Publiziert am: 18.02.2022

Die Meinung

Freiheit dank Druck

Am vergangenen Mittwoch hat der Bundesrat den Abbau seiner intrusiven Corona-Massnahmen angekündigt. Noch ist nicht alles wieder normal. Doch dass das Leben in der Schweiz nach zwei Jahren nun endlich wieder normaler verläuft, ist nicht einfach nur eine erfreuliche Wendung. Nein – es ist das Ergebnis von stetig aufrecht erhaltenem Druck.

Normal ist: Ins Restaurant zu gehen, ohne sich ausweisen zu müssen; Vereinsversammlungen abzuhalten; in Discos die ganze Nacht zu tanzen; Salat zu kaufen, ohne dabei eine Maske zu tragen; ins Fitnessstudio zu gehen, ohne die eigene Atmung einzuschränken. Kurz, Freiheit ist normal. Einschränkungen der Freiheit sind abnormal.

Die seit zwei Jahren verhängten Corona-Massnahmen sind dagegen nicht normal. Sie haben die Freiheit eingeschränkt – und viele waren unverhältnismässig. Gerade deswegen haben gewerbliche Verbände hartnäckig Druck auf den Bundesrat ausgeübt. Es galt, eine Ausgewogenheit zwischen Pandemiemanagement und den Anliegen der Gesellschaft und Wirtschaft zu finden.

Es fing im Jahr 2020 an. Als der erste Lockdown verhängt wurde, entwickelte der Schweizerische Gewerbeverband sgv ein Gegenkonzept. Mit der Logik des gezielten Schutzes – Schutzkonzepte, Testen, Impfen, Contact Tracing – konnte der Lockdown aufgehoben werden.

Ende des gleichen Jahres wollte der Bundesrat einen zweiten Lockdown verfügen. Zusammen mit der Touristik-, Detailhandels- und Bewegungsbranchen verzögerte der sgv diesen Lockdown bis nach dem Weihnachtsgeschäft. Die gleiche Allianz führte zu einer massiven Verkürzung seiner Geltungsdauer.

Mitglieder des sgv-Vorstandes und der Gewerbekammer sowie weitere gewerbliche Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben die Liquiditätsüberbrückungshilfe und das Härtefallprogramm zugunsten der KMU beeinflusst. Sie haben auch die Auszahlungsprozesse beschleunigt.

Als Mitte 2021 die selbstherrliche «Wissenschafts»-Task Force anfing, von Impf- und Zertifikatspflicht sowie von einem dritten Lockdown zu träumen, hat sie der sgv gekontert. Der Fehlentscheid bezüglich den Zertifikaten konnte erneut verzögert werden. Impfpflicht und einen dritten Lockdown hat der sgv gebodigt.

Ende Januar 2022 wurde es allen klar: Die sogenannte «Wissenschafts»-Task Force hatte sich erneut getäuscht – diesmal hatte sie die eigenen Modelle fehlinterpretiert. Es wurde also immer deutlicher, dass es ein grosser Fehler war, den Empfehlungen dieser Lobbyisten in eigener Sache zu folgen. Eine breite bürgerliche Allianz um den sgv forderte entsprechend einen «Freedom Day» für die Schweiz.

Diese Woche nun musste die Exekutive klein beigeben. Fast alle Massnahmen musste sie aufheben. Sie folgte auch der Kernforderung des sgv, konkrete Ausstiegstermine zu nennen. Und auch die Gruppe der sich selbst «Wissenschafts»-Vertreter nennenden wird aufgelöst.

Was zeigt das alles? Druck wirkt. Aber er wirkt nur, wenn er konsequent und hartnäckig ausgeübt wird. Er wirkt nur, wenn er sich nicht scheut, Konflikte auszutragen. Er wirkt vor allem, wenn gewerbliche Verbände und Politik zusammenarbeiten.

Druck wirkt, vor allem wenn man noch nicht über dem Berg ist. Noch dauert es bis April, ehe die normale Lage Realität wird. Druck muss aufrechtgehalten werden, bis wieder Normalität einkehrt. Nur Freiheit ist normal. Für Freiheit braucht es Druck.

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