Schweizerische Gewerbezeitung: Zwischen der Türkei und Griechenland wechseln sich schlechte und gute Nachrichten ab. Hat das überhaupt einen Einfluss auf die Schweizer Wirtschaft?
Sibille Duss: Die direkten Verflechtungen beider Länder mit der Schweiz sind gering. Beispielsweise exportierten Schweizer Unternehmen im Jahr 2017 Waren im Wert von 800 Mio. CHF nach Griechenland respektive von 1800 Mio. in die Türkei, was, beides zusammengezählt, 1,2 Prozent der Gesamtwarenexporte ausmachte. Zwar ist die Türkei wohl wirtschaftlich zu klein, als dass die dortige Krise zu einer weitreichenden Ansteckung in anderen Schwellenländern und auch der
Industrieländer führen kann. Die Krise in der Türkei zeigt aber, wie schnell politische Verwerfungen bei schwachen Fundamentaldaten, wie sie am Bosporus anzutreffen sind, die Märkte beunruhigen können.
Der Schweizer Franken scheint nun dauerhaft im Band zwischen 1.12 bis 1.18 gegenüber dem Euro zu verharren. Kann er in nächster Zeit ausbrechen?
Die politischen Unsicherheiten in Europa in den letzten Wochen haben den Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken erhöht. Wir haben deshalb auch unsere EUR-CHF-Prognosen leicht nach unten angepasst und rechnen nun für drei respektive sechs Monate mit einem Kurs von 1.12 respektive 1.15. Für die nächsten 12 Monate gehen wir allerdings immer noch von einer deutlichen Abwertung auf 1.20 aus. Die alte EUR-CHF-Kursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bei 1.20 hat sich in diesem Frühjahr als schwer zu durchbrechen erwiesen. Damit sich der Franken gegenüber dem Euro abschwächt, sind unseres Erachtens jedoch bessere Konjunkturdaten
aus dem Euroraum erforderlich. Zurzeit ist es nicht klar, wie sich die Zölle und Sanktionen der USA gegen China und die Retorsionsmassnahmen des Reichs der Mitte auf die globale Konjunktur und somit auf die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum auswirken. Zudem ist unklar, welche Geldpolitik die Europäische Zentralbank (EZB) nach dem Ende der quantitativen Lockerung (QE) Ende Jahr betreiben wird. Für die nächsten Monate erwarten wir
daher, dass die Abwärtsrisiken den EUR-CHF-Wechselkurs dominieren werden.
Die Schweizer Exporte stagnieren. Ist das eine kurze Zwischenpause oder bleibt es so?
Die Exporte entwickelten sich nach einer Stagnation im Vormonat im Juli sogar leicht negativ. Haupttreiber dieser negativen Entwicklung war vor allem die Chemie- und Pharmaindustrie. Hauptsächlich gingen die Exporte nach Europa zurück. Zwar zeigten die Vorlaufindikatoren in Europa in den letzten Monaten etwas Schwäche, die Werte sind aber immer noch auf einem hohen Niveau, und wir rechnen weiterhin mit einer solide wachsenden Wirtschaft im Euroraum. Dies dürfte auch die Schweizer Exporte weiterhin unterstützen.