Publiziert am: 13.05.2016

«Es wurde masslos übertrieben»

GASTROSUISSE – Die Folgen der Frankenstärke sowie die Überregulierungen sind schwerwiegend für das Gastgewerbe. Deshalb ­fordert der Verband GastroSuisse einen Tourismusgipfel und rasches politisches Handeln.

Frankenstärke, Überregulierung, Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der Tourismus im Wandel – das Gastgewerbe hat sich vielen Herausforderungen zu stellen. Casimir Platzer, Präsident von GastroSuisse und sgv-Vorstandsmitglied, gab anlässlich der Jahresmedienkonferenz eine Einschätzung der Lage ab. Sein Fazit: «Nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Politik ist gefordert.»

Komplexe Ausgangslage

Ein «Fehlentscheid der SNB» sei es gewesen, die Aufhebung des Euro-Mindestkurses vor über einem Jahr, erklärte Casimir Platzer in Bern. «Das Gastgewerbe leistet viel», lobte Platzer die Arbeit in der Branche, doch immenser Kostendruck oder auch die Sorge um die Rekrutierung von Fachkräften in einem Markt, der permanenten Veränderungen unterliegt, bedingen zusätzliche Massnahmen, die der Wirtschaft dienen. «Die Ausgangslage ist komplex, ein Patentrezept gibt es nicht», analysierte er. Doch für ihn steht fest: Das Ausmass der Betroffenheit werde deutlich unterschätzt. Besonders im Tourismus, wo die Nachfrage in den Berggebieten einbricht und ganzen Tälern Abwanderung und Entvölkerung droht.

«Das Gastgewebe 
leistet viel.»

Um Herr der Lage zu werden, fordert der GastroSuisse-Präsident einen Gipfel «zur Stützung des Tourismus im alpinen Raum».

Volksinitiative kommt 
nach der Sommerpause

Die Wettbewerbsfähigkeit der Branche werde durch hohe Kosten in der Schweiz belastet. Allein die Personal- und Warenkosten würden sich im Gastgewerbe auf gegen 80 Prozent der Gesamtkosten belaufen. Zusammen mit starken Allianz-Partnern wird deshalb nach der Sommerpause eine Volksinitiative mit dem Titel «Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise» lanciert. Auf diesem Weg sollen eine echte Beschaffungsfreiheit erreicht und überrissene Schweiz-Zuschläge unterbunden werden, die nicht nur die Unternehmer, sondern auch die Konsumenten belasten.

Überregulierung auf 2000 Seiten

GastroSuisse kämpft nicht nur gegen Handelshemmnisse, sondern auch gegen unnötige Bürokratie und Überregulierung. Deutlich über das Ziel hinausgeschossen sei das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit zum Beispiel mit dem Verordnungspaket «Projekt Largo». Casimir Platzer zeigte einen Stapel von 2000 Seiten und fand klare Worte: «Es wurde masslos übertrieben.» Die Fülle von Regulierungen ist zu einer hohen Belastung für die KMU geworden. «Alle reden von Entlastung», sagt Ernst Bachmann, Vizepräsident von GastroSuisse und Präsident von GastroZürich, «doch das Gegenteil ist der Fall.»

Jeder, der heute einen Betrieb führen möchte, müsse sich mit einem Berg von Vorgaben auseinandersetzen. «Für die eigentliche Aufgabe, nämlich Gastgeber zu sein, bleibt immer weniger Zeit», konstatierte Bachmann. Regeln und Gesetze brauche es, aber mit Vernunft und Augenmass. Die 2000 Seiten Bürokratie und Überregulierungen von «Projekt Largo» schössen dabei deutlich über das Ziel hinaus. «Wenn der Staat uns also helfen will», fordert Ernst Bachmann, «dann soll er bei der Regulierung der KMU nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen!»

«Bei der Regulierung der KMU nicht mit Kanonen auf Spatzen schiessen!»

Allen Herausforderungen zum Trotz bleiben die GastroSuisse-Verantwortlichen zuversichtlich. Stellvertretend dafür Ernst Bachmann: «Wir lieben unseren Beruf, wir werden uns durchkämpfen.»

uhl

ZAHLEN & FAKTEN

Mehr Gastronomietourismus

Die Schweizer Wohnbevölkerung hat 2015 insgesamt 22.4 Milliarden Franken für Essen und Trinken ausser Haus ausgegeben. Das sind mehr als 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Sinkender Ausser-Haus-Konsum, weniger Übernachtungen von europäischen Gästen als Folge der Frankenstärke und Kostendruck sind die Gründe dafür. Allein durch Gastronomietourismus fliessen jährlich rund vier Milliarden Franken ins naheliegende Ausland ab. Nach wie vor geben Herr und Frau Schweizer in der traditionellen Restauration am meisten Geld fürs Essen ausserhalb der eigenen vier Wände aus.

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