer Marktverband. Und er ergänzt: «Die Situation ist dramatisch. Wir haben keine Planungssicherheit, es werden mehr Märkte, Chilbis und Messen abgesagt als stattfinden.» Die Marktfahrer und Schausteller stehen vor einem grossen Problem: Trotz der weitgehenden Lockerungen der Covid-Einschränkungen und der Aufhebung der 1000er-Grenze für Grossveranstaltungen sind die Verdienstmöglichkeiten im Markthandel praktisch nicht vorhanden. «Wir haben ein Schutzkonzept ausgearbeitet und Märkte dürften auch stattfinden, allerdings die Gemeinde davon zu überzeugen ist sehr schwierig. Die meisten Märkte werden abgesagt», weiss Diriwächter.

Erwerbsausfall und Kurzarbeit greifen schlecht oder gar nicht

Das wirtschaftliche Ausmass ist enorm. Die sechs Dachverbände der Marktfahrer und Schausteller – darunter auch der SMV – beziffern die Gesamtsumme der Jahrmärkte und Chilbis auf mehr als 680 Millionen Franken. Allein die Basler Herbstmesse – mit rund 11 Millionen Besuchern das grösste Volksfest der Schweiz – erwirtschaftet eine Wertschöpfung von über 100 Millionen Franken. Insgesamt sind mit allen Saisonarbeitern und Zulieferern in diversen Bereichen mehr als 10 000 Menschen von den Absagen betroffen. Erschwerend kommt hinzu: Die Erwerbsausfallentschädigung wird anhand des steuerlichen Einkommens berechnet. Die meisten Markthändler sind Einzelfirmen und das private und geschäftliche Einkommen und Vermögen wird nicht getrennt. Daher haben die meisten keinen Anspruch auf die Erwerbsausfallentschädigung, da die Obergrenze dieser Leistung bei 90 000 Franken liegt. Oder die EO-Entschädigung, die noch bis Ende 2020 verlängert wurde, reicht nicht einmal, um die Fixkosten zu decken. «Schausteller haben zum Teil horrende Fixkosten für Hallenmiete und Leasing der Bahnen», so Diriwächter.

Der Bund tut sich schwer

Für viele Marktfahrer und -händler geht es um die Existenz. Gemäss Diriwächter verkaufen einige schon ihre Zugfahrzeuge, um finanziell einigermassen über die Runden zu kommen. «Der Bund tut sich schwer mit unserer Branche. Das Geld wird bei vielen Berufskollegen nicht bis Ende Jahr reichen. Ohne Unterstützung werden viele Markthändler und Schausteller das Geschäft noch vor dem Jahresende aufgeben müssen», prognostiziert Diriwächter. «Oder sie suchen sich ein anderes zusätzliches Standbein, sonst überleben sie nicht.» Diriwächter hofft, dass die EO-Zahlungen an die Selbstständigen bis Ende März 2021 verlängert werden. «Doch auch so wird es ein harter Winter. Denn viele Christchindlimärkte werden ausfallen und Ende November beginnt für viele die Winterpause.» CR

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